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Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 2. Ägypten, 1843-1844.

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eine mit einem säugenden Kind, machen seit Korusko die Reise mit uns; das Kindergeschrei klingt gar eigen in der Wüste. Der Tag war heut windig, und darum nicht halb so heiß wie gestern. Mir wurde die Zeit gegen Abend unendlich lang, es war, als ob die Sonne nicht hinuntersinken wollte. Grad mit ihrem Untergang um 1/2 6 schlugen wir auf freiem Platze unser Lager auf, nachdem wir 10 3/4 Stunden in starkem Schritte zurückgelegt hatten; rund umher stehen dunkle granitartige Felsblöcke aus dem Sande hervor; eben sehe ich am untersten Horizont einen Stern aufgehen. - Begrüßungen der Bischaris durch derben Händedruck, wie wir Deutsche. Viel Fata morgana heut gesehen und die in die Wadi's sich bisweilen hinziehenden Santbäume tragen viel zu der Illusion bei, daß man freundliche Seen in der Ferne erblickt. -

Sonntag den 21ten Januar 1844. NB. Unter unsren Treibern aus Berber sind bemerkenswerth: der lustige Mathematiker, der Theologe, der Stutzer, das halbe Mädchen Nuti, und Wallenstein. - Gleich nach Sonnenaufgang aufgebrochen und ununterbrochen bis Sonnenuntergang also 11 Stunden marschirt immer in der endlosen Ebne, wo man bisweilen ringsum nichts als die feste Sandfläche und den weiten Himmel sah; leis schimmernde Berge an fernstem Horizont; der Boden Fels leicht mit Sand überstreut; ein trostloser ermattender und höchst langweiliger Anblick. Der Tag wurde uns unendlich lang und das langsame Vorrücken der Sonne dünkte uns eine Ewigkeit; wieder sehr viel gefallene Kameele. Weiße und röthliche Quarzstücke bedeckten wie gestern häufig den Boden. Wir lagern heut Abend immer noch in der Ebene, haben aber morgen etwa nur noch 6 Stunden bis Abu Hammed, wohin uns sehr verlangt, da das Wasser sehr abschmeckig zu werden beginnt. Ich bin wieder herzlich müde, besonders weil mein Kameel stets nur durch heftiges Antreiben mit den andern Schritt hält. Der Tag ist erstaunlich heiß; ich schätze es wenigstens 30° in der Sonne.

Montag den 22ten Januar 1844. Wieder um 3/4 7, sehr bald nach Sonnenaufgang aufgebrochen nach einer nicht allzugut verbrachten Nacht. Der Morgen war empfindlich kühl und scharf windig. Ich hatte heut ein andres Kameel, was mir das Reiten um Vieles angenehmer machte. Ich las, so lange es die Sonne erlaubte, aus dem Oktober unsrer Staatszeitung; dieselbe unermeßliche Ebne wie gestern dehnte sich vor uns aus. Um 1 Uhr etwa näherten wir uns Abu Hammed; die Bäume des Nils schimmerten uns in der fata morgana entgegen. Vorher hatten wir noch das Vergnügen, in der Ferne 4 Strauße zu erblicken, die aber bald wieder am Horizonte verschwanden. - Als wir die Bäume

eine mit einem säugenden Kind, machen seit Korusko die Reise mit uns; das Kindergeschrei klingt gar eigen in der Wüste. Der Tag war heut windig, und darum nicht halb so heiß wie gestern. Mir wurde die Zeit gegen Abend unendlich lang, es war, als ob die Sonne nicht hinuntersinken wollte. Grad mit ihrem Untergang um ½ 6 schlugen wir auf freiem Platze unser Lager auf, nachdem wir 10 ¾ Stunden in starkem Schritte zurückgelegt hatten; rund umher stehen dunkle granitartige Felsblöcke aus dem Sande hervor; eben sehe ich am untersten Horizont einen Stern aufgehen. - Begrüßungen der Bischaris durch derben Händedruck, wie wir Deutsche. Viel Fata morgana heut gesehen und die in die Wadi’s sich bisweilen hinziehenden Santbäume tragen viel zu der Illusion bei, daß man freundliche Seen in der Ferne erblickt. -

Sonntag den 21ten Januar 1844. NB. Unter unsren Treibern aus Berber sind bemerkenswerth: der lustige Mathematiker, der Theologe, der Stutzer, das halbe Mädchen Nuti, und Wallenstein. - Gleich nach Sonnenaufgang aufgebrochen und ununterbrochen bis Sonnenuntergang also 11 Stunden marschirt immer in der endlosen Ebne, wo man bisweilen ringsum nichts als die feste Sandfläche und den weiten Himmel sah; leis schimmernde Berge an fernstem Horizont; der Boden Fels leicht mit Sand überstreut; ein trostloser ermattender und höchst langweiliger Anblick. Der Tag wurde uns unendlich lang und das langsame Vorrücken der Sonne dünkte uns eine Ewigkeit; wieder sehr viel gefallene Kameele. Weiße und röthliche Quarzstücke bedeckten wie gestern häufig den Boden. Wir lagern heut Abend immer noch in der Ebene, haben aber morgen etwa nur noch 6 Stunden bis Abu Hammed, wohin uns sehr verlangt, da das Wasser sehr abschmeckig zu werden beginnt. Ich bin wieder herzlich müde, besonders weil mein Kameel stets nur durch heftiges Antreiben mit den andern Schritt hält. Der Tag ist erstaunlich heiß; ich schätze es wenigstens 30° in der Sonne.

