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Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 2. Ägypten, 1843-1844.

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Weg geht jetzt auf Erment (Hermontis) los. Ich sitze unterdessen unter meiner Musketiäre und ergänze dies Tagebuch. Die Fliegen außen auf unsrem Schiffe sind unglaublich widerwärtig; trotz Frankes Wegfangen ist ihre Zahl Legion. - Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang kommen wir nach Erment, und gehen noch schnell zu dem mehr als 1/4 Stunde entfernten Tempel, der zwischen mächtigen Ruinenhügeln liegt und zur Hälfte mit Ziegelgebäuden umbaut ist. Der Tempel ist sehr klein, vom Ptolemaeus Caesarea gebaut; etwa 5 - 6 Säulen des Vorhofes stehend noch mit korinthisch egyptischen Capitäl versehen. - Zu große Dunkelheit verhindert Lepsius an gründlicher Revision; dann zurück nach dem Schiffe, und zum Abendessen trinken wir eine Flasche Wein mit Abeken eingedenk der heut geschlagenen Schlacht bei Leipzig und Lepsius Mutter Geburtstag. Spät lese ich und Abeken aus Schiller Gedichten vor. Wir müssen die Nacht liegen bleiben, weil kein Wind ist. Am Nachmittag um 3 Uhr ist es 26° Wärme.

Donnerstag den 19ten October 1843. Mit Tagesgrauen fahren wir langsam flußaufwärts gegen Esne zu, wieder ohne Wind an mächtigen Durrhafeldern entlang. Noch im Laufe des Vormittags stellt sich ein angenehmer, gleichmäßiger Wind ein, der unsre Fahrt sehr fördern hilft. Man merkt jetzt schon eine bedeutende Verengung des Nilthals; der Strom hält sich gleichmäßig in der Mitte desselben. Seltsames Vorschieben der lybischen Wüste durch die Felsinseln von Gebelen, die sich malerisch wie aus den Fluthen aufheben. Abbrechen der Inseln durch Unterspülung des Stromes. Heut sehen wir in der Entfernung das erste Krokodill. Die halb sandige Insel, auf der es lag, war so weit, daß wir Alle uneinig waren, ob es wirklich ein Thier oder ein Baumstamm sei. Durch das Abschießen einer Flinte wurden wir überzeugt; das lange schwarze Ding warf sich empor und lief in den Strom hinein. Nachmittags 4 Uhr etwa näherten wir uns Esne; Ein Landhaus oder Schloß von Mehemed Ali sah freundlich hinter großen Sykomoren hervor, grade wie bei uns von Ferne ein Schloß aus einem Park schaut. - Um 1/2 5 Uhr etwa landeten wir an der letzten etwas größeren Stadt Egyptens, die auf ziemlich hohen Erdhügeln liegt, von dem Fluß aber sehr zu leiden scheint. Wir gingen gleich zu der auf dem Markt hieselbst liegenden und gänzlich umbauten Säulenhalle aus Ptolemäerzeit, die im Innern durch den Pascha bis auf den Grund ausgegraben war, wodurch sie sich sehr stattlich, wenn auch düster ausnahm; angenehm war sie wegen des Geruchs verwesender Hunde und Katzen, wie Staubes halber nicht. Mehr zog es mich auf den kleinen aber sehr

Weg geht jetzt auf Erment (Hermontis) los. Ich sitze unterdessen unter meiner Musketiäre und ergänze dies Tagebuch. Die Fliegen außen auf unsrem Schiffe sind unglaublich widerwärtig; trotz Frankes Wegfangen ist ihre Zahl Legion. - Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang kommen wir nach Erment, und gehen noch schnell zu dem mehr als ¼ Stunde entfernten Tempel, der zwischen mächtigen Ruinenhügeln liegt und zur Hälfte mit Ziegelgebäuden umbaut ist. Der Tempel ist sehr klein, vom Ptolemaeus Caesarea gebaut; etwa 5 - 6 Säulen des Vorhofes stehend noch mit korinthisch egyptischen Capitäl versehen. - Zu große Dunkelheit verhindert Lepsius an gründlicher Revision; dann zurück nach dem Schiffe, und zum Abendessen trinken wir eine Flasche Wein mit Abeken eingedenk der heut geschlagenen Schlacht bei Leipzig und Lepsius Mutter Geburtstag. Spät lese ich und Abeken aus Schiller Gedichten vor. Wir müssen die Nacht liegen bleiben, weil kein Wind ist. Am Nachmittag um 3 Uhr ist es 26° Wärme.

