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Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

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XLVIII haubtstück
lich der besizer darüber nach seinem gefallen nicht
gebaren konnte, sondern der von dem ersten erwer-
ber abstammenden nachkommen bewilligung wur-
de bei dessen veräusserung erfodert; widrigenfalls
ihnen das einstands-recht, auch bei eröfneter erb-
folge die zurückfoderung zustunde und noch zustehet,
Hellfeld am a. o. c. 1, § 8 fgg. § 12 s. 13 fgg.

§ 1896
der stamm-
güter be-
stimmung
und eigen-
schaft wird
bemerket.

Die stamm-güter waren zur erhaltung des ge-
schlechtes bestimmet. Derohalben die töchter, so
lange brüder vorhanden waren, zu derselben ge-
nuß nicht gelangen konnten, sondern mit dem nö-
tigen unterhalte, und nach beschehener verheira-
tung, mit der brautgift und ausstattung sich be-
gnügen lassen mußten. Welches auch noch heu-
tiges tages bei dem adel in Franken, Schwaben,
Bremen, Preussen, Hollstein, am Rheine etc.
üblich ist. Sotane stamm-güter sind auch in
Hessen nicht unbekannt, F. H. Casselische proceß-
ordnung § 47. Inhalts des Hamburgischen stadt-
rechtes im IIIten teile, tit. 1 art. 4 ist verordnet:
vom erb-gut ist niemand vermöge dieser stadt-
rechte one seiner nächsten erben erlaubnis, oder be-
willigung zu testiren bemächtigt, sondern dasselbe
seinen rechten erben ungeschmälert zu lassen schul-
dig.

§ 1897
ob bey bür-
gern und
bauern erb-
güter anzu-
treffen und
zu vermuten
sind?

Bey bürgern und bauern werden ordentlicher
weise stamm-güter nicht vermutet, iedoch finden
sich hir und da dergleichen, welche mit dem na-
men der erb-güter, erb-eigen beleget werden,
Hellfeld am a. o. s. 34, Dreyers disp. § VIIII s.
41 fgg. Immittels haben die Worte: erbe, ei-
gen, erb-gut,
mancherlei bedeutungen in den
Teutschen besondern land- und stadt-rechten.
Sihe das repertorium iuris priuati im IIten

teile

XLVIII haubtſtuͤck
lich der beſizer daruͤber nach ſeinem gefallen nicht
gebaren konnte, ſondern der von dem erſten erwer-
ber abſtammenden nachkommen bewilligung wur-
de bei deſſen veraͤuſſerung erfodert; widrigenfalls
ihnen das einſtands-recht, auch bei eroͤfneter erb-
folge die zuruͤckfoderung zuſtunde und noch zuſtehet,
Hellfeld am a. o. c. 1, § 8 fgg. § 12 ſ. 13 fgg.

§ 1896
der ſtamm-
guͤter be-
ſtimmung
und eigen-
ſchaft wird
bemerket.

Die ſtamm-guͤter waren zur erhaltung des ge-
ſchlechtes beſtimmet. Derohalben die toͤchter, ſo
lange bruͤder vorhanden waren, zu derſelben ge-
nuß nicht gelangen konnten, ſondern mit dem noͤ-
tigen unterhalte, und nach beſchehener verheira-
tung, mit der brautgift und ausſtattung ſich be-
gnuͤgen laſſen mußten. Welches auch noch heu-
tiges tages bei dem adel in Franken, Schwaben,
Bremen, Preuſſen, Hollſtein, am Rheine ꝛc.
uͤblich iſt. Sotane ſtamm-guͤter ſind auch in
Heſſen nicht unbekannt, F. H. Caſſeliſche proceß-
ordnung § 47. Inhalts des Hamburgiſchen ſtadt-
rechtes im IIIten teile, tit. 1 art. 4 iſt verordnet:
vom erb-gut iſt niemand vermoͤge dieſer ſtadt-
rechte one ſeiner naͤchſten erben erlaubnis, oder be-
willigung zu teſtiren bemaͤchtigt, ſondern daſſelbe
ſeinen rechten erben ungeſchmaͤlert zu laſſen ſchul-
dig.

§ 1897
ob bey buͤr-
gern und
bauern erb-
guͤter anzu-
treffen und
zu vermuten
ſind?

Bey buͤrgern und bauern werden ordentlicher
weiſe ſtamm-guͤter nicht vermutet, iedoch finden
ſich hir und da dergleichen, welche mit dem na-
men der erb-guͤter, erb-eigen beleget werden,
Hellfeld am a. o. ſ. 34, Dreyers diſp. § VIIII ſ.
41 fgg. Immittels haben die Worte: erbe, ei-
gen, erb-gut,
mancherlei bedeutungen in den
Teutſchen beſondern land- und ſtadt-rechten.
Sihe das repertorium iuris priuati im IIten

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[768/0780] XLVIII haubtſtuͤck lich der beſizer daruͤber nach ſeinem gefallen nicht gebaren konnte, ſondern der von dem erſten erwer- ber abſtammenden nachkommen bewilligung wur- de bei deſſen veraͤuſſerung erfodert; widrigenfalls ihnen das einſtands-recht, auch bei eroͤfneter erb- folge die zuruͤckfoderung zuſtunde und noch zuſtehet, Hellfeld am a. o. c. 1, § 8 fgg. § 12 ſ. 13 fgg. § 1896 Die ſtamm-guͤter waren zur erhaltung des ge- ſchlechtes beſtimmet. Derohalben die toͤchter, ſo lange bruͤder vorhanden waren, zu derſelben ge- nuß nicht gelangen konnten, ſondern mit dem noͤ- tigen unterhalte, und nach beſchehener verheira- tung, mit der brautgift und ausſtattung ſich be- gnuͤgen laſſen mußten. Welches auch noch heu- tiges tages bei dem adel in Franken, Schwaben, Bremen, Preuſſen, Hollſtein, am Rheine ꝛc. uͤblich iſt. Sotane ſtamm-guͤter ſind auch in Heſſen nicht unbekannt, F. H. Caſſeliſche proceß- ordnung § 47. Inhalts des Hamburgiſchen ſtadt- rechtes im IIIten teile, tit. 1 art. 4 iſt verordnet: vom erb-gut iſt niemand vermoͤge dieſer ſtadt- rechte one ſeiner naͤchſten erben erlaubnis, oder be- willigung zu teſtiren bemaͤchtigt, ſondern daſſelbe ſeinen rechten erben ungeſchmaͤlert zu laſſen ſchul- dig. § 1897 Bey buͤrgern und bauern werden ordentlicher weiſe ſtamm-guͤter nicht vermutet, iedoch finden ſich hir und da dergleichen, welche mit dem na- men der erb-guͤter, erb-eigen beleget werden, Hellfeld am a. o. ſ. 34, Dreyers diſp. § VIIII ſ. 41 fgg. Immittels haben die Worte: erbe, ei- gen, erb-gut, mancherlei bedeutungen in den Teutſchen beſondern land- und ſtadt-rechten. Sihe das repertorium iuris priuati im IIten teile

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 768. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/780>, abgerufen am 28.03.2024.