Montag den 22ten Januar 1844. Wieder um ¾ 7, sehr bald nach Sonnenaufgang aufgebrochen nach einer nicht allzugut verbrachten Nacht. Der Morgen war empfindlich kühl und scharf windig. Ich hatte heut ein andres Kameel, was mir das Reiten um Vieles angenehmer machte. Ich las, so lange es die Sonne erlaubte, aus dem Oktober unsrer Staatszeitung; dieselbe unermeßliche Ebne wie gestern dehnte sich vor uns aus. Um 1 Uhr etwa näherten wir uns Abu Hammed; die Bäume des Nils schimmerten uns in der fata morgana entgegen. Vorher hatten wir noch das Vergnügen, in der Ferne 4 Strauße zu erblicken, die aber bald wieder am Horizonte verschwanden. - Als wir die Bäume

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[104/0105] eine mit einem säugenden Kind, machen seit Korusko d Reise mit uns; das Kindergeschrei klingt gar eigen in d Wüste. Der Tag war heut windig, d darum nicht halb so heiß wie gestern. Mir wurde die Zeit gegen Abend unendlich lang, es war, als ob d Sonne nicht hinuntersinken wollte. Grad mit ihrem Untergang um ½ 6 schlugen wir auf freiem Platze unser Lager auf, nachdem wir 10 ¾ St in starkem Schritte zurückgelegt hatten; rund umher stehen dunkle granitartige Felsblöcke aus d Sande hervor; eben sehe ich am untersten Horizont e Stern aufgehen. - Begrüßungen der Bischaris durch derben Händedruck, wie wir Deutsche. Viel Fata morgana heut gesehen d die in d Wadi’s sich bisweilen hinziehenden Santbäume tragen viel zu der Illusion bei, daß man freundliche Seen in d Ferne erblickt. - Sonntag d 21ten Jan 1844. NB. Unter unsren Treibern aus Berber sind bemerkenswerth: der lustige Mathematiker, der Theologe, der Stutzer, das halbe Mädchen Nuti, d Wallenstein. - Gleich nach Sonnenaufgang aufgebrochen und ununterbrochen bis Sonnenuntergang also 11 Stunden marschirt immer in der endlosen Ebne, wo man bisweilen ringsum nichts als die feste Sandfläche d den weiten Himmel sah; leis schimmernde Berge an fernstem Horizont; der Boden Fels leicht mit Sand überstreut; ein trostloser ermattender d höchst langweiliger Anblick. Der Tag wurde uns unendlich lang und das langsame Vorrücken der Sonne dünkte uns eine Ewigkeit; wieder sehr viel gefallene Kameele. Weiße und röthliche Quarzstücke bedeckten wie gestern häufig den Boden. Wir lagern heut Abend immer noch in der Ebene, haben aber morgen etwa nur noch 6 Stunden bis Abu Hammed, wohin uns sehr verlangt, da das Wasser sehr abschmeckig zu werden beginnt. Ich bin wieder herzlich müde, besonders weil m Kameel stets nur durch heftiges Antreiben mit d andern Schritt hält. Der Tag ist erstaunlich heiß; ich schätze es wenigstens 30° in d Sonne. Montag d 22ten Jan 1844. Wieder um ¾ 7, sehr bald nach Sonnenaufgang aufgebrochen nach einer nicht allzugut verbrachten Nacht. Der Morgen war empfindlich kühl d scharf windig. Ich hatte heut ein andres Kameel, was mir das Reiten um Vieles angenehmer machte. Ich las, so lange es die Sonne erlaubte, aus dem Oktober unsrer Staatszeitung; dieselbe unermeßliche Ebne wie gestern dehnte sich vor uns aus. Um 1 Uhr etwa näherten wir uns Abu Hammed; die Bäume des Nils schimmerten uns in d fata morgana entgegen. Vorher hatten wir noch das Vergnügen, in der Ferne 4 Strauße zu erblicken, die aber bald wieder am Horizonte verschwanden. - Als wir die Bäume

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Zitationshilfe: Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 2. Ägypten, 1843-1844, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch02_1843/105>, abgerufen am 29.03.2024.