Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Gedanken sich verwirren,
Wie Du siehst den Morgen roth, --
Wann die Lerchen wieder schwirren,
Armes Kind, ach, wärst Du todt!

Wehmuth.
Ich kann wohl manchmal singen,
Als ob ich fröhlich sey,
Doch heimlich Thränen dringen,
Da wird das Herz mir frei.
So lassen Nachtigallen,
Spielt draußen Frühlingsluft,
Der Sehnsucht Lied erschallen
Aus ihres Käfigts Gruft.
Da lauschen alle Herzen,
Und alles ist erfreut,
Doch keiner fühlt die Schmerzen,
Im Lied das tiefe Leid.

Die weinende Braut.
Du warst so herrlich anzuschauen,
So kühn und wild und doch so lieb,
Dir mußt' ich Leib und Seel' vertrauen,
Ich mocht' nichts mehr, das meine blieb!
P
Die Gedanken ſich verwirren,
Wie Du ſiehſt den Morgen roth, —
Wann die Lerchen wieder ſchwirren,
Armes Kind, ach, waͤrſt Du todt!

Wehmuth.
Ich kann wohl manchmal ſingen,
Als ob ich froͤhlich ſey,
Doch heimlich Thraͤnen dringen,
Da wird das Herz mir frei.
So laſſen Nachtigallen,
Spielt draußen Fruͤhlingsluft,
Der Sehnſucht Lied erſchallen
Aus ihres Kaͤfigts Gruft.
Da lauſchen alle Herzen,
Und alles iſt erfreut,
Doch keiner fuͤhlt die Schmerzen,
Im Lied das tiefe Leid.

Die weinende Braut.
Du warſt ſo herrlich anzuſchauen,
So kuͤhn und wild und doch ſo lieb,
Dir mußt' ich Leib und Seel' vertrauen,
Ich mocht' nichts mehr, das meine blieb!
P
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0235" n="225"/>
            <lg n="4">
              <l>Die Gedanken &#x017F;ich verwirren,</l><lb/>
              <l>Wie Du &#x017F;ieh&#x017F;t den Morgen roth, &#x2014;</l><lb/>
              <l>Wann die Lerchen wieder &#x017F;chwirren,</l><lb/>
              <l>Armes Kind, ach, wa&#x0364;r&#x017F;t Du todt!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="3">
          <head> <hi rendition="#g">Wehmuth.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>ch kann wohl manchmal &#x017F;ingen,</l><lb/>
              <l>Als ob ich fro&#x0364;hlich &#x017F;ey,</l><lb/>
              <l>Doch heimlich Thra&#x0364;nen dringen,</l><lb/>
              <l>Da wird das Herz mir frei.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>So la&#x017F;&#x017F;en Nachtigallen,</l><lb/>
              <l>Spielt draußen Fru&#x0364;hlingsluft,</l><lb/>
              <l>Der Sehn&#x017F;ucht Lied er&#x017F;challen</l><lb/>
              <l>Aus ihres Ka&#x0364;figts Gruft.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Da lau&#x017F;chen alle Herzen,</l><lb/>
              <l>Und alles i&#x017F;t erfreut,</l><lb/>
              <l>Doch keiner fu&#x0364;hlt die Schmerzen,</l><lb/>
              <l>Im Lied das tiefe Leid.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="3">
          <head> <hi rendition="#g">Die weinende Braut.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>u war&#x017F;t &#x017F;o herrlich anzu&#x017F;chauen,</l><lb/>
              <l>So ku&#x0364;hn und wild und doch &#x017F;o lieb,</l><lb/>
              <l>Dir mußt' ich Leib und Seel' vertrauen,</l><lb/>
              <l>Ich mocht' nichts mehr, das meine blieb!</l><lb/>
            </lg>
            <fw place="bottom" type="sig">P<lb/></fw>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[225/0235] Die Gedanken ſich verwirren, Wie Du ſiehſt den Morgen roth, — Wann die Lerchen wieder ſchwirren, Armes Kind, ach, waͤrſt Du todt! Wehmuth. Ich kann wohl manchmal ſingen, Als ob ich froͤhlich ſey, Doch heimlich Thraͤnen dringen, Da wird das Herz mir frei. So laſſen Nachtigallen, Spielt draußen Fruͤhlingsluft, Der Sehnſucht Lied erſchallen Aus ihres Kaͤfigts Gruft. Da lauſchen alle Herzen, Und alles iſt erfreut, Doch keiner fuͤhlt die Schmerzen, Im Lied das tiefe Leid. Die weinende Braut. Du warſt ſo herrlich anzuſchauen, So kuͤhn und wild und doch ſo lieb, Dir mußt' ich Leib und Seel' vertrauen, Ich mocht' nichts mehr, das meine blieb! P

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/235
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/235>, abgerufen am 16.04.2024.