Donnerstag den 19ten October 1843. Mit Tagesgrauen fahren wir langsam flußaufwärts gegen Esne zu, wieder ohne Wind an mächtigen Durrhafeldern entlang. Noch im Laufe des Vormittags stellt sich ein angenehmer, gleichmäßiger Wind ein, der unsre Fahrt sehr fördern hilft. Man merkt jetzt schon eine bedeutende Verengung des Nilthals; der Strom hält sich gleichmäßig in der Mitte desselben. Seltsames Vorschieben der lybischen Wüste durch die Felsinseln von Gebelen, die sich malerisch wie aus den Fluthen aufheben. Abbrechen der Inseln durch Unterspülung des Stromes. Heut sehen wir in der Entfernung das erste Krokodill. Die halb sandige Insel, auf der es lag, war so weit, daß wir Alle uneinig waren, ob es wirklich ein Thier oder ein Baumstamm sei. Durch das Abschießen einer Flinte wurden wir überzeugt; das lange schwarze Ding warf sich empor und lief in den Strom hinein. Nachmittags 4 Uhr etwa näherten wir uns Esne; Ein Landhaus oder Schloß von Mehemed Ali sah freundlich hinter großen Sykomoren hervor, grade wie bei uns von Ferne ein Schloß aus einem Park schaut. - Um ½ 5 Uhr etwa landeten wir an der letzten etwas größeren Stadt Egyptens, die auf ziemlich hohen Erdhügeln liegt, von dem Fluß aber sehr zu leiden scheint. Wir gingen gleich zu der auf dem Markt hieselbst liegenden und gänzlich umbauten Säulenhalle aus Ptolemäerzeit, die im Innern durch den Pascha bis auf den Grund ausgegraben war, wodurch sie sich sehr stattlich, wenn auch düster ausnahm; angenehm war sie wegen des Geruchs verwesender Hunde und Katzen, wie Staubes halber nicht. Mehr zog es mich auf den kleinen aber sehr

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[57/0058] Weg geht jetzt auf Erment (Hermontis) los. Ich sitze unterdessen unter meiner Musketiäre d ergänze dies Tagebuch. Die Fliegen außen auf unsrem Schiffe sind unglaublich widerwärtig; trotz Frankes Wegfangen ist ihre Zahl Legion. - Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang kommen wir nach Erment, d gehen noch schnell zu dem mehr als ¼ Stunde entfernten Tempel, der zw mächtigen Ruinenhügeln liegt d zur Hälfte mit Ziegelgebäuden umbaut ist. Der Tempel ist sehr klein, vom Ptolemaeus Caesarea gebaut; etwa 5 - 6 Säulen des Vorhofes stehend noch mit korinthisch egypt Capitäl versehen. - Zu große Dunkelheit verhindert Leps an gründlicher Revision; dann zurück nach d Schiffe, d zum Abendessen trinken wir e Flasche Wein mit Abeken eingedenk der heut geschlagenen Schlacht b Leipzig d Leps Mutter Geburtstag. Spät lese ich d Abeken aus Schiller Gedichten vor. Wir müssen d Nacht liegen bleiben, weil kein Wind ist. Am Nachm um 3 Uhr ist es 26° Wärme. Donnerstag d 19ten Oct 1843. Mit Tagesgrauen fahren wir langsam flußaufwärts gegen Esne zu, wieder ohne Wind an mächtigen Durrhafeldern entlang. Noch im Laufe des Vormittags stellt sich ein angenehmer, gleichmäßiger Wind ein, der unsre Fahrt sehr fördern hilft. Man merkt jetzt schon eine bedeutende Verengung des Nilthals; der Strom hält sich gleichmäßig in der Mitte desselben. Seltsames Vorschieben der lybischen Wüste durch die Felsinseln von Gebelen, die sich malerisch wie aus den Fluthen aufheben. Abbrechen der Inseln durch Unterspülung des Stromes. Heut sehen wir in d Entfernung das erste Krokodill. Die halb sandige Insel, auf der es lag, war so weit, daß wir Alle uneinig waren, ob es wirklich e Thier od ein Baumstamm sei. Durch d Abschießen einer Flinte wurden wir überzeugt; das lange schwarze Ding warf sich empor d lief in den Strom hinein. Nachmittags 4 Uhr etwa näherten wir uns Esne; Ein Landhaus oder Schloß von Mehemed Ali sah freundlich hinter großen Sykomoren hervor, grade wie bei uns von Ferne ein Schloß aus einem Park schaut. - Um ½ 5 Uhr etwa landeten wir an der letzten etwas größeren Stadt Egyptens, die auf ziemlich hohen Erdhügeln liegt, von dem Fluß aber sehr zu leiden scheint. Wir gingen gleich zu der auf dem Markt hieselbst liegenden d gänzlich umbauten Säulenhalle aus Ptolemäerzeit, die im Innern durch den Pascha bis auf d Grund ausgegraben war, wodurch sie sich sehr stattlich, wenn auch düster ausnahm; angenehm war sie wegen des Geruchs verwesender Hunde d Katzen, wie Staubes halber nicht. Mehr zog es mich auf den kleinen aber sehr

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Zitationshilfe: Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 2. Ägypten, 1843-1844, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch02_1843/58>, abgerufen am 29.03.2024.