Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

von alten u. neuen stammgütern.
stunden an einer reihe, und gaben einander die
hände, hilten auch einander bei den händen; ent-
sageten allso auf dises erbe. Der richter liß durch
den fron dreimal es öffentlich ausrufen: ob jemand
da sey, welcher darwider zu reden hätte? Jm na-
men des Kaisers schlug der richter dem käufer,
oder gläubiger es zu, und bevestigte sodann den be-
sizer: daß sie nimand antasten sollte, sub banno re-
gio.
Die schöppen mußten ebenfalls gegenwär-
tig seyn.

§ 3443

Wie weit einer die fideicommiß-stiftung seinerob die fidei-
commiß-stif-
tung abzuän-
dern stehet?

anherren durch sein testament abändern könne? ist
zwischen Hessen-Cassel, und Darmstadt heftig be-
stritten worden. Hessen-Darmstadt sagete: un-
ser anherr Philips I hat die fideicommiß-ordnung
fürgeschriben, dessen son Ludewig IIII zu Marburg
hat solche durch sein testament umgestossen; allso
biadet sie uns nicht. Jnzwischen wurde die sache
durch einen vergleich gehoben, und im Osnabrü-
ckischen friden bestätiget, art. XV § 13. Der kö-
nig in Preussen Friderich I glaubete eben dises, und
sprach: Friderich Heinrich von Oranien-Nassau
hat einmal eine fideicommiß-ordnung gestiftet; dise
hat mein vätter: könig Wilhelm der 3te in Engel-
land abzuändern nicht vermocht. Derowegen ge-
het mich sein testament nichts an (§ 3424). Der
Dieterich von Köniz, im Coburgischen, machete
1728 seine lehn- und stammgüter zu einem fideicom-
misse. Sein son aber Carl Heinrich hobe solches,
mit bewilligung der fideicommiß-erben auf. Die
mutter eines iungen von Koniz protestirete (§ 965);
ob schon dessen vormund darein gewilliget hatte.
Diweil aber die von dem vormunde geschehene mit-
aufhebung eines fideicommisses ein grosser schade ist,
welchen der vormund den unmündigen zugefüget

hat;
D d d d 3

von alten u. neuen ſtammguͤtern.
ſtunden an einer reihe, und gaben einander die
haͤnde, hilten auch einander bei den haͤnden; ent-
ſageten allſo auf diſes erbe. Der richter liß durch
den fron dreimal es oͤffentlich ausrufen: ob jemand
da ſey, welcher darwider zu reden haͤtte? Jm na-
men des Kaiſers ſchlug der richter dem kaͤufer,
oder glaͤubiger es zu, und beveſtigte ſodann den be-
ſizer: daß ſie nimand antaſten ſollte, ſub banno re-
gio.
Die ſchoͤppen mußten ebenfalls gegenwaͤr-
tig ſeyn.

§ 3443

Wie weit einer die fideicommiß-ſtiftung ſeinerob die fidei-
commiß-ſtif-
tung abzuaͤn-
dern ſtehet?

anherren durch ſein teſtament abaͤndern koͤnne? iſt
zwiſchen Heſſen-Caſſel, und Darmſtadt heftig be-
ſtritten worden. Heſſen-Darmſtadt ſagete: un-
ſer anherr Philips I hat die fideicommiß-ordnung
fuͤrgeſchriben, deſſen ſon Ludewig IIII zu Marburg
hat ſolche durch ſein teſtament umgeſtoſſen; allſo
biadet ſie uns nicht. Jnzwiſchen wurde die ſache
durch einen vergleich gehoben, und im Osnabruͤ-
ckiſchen friden beſtaͤtiget, art. XV § 13. Der koͤ-
nig in Preuſſen Friderich I glaubete eben diſes, und
ſprach: Friderich Heinrich von Oranien-Naſſau
hat einmal eine fideicommiß-ordnung geſtiftet; diſe
hat mein vaͤtter: koͤnig Wilhelm der 3te in Engel-
land abzuaͤndern nicht vermocht. Derowegen ge-
het mich ſein teſtament nichts an (§ 3424). Der
Dieterich von Koͤniz, im Coburgiſchen, machete
1728 ſeine lehn- und ſtammguͤter zu einem fideicom-
miſſe. Sein ſon aber Carl Heinrich hobe ſolches,
mit bewilligung der fideicommiß-erben auf. Die
mutter eines iungen von Koniz proteſtirete (§ 965);
ob ſchon deſſen vormund darein gewilliget hatte.
Diweil aber die von dem vormunde geſchehene mit-
aufhebung eines fideicommiſſes ein groſſer ſchade iſt,
welchen der vormund den unmuͤndigen zugefuͤget

