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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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und desselben eigenschaften.
Exempl. IIII. Da ein wahrscheinlicher satz
mit seinen argumentis realiter verbunden.
Propositio: David ist ein voluptuosus gewesen:
(quatenus peccator.)

Elabor: Jch dürffte zwar vielen wieder-
spruch erfahren müssen, wann ich sagte: Da-
vid sey nach seiner natürlichen gemüths-nei-
gung, in sofern er nicht vom H. Geist erleuch-
tet, im höchsten grad wollüstig gewesen; ich
dencke aber nicht daß man mich deßwegen zum
ketzer machen und eines gefährlichen irrthums
überführen werde. Die wahrheit meines sa-
tzes erhellet aus seinem geführten lebens-wan-
del, ohne allen zwang gantz offenbahr. Furcht,
geilheit, viele klagen, neugierigkeit, beliebung
zur Musick, weichhertzigkeit, mitleiden, thränen,
bemühung nach freundschaft, appetit zu guten
essen und trincken, sind die kennzeichen eines
wollüstigen, und allediese finde ich an David.
Furchtsam war er als er für Saul und Abso-
lon flohe, als Seba einen aufruhr erregte, ia
aus blosser zaghaftigkeit strafte er den drey-
fachen mörder Joab nicht. Seine geilheit
zeigte er in der begebenhenheit mit der Bathse-
ba, da er soviel weiber hatte und ohngeachtet
der grossen menge die zu seinen diensten stun-
den, doch nach andrer leute weiber griffe.
Nichts als klagen hörte man von ihm, da
Saul und Jonathan iener als sein schwieger-
vater, dieser als sein hertzens-freund gefallen
war, da er seinen ungerathenen sohn von der

eiche
und deſſelben eigenſchaften.
Exempl. IIII. Da ein wahrſcheinlicher ſatz
mit ſeinen argumentis realiter verbunden.
Propoſitio: David iſt ein voluptuoſus geweſen:
(quatenus peccator.)

Elabor: Jch duͤrffte zwar vielen wieder-
ſpruch erfahren muͤſſen, wann ich ſagte: Da-
vid ſey nach ſeiner natuͤrlichen gemuͤths-nei-
gung, in ſofern er nicht vom H. Geiſt erleuch-
tet, im hoͤchſten grad wolluͤſtig geweſen; ich
dencke aber nicht daß man mich deßwegen zum
ketzer machen und eines gefaͤhrlichen irrthums
uͤberfuͤhren werde. Die wahrheit meines ſa-
tzes erhellet aus ſeinem gefuͤhrten lebens-wan-
del, ohne allen zwang gantz offenbahr. Furcht,
geilheit, viele klagen, neugierigkeit, beliebung
zur Muſick, weichhertzigkeit, mitleiden, thraͤnen,
bemuͤhung nach freundſchaft, appetit zu guten
eſſen und trincken, ſind die kennzeichen eines
wolluͤſtigen, und alledieſe finde ich an David.
Furchtſam war er als er fuͤr Saul und Abſo-
lon flohe, als Seba einen aufruhr erregte, ia
aus bloſſer zaghaftigkeit ſtrafte er den drey-
fachen moͤrder Joab nicht. Seine geilheit
zeigte er in der begebenhenheit mit der Bathſe-
ba, da er ſoviel weiber hatte und ohngeachtet
der groſſen menge die zu ſeinen dienſten ſtun-
den, doch nach andrer leute weiber griffe.
Nichts als klagen hoͤrte man von ihm, da
Saul und Jonathan iener als ſein ſchwieger-
vater, dieſer als ſein hertzens-freund gefallen
war, da er ſeinen ungerathenen ſohn von der

eiche
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[219/0237] und deſſelben eigenſchaften. Exempl. IIII. Da ein wahrſcheinlicher ſatz mit ſeinen argumentis realiter verbunden. Propoſitio: David iſt ein voluptuoſus geweſen: (quatenus peccator.) Elabor: Jch duͤrffte zwar vielen wieder- ſpruch erfahren muͤſſen, wann ich ſagte: Da- vid ſey nach ſeiner natuͤrlichen gemuͤths-nei- gung, in ſofern er nicht vom H. Geiſt erleuch- tet, im hoͤchſten grad wolluͤſtig geweſen; ich dencke aber nicht daß man mich deßwegen zum ketzer machen und eines gefaͤhrlichen irrthums uͤberfuͤhren werde. Die wahrheit meines ſa- tzes erhellet aus ſeinem gefuͤhrten lebens-wan- del, ohne allen zwang gantz offenbahr. Furcht, geilheit, viele klagen, neugierigkeit, beliebung zur Muſick, weichhertzigkeit, mitleiden, thraͤnen, bemuͤhung nach freundſchaft, appetit zu guten eſſen und trincken, ſind die kennzeichen eines wolluͤſtigen, und alledieſe finde ich an David. Furchtſam war er als er fuͤr Saul und Abſo- lon flohe, als Seba einen aufruhr erregte, ia aus bloſſer zaghaftigkeit ſtrafte er den drey- fachen moͤrder Joab nicht. Seine geilheit zeigte er in der begebenhenheit mit der Bathſe- ba, da er ſoviel weiber hatte und ohngeachtet der groſſen menge die zu ſeinen dienſten ſtun- den, doch nach andrer leute weiber griffe. Nichts als klagen hoͤrte man von ihm, da Saul und Jonathan iener als ſein ſchwieger- vater, dieſer als ſein hertzens-freund gefallen war, da er ſeinen ungerathenen ſohn von der eiche

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/237>, abgerufen am 28.03.2024.