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Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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leis von hinten heran, um das Mädchen zu küssen, da wandt' sie sich und gab ihm unversehens eine Ohrfeige, daß es laut klatschte. Der Ueberraschte griff wüthend nach seinem Hirschfänger, aber der Puppenspieler, der Alles bemerkt, hatte ihn schon von unten an dem einen Bein gefaßt und hob ihn so, zu allgemeinem Gelächter, mit ausgestrecktem Arm hoch über sich in die Luft. Bleibt meiner Denkeli vom Leib, rief er mit martialischen Mienen, oder ich mach' meine schönsten Kunststücke an euern eignen Knochen durch. -- Laßt sie nur, sagte Denkeli, ich werde schon allein mit ihnen fertig, heute kommen sie mir gerade recht. -- Der Jäger, da er wieder auf dem Boden war, sah den Puppenspieler halb verwundert, halb trotzig vom Kopf bis zu den Füßen an, wie ein Mops, der unverhofft auf einen Bullenbeißer gestoßen.

Denkeli aber blickte scharf zur Seite zwischen die dunkeln Bäume, dort waren die Andern unterdeß wieder zusammengetreten und redeten heimlich untereinander in der Spitzbubensprache. Eine entsetzliche Ahnung stieg plötzlich in ihrer Seele auf, denn sie hörte von Zeit zu Zeit des reichen Fräuleins ans dem Schloß und der beiden Cavaliere erwähnen. Ihr Herz klopfte; scheinbar gleichgültig am Feuer kauernd und die Flamme schürend, horchte sie mit wachsender Angst hinüber, da erfuhr und errieth sie nach und nach Alles: wie sie noch heute den Berg hinaufschleichen, das schlechtverwahrte Schloß im ersten Schlaf überfallen und die Be-

leis von hinten heran, um das Mädchen zu küssen, da wandt' sie sich und gab ihm unversehens eine Ohrfeige, daß es laut klatschte. Der Ueberraschte griff wüthend nach seinem Hirschfänger, aber der Puppenspieler, der Alles bemerkt, hatte ihn schon von unten an dem einen Bein gefaßt und hob ihn so, zu allgemeinem Gelächter, mit ausgestrecktem Arm hoch über sich in die Luft. Bleibt meiner Denkeli vom Leib, rief er mit martialischen Mienen, oder ich mach' meine schönsten Kunststücke an euern eignen Knochen durch. — Laßt sie nur, sagte Denkeli, ich werde schon allein mit ihnen fertig, heute kommen sie mir gerade recht. — Der Jäger, da er wieder auf dem Boden war, sah den Puppenspieler halb verwundert, halb trotzig vom Kopf bis zu den Füßen an, wie ein Mops, der unverhofft auf einen Bullenbeißer gestoßen.

Denkeli aber blickte scharf zur Seite zwischen die dunkeln Bäume, dort waren die Andern unterdeß wieder zusammengetreten und redeten heimlich untereinander in der Spitzbubensprache. Eine entsetzliche Ahnung stieg plötzlich in ihrer Seele auf, denn sie hörte von Zeit zu Zeit des reichen Fräuleins ans dem Schloß und der beiden Cavaliere erwähnen. Ihr Herz klopfte; scheinbar gleichgültig am Feuer kauernd und die Flamme schürend, horchte sie mit wachsender Angst hinüber, da erfuhr und errieth sie nach und nach Alles: wie sie noch heute den Berg hinaufschleichen, das schlechtverwahrte Schloß im ersten Schlaf überfallen und die Be-

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[0065] leis von hinten heran, um das Mädchen zu küssen, da wandt' sie sich und gab ihm unversehens eine Ohrfeige, daß es laut klatschte. Der Ueberraschte griff wüthend nach seinem Hirschfänger, aber der Puppenspieler, der Alles bemerkt, hatte ihn schon von unten an dem einen Bein gefaßt und hob ihn so, zu allgemeinem Gelächter, mit ausgestrecktem Arm hoch über sich in die Luft. Bleibt meiner Denkeli vom Leib, rief er mit martialischen Mienen, oder ich mach' meine schönsten Kunststücke an euern eignen Knochen durch. — Laßt sie nur, sagte Denkeli, ich werde schon allein mit ihnen fertig, heute kommen sie mir gerade recht. — Der Jäger, da er wieder auf dem Boden war, sah den Puppenspieler halb verwundert, halb trotzig vom Kopf bis zu den Füßen an, wie ein Mops, der unverhofft auf einen Bullenbeißer gestoßen. Denkeli aber blickte scharf zur Seite zwischen die dunkeln Bäume, dort waren die Andern unterdeß wieder zusammengetreten und redeten heimlich untereinander in der Spitzbubensprache. Eine entsetzliche Ahnung stieg plötzlich in ihrer Seele auf, denn sie hörte von Zeit zu Zeit des reichen Fräuleins ans dem Schloß und der beiden Cavaliere erwähnen. Ihr Herz klopfte; scheinbar gleichgültig am Feuer kauernd und die Flamme schürend, horchte sie mit wachsender Angst hinüber, da erfuhr und errieth sie nach und nach Alles: wie sie noch heute den Berg hinaufschleichen, das schlechtverwahrte Schloß im ersten Schlaf überfallen und die Be-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T14:27:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T14:27:42Z)

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/65>, abgerufen am 19.04.2024.