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Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 3. Ägypten, 1844-1845.

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Nachmittags beobachten wir wieder viele Barken, die ankommen, aber sämmtlich drüben in Luxor anlegen. Der Himmel war heut ziemlich den ganzen Tag umzogen, das Wetter trüb und windig kalt, ja, gegen Abend begann es sogar zu regnen, was leise tröpfelnd über 1 Stunde anhielt. Um 8 Uhr Abends bekam Lepsius noch einen Besuch von Monsier Plichon, der Abschied von uns nahm; ich blieb aber mit den Andern auf meinem Lager, und kümmerte mich nicht um ihn. Er nahm unser Fremdenbuch mit, um es der Marquise von Rochedragon vorzulegen, die heut sich in Luxor angesiedelt hatte; er will es uns morgen wiederschicken. -

Dienstag den 21ten Januar 1845. Ich arbeite an der gestrigen Randverzierung; es wird aber nicht viel, da der ganze Tag von Fremdenbesuchen besetzt ist. Schon etwa um 9 Uhr Vormittags kommt unser Agent aus Kenne, Seid Hassen mit seinem Sohn und Enkel; dazu der Grieche Triantaphylos (Rose, auf Arabisch genannt Wardi); diese essen Mittag bei uns. Während wir mit ihnen um Asser echt arabisch zusammensitzen und die Pfeife rauchen, erschienen 3 Beefsteaks, Vater und Sohn mit einem dritten älteren Herrn, ein etwas lächerlicher Aufzug; besonders der Sohn mit seinem grienfinseladen kleinen kreisrunden Gesicht und der ältliche Herr mit einem Damenhut, worüber ein weißlinnener Überzug. Zum Glück blieb diese Parthie sehr kurz. Nicht lange darauf erschien aber die Marquise von Rochedragon selbst mit ihrem Begleiter, dem Grafen Montholon nebst dem Italiener Castellari als Führer von Luxor, um uns selbst unser Fremdenbuch zurückzugeben; letzterer war fabelhaft herausgeputzt in weißen Beinkleidern und schwarzem Frack, Tarbusch und einem angeschnallten Sporen; er sah scheußlich aus. Die Marquise erschien liebenswürdig, und war noch jetzt hübsch, obwohl sie in den Dreißigern sein mochte; unsre Pläne und Zeichnungen besah sie mit größtem Interesse, und ich mußte staunen, mit welcher Genauigkeit und Aufmerksamkeit sie die Bauwerke hier betrachtet hatte. Dieser Besuch dauerte etwa 2 Stunden fast bis gegen Sonnenuntergang. Kurz nach ihnen [sockte] auch der alte Sed Hassen mit Sohn und Enkel ab, und wir athmeten auf; inzwischen ist drüben heut wieder eine französische Barke angelangt, und auch diese wird uns wohl nächstens Besuch bringen. Der Nachmittag war heut sehr schön! Die Reinheit der Luft unglaublich; ich stand staunend vor der wunderbaren

Nachmittags beobachten wir wieder viele Barken, die ankommen, aber sämmtlich drüben in Luxor anlegen. Der Himmel war heut ziemlich den ganzen Tag umzogen, das Wetter trüb und windig kalt, ja, gegen Abend begann es sogar zu regnen, was leise tröpfelnd über 1 Stunde anhielt. Um 8 Uhr Abends bekam Lepsius noch einen Besuch von Monsier Plichon, der Abschied von uns nahm; ich blieb aber mit den Andern auf meinem Lager, und kümmerte mich nicht um ihn. Er nahm unser Fremdenbuch mit, um es der Marquise von Rochedragon vorzulegen, die heut sich in Luxor angesiedelt hatte; er will es uns morgen wiederschicken. -