hat;
D d d d 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1181" n="1157"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von alten u. neuen &#x017F;tammgu&#x0364;tern.</hi></fw><lb/>
&#x017F;tunden an einer reihe, und gaben einander die<lb/>
ha&#x0364;nde, hilten auch einander bei den ha&#x0364;nden; ent-<lb/>
&#x017F;ageten all&#x017F;o auf di&#x017F;es erbe. Der richter liß durch<lb/>
den fron dreimal es o&#x0364;ffentlich ausrufen: ob jemand<lb/>
da &#x017F;ey, welcher darwider zu reden ha&#x0364;tte? Jm na-<lb/>
men des Kai&#x017F;ers &#x017F;chlug der richter dem ka&#x0364;ufer,<lb/>
oder gla&#x0364;ubiger es zu, und beve&#x017F;tigte &#x017F;odann den be-<lb/>
&#x017F;izer: daß &#x017F;ie nimand anta&#x017F;ten &#x017F;ollte, <hi rendition="#aq">&#x017F;ub banno re-<lb/>
gio.</hi> Die &#x017F;cho&#x0364;ppen mußten ebenfalls gegenwa&#x0364;r-<lb/>
tig &#x017F;eyn.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§ 3443</head><lb/>
          <p>Wie weit einer die fideicommiß-&#x017F;tiftung &#x017F;einer<note place="right">ob die fidei-<lb/>
commiß-&#x017F;tif-<lb/>
tung abzua&#x0364;n-<lb/>
dern &#x017F;tehet?</note><lb/>
anherren durch &#x017F;ein te&#x017F;tament aba&#x0364;ndern ko&#x0364;nne? i&#x017F;t<lb/>
zwi&#x017F;chen He&#x017F;&#x017F;en-Ca&#x017F;&#x017F;el, und Darm&#x017F;tadt heftig be-<lb/>
&#x017F;tritten worden. He&#x017F;&#x017F;en-Darm&#x017F;tadt &#x017F;agete: un-<lb/>
&#x017F;er anherr Philips <hi rendition="#aq">I</hi> hat die fideicommiß-ordnung<lb/>
fu&#x0364;rge&#x017F;chriben, de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;on Ludewig <hi rendition="#aq">IIII</hi> zu Marburg<lb/>
hat &#x017F;olche durch &#x017F;ein te&#x017F;tament umge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en; all&#x017F;o<lb/>
biadet &#x017F;ie uns nicht. Jnzwi&#x017F;chen wurde die &#x017F;ache<lb/>
durch einen vergleich gehoben, und im Osnabru&#x0364;-<lb/>
cki&#x017F;chen friden be&#x017F;ta&#x0364;tiget, art. <hi rendition="#aq">XV</hi> § 13. Der ko&#x0364;-<lb/>
nig in Preu&#x017F;&#x017F;en Friderich <hi rendition="#aq">I</hi> glaubete eben di&#x017F;es, und<lb/>
&#x017F;prach: Friderich Heinrich von Oranien-Na&#x017F;&#x017F;au<lb/>
hat einmal eine fideicommiß-ordnung ge&#x017F;tiftet; di&#x017F;e<lb/>
hat mein va&#x0364;tter: ko&#x0364;nig Wilhelm der 3te in Engel-<lb/>
land abzua&#x0364;ndern nicht vermocht. Derowegen ge-<lb/>
het mich &#x017F;ein te&#x017F;tament nichts an (§ 3424). Der<lb/>
Dieterich von Ko&#x0364;niz, im Coburgi&#x017F;chen, machete<lb/>
1728 &#x017F;eine lehn- und &#x017F;tammgu&#x0364;ter zu einem fideicom-<lb/>
