Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite
I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abschnitt.
II. Subjective Gründe der absoluten Strafbarkeit.
§. 92.

II. Der subjective Grund aller Straf-
barkeit, besteht in der Gemüthseigenschaft des
Uebertreters, vermöge welcher für den vorliegen-
den Fall der Uebertretung in ihm die physische
Möglichkeit der Wirksamkeit des Strafgesetzes
begründet war
. Zur Bestrafung eines äusser-
lich dem Strafgesetz widersprechenden Fac-
tums wird also ein Gemüthszustand voraus-
gesetzt, in welchem es möglich war, dass der
Uebertreter von seiner That abgeschreckt wer-
den konnte. Denn das Strafgesetz ist gege-
ben zur Abschreckung; für den Fall, wo es

unmög-
voller natürlicher Beweis existiren sollte -- Wegen
der Worte "zu peinlicher Strafe etc." glaubt man,
dass in geringern Verbrechen, auf denen eine bür-
gerliche
Strafe im Sinne des Deutschen Particu-
larrechts steht, aus unvollkommnem Beweis gestraft
werden dürfe, wie Kleinschrod über die Wir-
kungen eines unvollkommnen Beweises in peinlichen Sachen
.
In den Abb. aus dem p. Recht I Thl. Nr. 1. §. 7. be-
hauptet. Allein die P. G. O. kennt keinen Unter-
schied zwischen bürgerlicher und peinlicher Strafe in
dem Sinne des deutschen Particularrechts, sondern
die bürgerliche und peinliche Strafe, deren sie
zuweilen erwähnt, ist blos die Römische poena pu-
blica
im Gegengesetz der poena privata. Dies er-
giebt sich deutlich aus der P. G. O. Art. 138. 157.
und 158. -- Ausser den angeführten Kleinschrodi-
schen
Abh. vergl. hierüber Weismantel Diss. de
condemnatione facinorosorum ex indiciis
. Erf. 1791. --
Holzschuher ab Harrlach Diss. de poena ex-
traordinaria deficiente plena criminis probatione neuti-
quam decernenda
. Altorf 1799. Die Hallischen Preis-
schriften sind noch zu erwarten.
I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt.
II. Subjective Gründe der abſoluten Strafbarkeit.
§. 92.

II. Der ſubjective Grund aller Straf-
barkeit, beſteht in der Gemüthseigenſchaft des
Uebertreters, vermöge welcher für den vorliegen-
den Fall der Uebertretung in ihm die phyſiſche
Möglichkeit der Wirkſamkeit des Strafgeſetzes
begründet war
. Zur Beſtrafung eines äuſſer-
lich dem Strafgeſetz widerſprechenden Fac-
tums wird alſo ein Gemüthszuſtand voraus-
geſetzt, in welchem es möglich war, daſs der
Uebertréter von ſeiner That abgeſchreckt wer-
den konnte. Denn das Strafgeſetz iſt gege-
ben zur Abſchreckung; für den Fall, wo es

