war schimpflich. Du hast eine wunde an dem hin- rern bekommen, war eine der schmähelichsten sch[r]mpfceden. Von vorne erhaltene wunden gerei- che[re]n dem krigesmanne zur ere; von hinten aber zeigete ein ergriffenes haasenpanier an. Wer von rittersart geschimpfet war, der musste sich nach sol- dartenart schlagen. Die ganze ere stand, nach dem teutschen begriffe, auf der spize des tegens. Ein leibeigener durfte keinen tegen tragen. Solchem- nach gehörete auch das tegentragen eigentlich den soldaten. Heute zu tage hat sich die sache geändert, da gar vile zum state tegen tragen; darnebst der ehemalige krigerische zustand sich im teutschen Rei- che verwandelt hat; so ist die ursache, warum heu- te zu tage das duelliren verboten, daraus leicht abzunemen. Worzu noch kömmt: daß einer, wel- cher sich schläget, da er im bürgerlichen zustande le- bet; aus disem aber sich in den natürlichen verse- zet, den landesfürsten beleidige. Jnzwischen ist ein officier, und im soldatenstande befindlicher mensch übel daran. Denn schläget er sich; so wird er gestrafet; tut er es nicht; so wird er verachtet. Allein einem gelehrten, welcher wie ein geistlicher betrachtet wird, stehet das schlagen nicht zu; er kan seine sachen mit der feder in schriften ausmachen.
§ 991
vom erlichen raube.
Die Teutsche hatten ehedem einen erlichen raub (rapinam honestam oder rationalem), Haltaus sp. 1404; allein der dibstal war bei inen verhas- set; daher den diben zur strafe auch wohl die bren- nung des schlüssels an den kinbacken widerfur; mithin sie gebrandmarket wurden, Haltaus sp. 1636.
§ 992
CXXIV h. von den erloſen, anruͤcht.
war ſchimpflich. Du haſt eine wunde an dem hin- rern bekommen, war eine der ſchmaͤhelichſten ſch[r]mpfceden. Von vorne erhaltene wunden gerei- che[re]n dem krigesmanne zur ere; von hinten aber zeigete ein ergriffenes haaſenpanier an. Wer von rittersart geſchimpfet war, der muſſte ſich nach ſol- dartenart ſchlagen. Die ganze ere ſtand, nach dem teutſchen begriffe, auf der ſpize des tegens. Ein leibeigener durfte keinen tegen tragen. Solchem- nach gehoͤrete auch das tegentragen eigentlich den ſoldaten. Heute zu tage hat ſich die ſache geaͤndert, da gar vile zum ſtate tegen tragen; darnebſt der ehemalige krigeriſche zuſtand ſich im teutſchen Rei- che verwandelt hat; ſo iſt die urſache, warum heu- te zu tage das duelliren verboten, daraus leicht abzunemen. Worzu noch koͤmmt: daß einer, wel- cher ſich ſchlaͤget, da er im buͤrgerlichen zuſtande le- bet; aus diſem aber ſich in den natuͤrlichen verſe- zet, den landesfuͤrſten beleidige. Jnzwiſchen iſt ein officier, und im ſoldatenſtande befindlicher menſch uͤbel daran. Denn ſchlaͤget er ſich; ſo wird er geſtrafet; tut er es nicht; ſo wird er verachtet. Allein einem gelehrten, welcher wie ein geiſtlicher betrachtet wird, ſtehet das ſchlagen nicht zu; er kan ſeine ſachen mit der feder in ſchriften ausmachen.
§ 991
vom erlichen raube.
Die Teutſche hatten ehedem einen erlichen raub (rapinam honeſtam oder rationalem), Haltaus ſp. 1404; allein der dibſtal war bei inen verhaſ- ſet; daher den diben zur ſtrafe auch wohl die bren- nung des ſchluͤſſels an den kinbacken widerfur; mithin ſie gebrandmarket wurden, Haltaus ſp. 1636.
§ 992
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CXXIV h. von den erloſen, anruͤcht.
war ſchimpflich. Du haſt eine wunde an dem hin-
rern bekommen, war eine der ſchmaͤhelichſten
ſchrmpfceden. Von vorne erhaltene wunden gerei-
cheren dem krigesmanne zur ere; von hinten aber
zeigete ein ergriffenes haaſenpanier an. Wer von
rittersart geſchimpfet war, der muſſte ſich nach ſol-
dartenart ſchlagen. Die ganze ere ſtand, nach
dem teutſchen begriffe, auf der ſpize des tegens. Ein
leibeigener durfte keinen tegen tragen. Solchem-
nach gehoͤrete auch das tegentragen eigentlich den
ſoldaten. Heute zu tage hat ſich die ſache geaͤndert,
da gar vile zum ſtate tegen tragen; darnebſt der
ehemalige krigeriſche zuſtand ſich im teutſchen Rei-
che verwandelt hat; ſo iſt die urſache, warum heu-
te zu tage das duelliren verboten, daraus leicht
abzunemen. Worzu noch koͤmmt: daß einer, wel-
cher ſich ſchlaͤget, da er im buͤrgerlichen zuſtande le-
bet; aus diſem aber ſich in den natuͤrlichen verſe-
zet, den landesfuͤrſten beleidige. Jnzwiſchen iſt
ein officier, und im ſoldatenſtande befindlicher
menſch uͤbel daran. Denn ſchlaͤget er ſich; ſo wird
er geſtrafet; tut er es nicht; ſo wird er verachtet.
Allein einem gelehrten, welcher wie ein geiſtlicher
betrachtet wird, ſtehet das ſchlagen nicht zu; er kan
ſeine ſachen mit der feder in ſchriften ausmachen.
§ 991
Die Teutſche hatten ehedem einen erlichen raub
(rapinam honeſtam oder rationalem), Haltaus
ſp. 1404; allein der dibſtal war bei inen verhaſ-
ſet; daher den diben zur ſtrafe auch wohl die bren-
nung des ſchluͤſſels an den kinbacken widerfur;
mithin ſie gebrandmarket wurden, Haltaus
ſp. 1636.
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/640>, abgerufen am 25.04.2024.
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