Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abschnitt.
durch Dolus bestimmte Culpa ist in einem ge-
ringen Grade strafbar, weil in Rücksicht auf
die zu bestrafende Handlung kein Dolus vor-
handen war.

§. 144.

Aus demselben Hauptgrunde ergeben sich
die Stufen der Strafbarkeit der verschiedenen
Arten der Culpa. Nämlich 1) die höchste Culpa
hat den höchsten, 2) die mittlere einen gerin-
geren, 3) die geringste Culpa den geringsten
Grad der Strafbarkeit.

B. Nach Verschiedenheit der äussern Wirksamkeit zur Ueber-
tretung
.
§. 145.

I. Das unternommene Verbrechen ist we-
niger strafbar, als das vollendete *). Die Ge-
setze gebieten für den Versuch willkührliche
Strafe **); die allgemeinen Principien bestim-

men
*) Mehrere, besonders Filangieri System der Ge-
setzgebung
Bd. IV. S. 271. und Servin de la legisl.
crim
. L. I. Ch. Sect. 1. halten, aus Verwechslung
des moralischen mit dem rechtlichen Stantpunkte
den conatus proximus und das delictum perfectum für
gleichstrafbar mit dem Versuch. Vergl. Traug.
Thomasius
Diss. an poena delicti perfecti ordinaria
puniendus sit conatus proximus
. Lips. 1735 Klein-
schrod
tyst. Entw. Thl. I. §. 39 -- Oft haben aber
ausdrückliche Gesetze den Versuch dem Verbrechen
gleichgeachtet.
**) P. G. O. Art. 178. "So sich jemand einer Misse-
that (1) mit etlichen scheinlichen Werken, die zur Volien-
dung

I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt.
durch Dolus beſtimmte Culpa iſt in einem ge-
ringen Grade ſtrafbar, weil in Rückſicht auf
die zu beſtrafende Handlung kein Dolus vor-
handen war.

§. 144.

Aus demſelben Hauptgrunde ergeben ſich
die Stufen der Strafbarkeit der verſchiedenen
Arten der Culpa. Nämlich 1) die höchſte Culpa
hat den höchſten, 2) die mittlere einen gerin-
geren, 3) die geringſte Culpa den geringſten
Grad der Strafbarkeit.

B. Nach Verſchiedenheit der äuſſern Wirkſamkeit zur Ueber-
tretung
.
§. 145.

I. Das unternommene Verbrechen iſt we-
niger ſtrafbar, als das vollendete *). Die Ge-
ſetze gebieten für den Verſuch willkührliche
Strafe **); die allgemeinen Principien beſtim-

