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Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

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von der andern ehe.
welches auch von dem falle behaubtet wird, wenn
der überlebende ehegatte eines seiner verstorbenen
kinder, nebst den noch lebenden erbet, und sich
wieder verheiratet; welchenfalls der niesbrauch
selbigen verbleibet, von Leyser am a. o. med. 7
s. 131.

§ 832

Ob aber nach den Teutschen rechten eine wit-eine witbe,
welche sich
in der trau-
erzeit wie-
der verehe-
liget,

be, wenn sie sich in der gesäzmäsigen trauerzeit
wieder vereheliget, ehrlos werde? auch sich des
verstorbenen ehemannes erbschaft verlustig mache,
ist eine unter den rechtsgelehrten bestrittene sache.

§ 833

So viel das erste belanget, nämlich die trauer-wird nicht
anrüchtig.

zeit, so ist in den Teutschen rechten unerfindlich,
daß diejenige, welche sich in selbiger zur andern
ehe begeben, anrüchtig werden sollen; Gund-
ling
in den digestis lib. II tit. 3 § 10 s. 286 fg.
Schilter in der exercitat. ad p. X, § 38. Ist
die witbe noch jung; so kan man nicht viel von
ihr halten; wäre sie aber betaget und nicht
schwanger, so wäre es hart, sie für anrüchtig zu
erklären; Gundling am a. o. daher sotane an-
rüchtigkeit wegen der nicht schwangern oder beta-
geten in Teutschlande wegfället. Es ist auch diedie trauer-
zeit in
Teutschlan-
de ist unter-
schidlich.

trauerzeit nach den verschidenen land- und stadt-
gesäzen Teutschlandes gar unterschidlich. In-
halts der F. H. Casselischen verordnung vom 9ten
Decemb. 1748, wie es mit kindtaufen etc. auch
begräbnissen zu halten sey? tit. von begräbnissen
§ 10 s. 7, mögen eheleute um einander ein halbes
jar trauren. In den Kur-Braunschweig-Lüne-
burgischen landen soll kein pfarrer vorm ablaufe
sechs voller monate einen witber, und vor endi-
gung eines jares eine witbe bei strafe der suspen-
sion, trauen, Kur-Braunschweig-Lüneburgischer

lan-
Z 3

von der andern ehe.
welches auch von dem falle behaubtet wird, wenn
der uͤberlebende ehegatte eines ſeiner verſtorbenen
kinder, nebſt den noch lebenden erbet, und ſich
wieder verheiratet; welchenfalls der niesbrauch
ſelbigen verbleibet, von Leyſer am a. o. med. 7
ſ. 131.

§ 832

Ob aber nach den Teutſchen rechten eine wit-eine witbe,
welche ſich
in der trau-
erzeit wie-
der verehe-
liget,

be, wenn ſie ſich in der geſaͤzmaͤſigen trauerzeit
wieder vereheliget, ehrlos werde? auch ſich des
verſtorbenen ehemannes erbſchaft verluſtig mache,
iſt eine unter den rechtsgelehrten beſtrittene ſache.

§ 833

So viel das erſte belanget, naͤmlich die trauer-wird nicht
anruͤchtig.

zeit, ſo iſt in den Teutſchen rechten unerfindlich,
daß diejenige, welche ſich in ſelbiger zur andern
ehe begeben, anruͤchtig werden ſollen; Gund-
ling
in den digeſtis lib. II tit. 3 § 10 ſ. 286 fg.
Schilter in der exercitat. ad π. X, § 38. Iſt
die witbe noch jung; ſo kan man nicht viel von
ihr halten; waͤre ſie aber betaget und nicht
ſchwanger, ſo waͤre es hart, ſie fuͤr anruͤchtig zu
erklaͤren; Gundling am a. o. daher ſotane an-
ruͤchtigkeit wegen der nicht ſchwangern oder beta-
geten in Teutſchlande wegfaͤllet. Es iſt auch diedie trauer-
zeit in
Teutſchlan-
de iſt unter-
ſchidlich.

trauerzeit nach den verſchidenen land- und ſtadt-
geſaͤzen Teutſchlandes gar unterſchidlich. In-
halts der F. H. Caſſeliſchen verordnung vom 9ten
Decemb. 1748, wie es mit kindtaufen ꝛc. auch
begraͤbniſſen zu halten ſey? tit. von begraͤbniſſen
§ 10 ſ. 7, moͤgen eheleute um einander ein halbes
jar trauren. In den Kur-Braunſchweig-Luͤne-
burgiſchen landen ſoll kein pfarrer vorm ablaufe
ſechs voller monate einen witber, und vor endi-
gung eines jares eine witbe bei ſtrafe der ſuſpen-
ſion, trauen, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher

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[357/0369] von der andern ehe. welches auch von dem falle behaubtet wird, wenn der uͤberlebende ehegatte eines ſeiner verſtorbenen kinder, nebſt den noch lebenden erbet, und ſich wieder verheiratet; welchenfalls der niesbrauch ſelbigen verbleibet, von Leyſer am a. o. med. 7 ſ. 131. § 832 Ob aber nach den Teutſchen rechten eine wit- be, wenn ſie ſich in der geſaͤzmaͤſigen trauerzeit wieder vereheliget, ehrlos werde? auch ſich des verſtorbenen ehemannes erbſchaft verluſtig mache, iſt eine unter den rechtsgelehrten beſtrittene ſache. eine witbe, welche ſich in der trau- erzeit wie- der verehe- liget, § 833 So viel das erſte belanget, naͤmlich die trauer- zeit, ſo iſt in den Teutſchen rechten unerfindlich, daß diejenige, welche ſich in ſelbiger zur andern ehe begeben, anruͤchtig werden ſollen; Gund- ling in den digeſtis lib. II tit. 3 § 10 ſ. 286 fg. Schilter in der exercitat. ad π. X, § 38. Iſt die witbe noch jung; ſo kan man nicht viel von ihr halten; waͤre ſie aber betaget und nicht ſchwanger, ſo waͤre es hart, ſie fuͤr anruͤchtig zu erklaͤren; Gundling am a. o. daher ſotane an- ruͤchtigkeit wegen der nicht ſchwangern oder beta- geten in Teutſchlande wegfaͤllet. Es iſt auch die trauerzeit nach den verſchidenen land- und ſtadt- geſaͤzen Teutſchlandes gar unterſchidlich. In- halts der F. H. Caſſeliſchen verordnung vom 9ten Decemb. 1748, wie es mit kindtaufen ꝛc. auch begraͤbniſſen zu halten ſey? tit. von begraͤbniſſen § 10 ſ. 7, moͤgen eheleute um einander ein halbes jar trauren. In den Kur-Braunſchweig-Luͤne- burgiſchen landen ſoll kein pfarrer vorm ablaufe ſechs voller monate einen witber, und vor endi- gung eines jares eine witbe bei ſtrafe der ſuſpen- ſion, trauen, Kur-Braunſchweig-Luͤneburgiſcher lan- wird nicht anruͤchtig. die trauer- zeit in Teutſchlan- de iſt unter- ſchidlich. Z 3

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/369>, abgerufen am 28.03.2024.