Dienstag den 21ten Januar 1845. Ich arbeite an der gestrigen Randverzierung; es wird aber nicht viel, da der ganze Tag von Fremdenbesuchen besetzt ist. Schon etwa um 9 Uhr Vormittags kommt unser Agent aus Kenne, Seid Hassen mit seinem Sohn und Enkel; dazu der Grieche Triantaphylos (Rose, auf Arabisch genannt Wardi); diese essen Mittag bei uns. Während wir mit ihnen um Asser echt arabisch zusammensitzen und die Pfeife rauchen, erschienen 3 Beefsteaks, Vater und Sohn mit einem dritten älteren Herrn, ein etwas lächerlicher Aufzug; besonders der Sohn mit seinem grienfinseladen kleinen kreisrunden Gesicht und der ältliche Herr mit einem Damenhut, worüber ein weißlinnener Überzug. Zum Glück blieb diese Parthie sehr kurz. Nicht lange darauf erschien aber die Marquise von Rochedragon selbst mit ihrem Begleiter, dem Grafen Montholon nebst dem Italiener Castellari als Führer von Luxor, um uns selbst unser Fremdenbuch zurückzugeben; letzterer war fabelhaft herausgeputzt in weißen Beinkleidern und schwarzem Frack, Tarbusch und einem angeschnallten Sporen; er sah scheußlich aus. Die Marquise erschien liebenswürdig, und war noch jetzt hübsch, obwohl sie in den Dreißigern sein mochte; unsre Pläne und Zeichnungen besah sie mit größtem Interesse, und ich mußte staunen, mit welcher Genauigkeit und Aufmerksamkeit sie die Bauwerke hier betrachtet hatte. Dieser Besuch dauerte etwa 2 Stunden fast bis gegen Sonnenuntergang. Kurz nach ihnen [sockte] auch der alte Sed Hassen mit Sohn und Enkel ab, und wir athmeten auf; inzwischen ist drüben heut wieder eine französische Barke angelangt, und auch diese wird uns wohl nächstens Besuch bringen. Der Nachmittag war heut sehr schön! Die Reinheit der Luft unglaublich; ich stand staunend vor der wunderbaren

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[29/0030] Nachm beobachten wir wieder viele Barken, die ankommen, aber sämmtlich drüben in Luxor anlegen. Der Himmel war heut ziemlich den ganzen Tag umzogen, das Wetter trüb d windig kalt, ja, gegen Abend begann es sogar zu regnen, was leise tröpfelnd über 1 Stunde anhielt. Um 8 Uhr Abends bekam Leps noch e Besuch v Mr Plichon, der Abschied v uns nahm; ich blieb aber mit d Andern auf meinem Lager, d kümmerte mich nicht um ihn. Er nahm unser Fremdenbuch mit, um es der Marquise v Rochedragon vorzulegen, die heut sich in Luxor angesiedelt hatte; er will es uns morgen wiederschicken. - Dienstag d 21ten Jan 1845. Ich arbeite an der gestrigen Randverzierung; es wird aber nicht viel, da der ganze Tag von Fremdenbesuchen besetzt ist. Schon etwa um 9 Uhr Vorm kommt unser Agent aus Kenne, Seid Hassen mit s Sohn d Enkel; dazu der Grieche Triantaphylos (Rose, auf Arabisch genannt Wardi); diese essen Mittag bei uns. Während wir mit ihnen um Asser echt arabisch zussitzen d die Pfeife rauchen, erschienen 3 Beefsteaks, Vater d Sohn mit einem dritten älteren Herrn, ein etwas lächerlicher Aufzug; besonders d Sohn mit seinem grienfinseladen kl kreisrunden Gesicht d der ältliche Herr mit e Damenhut, worüber ein weißlinnener Überzug. Zum Glück blieb diese Parthie sehr kurz. Nicht lange darauf erschien aber die Marquise v Rochedragon selbst mit ihrem Begleiter, dem Grafen Montholon nebst dem Ital Castellari als Führer v Luxor, um uns selbst unser Fremdenbuch zurückzugeben; letzterer war fabelhaft herausgeputzt in weißen Beinkl d schw Frack, Tarbusch d einem angeschnallten Sporen; er sah scheußlich aus. Die Marquise erschien liebenswürdig, d war noch jetzt hübsch, obwohl sie in den Dreißigern sein mochte; unsre Pläne d Zeichnungen besah sie mit größtem Interesse, d ich mußte staunen, mit welcher Genauigkeit d Aufmerksamkeit sie die Bauwerke hier betrachtet hatte. Dieser Besuch dauerte etwa 2 Stunden fast bis gegen Sonnenuntergang. Kurz nach ihnen sockte auch d alte Sed Hassen mit Sohn d Enkel ab, d wir athmeten auf; inzwischen ist drüben heut wieder e franz Barke angelangt, d auch diese wird uns wohl nächstens Besuch bringen. Der Nachm war heut sehr schön! Die Reinheit der Luft unglaublich; ich stand staunend vor der wunderbaren

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Zitationshilfe: Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 3. Ägypten, 1844-1845, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch03_1844/30>, abgerufen am 28.03.2024.