mi&#x017F;&#x017F;e. Sein &#x017F;on aber Carl Heinrich hobe &#x017F;olches,<lb/>
mit bewilligung der fideicommiß-erben auf. Die<lb/>
mutter eines iungen von Koniz prote&#x017F;tirete (§ 965);<lb/>
ob &#x017F;chon de&#x017F;&#x017F;en vormund darein gewilliget hatte.<lb/>
Diweil aber die von dem vormunde ge&#x017F;chehene mit-<lb/>
aufhebung eines fideicommi&#x017F;&#x017F;es ein gro&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chade i&#x017F;t,<lb/>
welchen der vormund den unmu&#x0364;ndigen zugefu&#x0364;get<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d d d 3</fw><fw place="bottom" type="catch">hat;</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1157/1181] von alten u. neuen ſtammguͤtern. ſtunden an einer reihe, und gaben einander die haͤnde, hilten auch einander bei den haͤnden; ent- ſageten allſo auf diſes erbe. Der richter liß durch den fron dreimal es oͤffentlich ausrufen: ob jemand da ſey, welcher darwider zu reden haͤtte? Jm na- men des Kaiſers ſchlug der richter dem kaͤufer, oder glaͤubiger es zu, und beveſtigte ſodann den be- ſizer: daß ſie nimand antaſten ſollte, ſub banno re- gio. Die ſchoͤppen mußten ebenfalls gegenwaͤr- tig ſeyn. § 3443 Wie weit einer die fideicommiß-ſtiftung ſeiner anherren durch ſein teſtament abaͤndern koͤnne? iſt zwiſchen Heſſen-Caſſel, und Darmſtadt heftig be- ſtritten worden. Heſſen-Darmſtadt ſagete: un- ſer anherr Philips I hat die fideicommiß-ordnung fuͤrgeſchriben, deſſen ſon Ludewig IIII zu Marburg hat ſolche durch ſein teſtament umgeſtoſſen; allſo biadet ſie uns nicht. Jnzwiſchen wurde die ſache durch einen vergleich gehoben, und im Osnabruͤ- ckiſchen friden beſtaͤtiget, art. XV § 13. Der koͤ- nig in Preuſſen Friderich I glaubete eben diſes, und ſprach: Friderich Heinrich von Oranien-Naſſau hat einmal eine fideicommiß-ordnung geſtiftet; diſe hat mein vaͤtter: koͤnig Wilhelm der 3te in Engel- land abzuaͤndern nicht vermocht. Derowegen ge- het mich ſein teſtament nichts an (§ 3424). Der Dieterich von Koͤniz, im Coburgiſchen, machete 1728 ſeine lehn- und ſtammguͤter zu einem fideicom- miſſe. Sein ſon aber Carl Heinrich hobe ſolches, mit bewilligung der fideicommiß-erben auf. Die mutter eines iungen von Koniz proteſtirete (§ 965); ob ſchon deſſen vormund darein gewilliget hatte. Diweil aber die von dem vormunde geſchehene mit- aufhebung eines fideicommiſſes ein groſſer ſchade iſt, welchen der vormund den unmuͤndigen zugefuͤget hat; ob die fidei- commiß-ſtif- tung abzuaͤn- dern ſtehet? D d d d 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1181
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1181>, abgerufen am 18.04.2024.