unmög-
voller natürlicher Beweis exiſtiren ſollte — Wegen
der Worte „zu peinlicher Strafe etc.“ glaubt man,
daſs in geringern Verbrechen, auf denen eine bür-
gerliche
Strafe im Sinne des Deutſchen Particu-
larrechts ſteht, aus unvollkommnem Beweis geſtraft
werden dürfe, wie Kleinſchrod über die Wir-
kungen eines unvollkommnen Beweiſes in peinlichen Sachen
.
In den Abb. aus dem p. Recht I Thl. Nr. 1. §. 7. be-
hauptet. Allein die P. G. O. kennt keinen Unter-
ſchied zwiſchen bürgerlicher und peinlicher Strafe in
dem Sinne des deutſchen Particularrechts, ſondern
die bürgerliche und peinliche Strafe, deren ſie
zuweilen erwähnt, iſt blos die Römiſche poena pu-
blica
im Gegengeſetz der poena privata. Dies er-
giebt ſich deutlich aus der P. G. O. Art. 138. 157.
und 158. — Auſſer den angeführten Kleinſchrodi-
ſchen
Abh. vergl. hierüber Weismantel Diſſ. de
condemnatione facinoroſorum ex indiciis
. Erf. 1791. —
Holzſchuher ab Harrlach Diſſ. de poena ex-
traordinaria deficiente plena criminis probatione neuti-
quam decernenda
. Altorf 1799. Die Halliſchen Preis-
ſchriften ſind noch zu erwarten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <pb facs="#f0100" n="72"/>
                  <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#i">I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Ab&#x017F;chnitt.</hi> </fw><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>II. <hi rendition="#i">Subjective Gründe der ab&#x017F;oluten Strafbarkeit.</hi></head><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 92.</head><lb/>
                      <p>II. Der <hi rendition="#g">&#x017F;ubjective</hi> Grund aller Straf-<lb/>
barkeit, be&#x017F;teht <hi rendition="#i">in der Gemüthseigen&#x017F;chaft des<lb/>
Uebertreters, vermöge welcher für den vorliegen-<lb/>
den Fall der Uebertretung in ihm die phy&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
Möglichkeit der Wirk&#x017F;amkeit des Strafge&#x017F;etzes<lb/>
begründet war</hi>. Zur Be&#x017F;trafung eines äu&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
lich dem Strafge&#x017F;etz wider&#x017F;prechenden Fac-<lb/>
tums wird al&#x017F;o ein Gemüthszu&#x017F;tand voraus-<lb/>
ge&#x017F;etzt, in welchem es möglich war, da&#x017F;s der<lb/>
Uebertréter von &#x017F;einer That abge&#x017F;chreckt wer-<lb/>
den konnte. Denn das Strafge&#x017F;etz i&#x017F;t gege-<lb/>
ben zur Ab&#x017F;chreckung; für den Fall, wo es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">unmög-</fw><lb/><note xml:id="note-0100" prev="#note-0099" place="foot" n="*)">voller <hi rendition="#i">natürlicher</hi> Beweis exi&#x017F;tiren &#x017F;ollte &#x2014; Wegen<lb/>
der Worte &#x201E;<hi rendition="#i">zu peinlicher Strafe</hi> etc.&#x201C; glaubt man,<lb/>
da&#x017F;s in <hi rendition="#i">geringern</hi> Verbrechen, auf denen eine <hi rendition="#i">bür-<lb/>
gerliche</hi> Strafe im Sinne des Deut&#x017F;chen Particu-<lb/>
larrechts &#x017F;teht, aus unvollkommnem Beweis ge&#x017F;traft<lb/>
werden dürfe, wie <hi rendition="#g">Klein&#x017F;chrod</hi> <hi rendition="#i">über die Wir-<lb/>
kungen eines unvollkommnen Bewei&#x017F;es in peinlichen Sachen</hi>.<lb/>
In den <hi rendition="#i">Abb. aus dem p. Recht</hi> I Thl. Nr. 1. §. 7. be-<lb/>
hauptet. Allein die P. G. O. kennt keinen Unter-<lb/>
&#x017F;chied zwi&#x017F;chen <hi rendition="#i">bürgerlicher</hi> und <hi rendition="#i">peinlicher</hi> Strafe in<lb/>
dem Sinne des deut&#x017F;chen Particularrechts, &#x017F;ondern<lb/>
die bürgerliche und peinliche Strafe, deren &#x017F;ie<lb/>
zuweilen erwähnt, i&#x017F;t blos die Römi&#x017F;che <hi rendition="#i">poena pu-<lb/>
blica</hi> im Gegenge&#x017F;etz der <hi rendition="#i">poena privata</hi>. Dies er-<lb/>
giebt &#x017F;ich deutlich aus der P. G. O. Art. 138. 157.<lb/>
und 158. &#x2014; Au&#x017F;&#x017F;er den angeführten <hi rendition="#i">Klein&#x017F;chrodi-<lb/>
&#x017F;chen</hi> Abh. vergl. hierüber <hi rendition="#g">Weismantel</hi> D<hi rendition="#i">i&#x017F;&#x017F;. de<lb/>
condemnatione facinoro&#x017F;orum ex indiciis</hi>. Erf. 1791. &#x2014;<lb/><hi rendition="#g">Holz&#x017F;chuher ab Harrlach</hi> <hi rendition="#i">Di&#x017F;&#x017F;. de poena ex-<lb/>
traordinaria deficiente plena criminis probatione neuti-<lb/>
quam decernenda</hi>. Altorf 1799. Die Halli&#x017F;chen Preis-<lb/>
&#x017F;chriften &#x017F;ind noch zu erwarten.</note><lb/></p>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0100] I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt. II. Subjective Gründe der abſoluten Strafbarkeit. §. 92. II. Der ſubjective Grund aller Straf- barkeit, beſteht in der Gemüthseigenſchaft des Uebertreters, vermöge welcher für den vorliegen- den Fall der Uebertretung in ihm die phyſiſche Möglichkeit der Wirkſamkeit des Strafgeſetzes begründet war. Zur Beſtrafung eines äuſſer- lich dem Strafgeſetz widerſprechenden Fac- tums wird alſo ein Gemüthszuſtand voraus- geſetzt, in welchem es möglich war, daſs der Uebertréter von ſeiner That abgeſchreckt wer- den konnte. Denn das Strafgeſetz iſt gege- ben zur Abſchreckung; für den Fall, wo es unmög- *) *) voller natürlicher Beweis exiſtiren ſollte — Wegen der Worte „zu peinlicher Strafe etc.“ glaubt man, daſs in geringern Verbrechen, auf denen eine bür- gerliche Strafe im Sinne des Deutſchen Particu- larrechts ſteht, aus unvollkommnem Beweis geſtraft werden dürfe, wie Kleinſchrod über die Wir- kungen eines unvollkommnen Beweiſes in peinlichen Sachen. In den Abb. aus dem p. Recht I Thl. Nr. 1. §. 7. be- hauptet. Allein die P. G. O. kennt keinen Unter- ſchied zwiſchen bürgerlicher und peinlicher Strafe in dem Sinne des deutſchen Particularrechts, ſondern die bürgerliche und peinliche Strafe, deren ſie zuweilen erwähnt, iſt blos die Römiſche poena pu- blica im Gegengeſetz der poena privata. Dies er- giebt ſich deutlich aus der P. G. O. Art. 138. 157. und 158. — Auſſer den angeführten Kleinſchrodi- ſchen Abh. vergl. hierüber Weismantel Diſſ. de condemnatione facinoroſorum ex indiciis. Erf. 1791. — Holzſchuher ab Harrlach Diſſ. de poena ex- traordinaria deficiente plena criminis probatione neuti- quam decernenda. Altorf 1799. Die Halliſchen Preis- ſchriften ſind noch zu erwarten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/100
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/100>, abgerufen am 25.04.2024.