men
*) Mehrere, beſonders Filangieri Syſtem der Ge-
ſetzgebung
Bd. IV. S. 271. und Servin de la legisl.
crim
. L. I. Ch. Sect. 1. halten, aus Verwechslung
des moraliſchen mit dem rechtlichen Stantpunkte
den conatus proximus und das delictum perfectum für
gleichſtrafbar mit dem Verſuch. Vergl. Traug.
Thomaſius
Diſſ. an poena delicti perfecti ordinaria
puniendus ſit conatus proximus
. Lipſ. 1735 Klein-
ſchrod
tyſt. Entw. Thl. I. §. 39 — Oft haben aber
ausdrückliche Geſetze den Verſuch dem Verbrechen
gleichgeachtet.
**) P. G. O. Art. 178. „So ſich jemand einer Miſſe-
that (1) mit etlichen ſcheinlichen Werken, die zur Volien-
dung
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <div n="11">
                            <p><pb facs="#f0140" n="112"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
durch Dolus be&#x017F;timmte Culpa i&#x017F;t in einem ge-<lb/>
ringen Grade &#x017F;trafbar, weil in Rück&#x017F;icht auf<lb/>
die zu be&#x017F;trafende Handlung kein Dolus vor-<lb/>
handen war.</p>
                          </div><lb/>
                          <div n="11">
                            <head>§. 144.</head><lb/>
                            <p>Aus dem&#x017F;elben Hauptgrunde ergeben &#x017F;ich<lb/>
die Stufen der Strafbarkeit der ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Arten der Culpa. Nämlich 1) die höch&#x017F;te Culpa<lb/>
hat den höch&#x017F;ten, 2) die mittlere einen gerin-<lb/>
geren, 3) die gering&#x017F;te Culpa den gering&#x017F;ten<lb/>
Grad der Strafbarkeit.</p>
                          </div>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>B. <hi rendition="#i">Nach Ver&#x017F;chiedenheit der äu&#x017F;&#x017F;ern Wirk&#x017F;amkeit zur Ueber-<lb/>
tretung</hi>.</head><lb/>
                          <div n="11">
                            <head>§. 145.</head><lb/>
                            <p>I. Das unternommene Verbrechen i&#x017F;t we-<lb/>
niger &#x017F;trafbar, als das vollendete <note place="foot" n="*)">Mehrere, be&#x017F;onders <hi rendition="#g">Filangieri</hi> <hi rendition="#i">Sy&#x017F;tem der Ge-<lb/>
&#x017F;etzgebung</hi> Bd. IV. S. 271. und <hi rendition="#i">Servin de la legisl.<lb/>
crim</hi>. L. I. Ch. Sect. 1. halten, aus Verwechslung<lb/>
des morali&#x017F;chen mit dem rechtlichen Stantpunkte<lb/>
den <hi rendition="#i">conatus proximus</hi> und das <hi rendition="#i">delictum perfectum</hi> für<lb/>
gleich&#x017F;trafbar mit dem Ver&#x017F;uch. Vergl. <hi rendition="#g">Traug.<lb/>
Thoma&#x017F;ius</hi> <hi rendition="#i">Di&#x017F;&#x017F;. an poena delicti perfecti ordinaria<lb/>
puniendus &#x017F;it conatus proximus</hi>. Lip&#x017F;. 1735 <hi rendition="#g">Klein-<lb/>
&#x017F;chrod</hi> <hi rendition="#i">ty&#x017F;t. Entw</hi>. Thl. I. §. 39 &#x2014; Oft haben aber<lb/>
ausdrückliche Ge&#x017F;etze den Ver&#x017F;uch dem Verbrechen<lb/>
gleichgeachtet.</note>. Die Ge-<lb/>
&#x017F;etze gebieten für den Ver&#x017F;uch willkührliche<lb/>
Strafe <note xml:id="note-0140" next="#note-0141" place="foot" n="**)">P. G. O. Art. 178. &#x201E;So &#x017F;ich jemand einer Mi&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
that (1) <hi rendition="#i">mit etlichen &#x017F;cheinlichen Werken</hi>, die zur Volien-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dung</fw></note>; die allgemeinen Principien be&#x017F;tim-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">men</fw><lb/></p>
                          </div>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0140] I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt. durch Dolus beſtimmte Culpa iſt in einem ge- ringen Grade ſtrafbar, weil in Rückſicht auf die zu beſtrafende Handlung kein Dolus vor- handen war. §. 144. Aus demſelben Hauptgrunde ergeben ſich die Stufen der Strafbarkeit der verſchiedenen Arten der Culpa. Nämlich 1) die höchſte Culpa hat den höchſten, 2) die mittlere einen gerin- geren, 3) die geringſte Culpa den geringſten Grad der Strafbarkeit. B. Nach Verſchiedenheit der äuſſern Wirkſamkeit zur Ueber- tretung. §. 145. I. Das unternommene Verbrechen iſt we- niger ſtrafbar, als das vollendete *). Die Ge- ſetze gebieten für den Verſuch willkührliche Strafe **); die allgemeinen Principien beſtim- men *) Mehrere, beſonders Filangieri Syſtem der Ge- ſetzgebung Bd. IV. S. 271. und Servin de la legisl. crim. L. I. Ch. Sect. 1. halten, aus Verwechslung des moraliſchen mit dem rechtlichen Stantpunkte den conatus proximus und das delictum perfectum für gleichſtrafbar mit dem Verſuch. Vergl. Traug. Thomaſius Diſſ. an poena delicti perfecti ordinaria puniendus ſit conatus proximus. Lipſ. 1735 Klein- ſchrod tyſt. Entw. Thl. I. §. 39 — Oft haben aber ausdrückliche Geſetze den Verſuch dem Verbrechen gleichgeachtet. **) P. G. O. Art. 178. „So ſich jemand einer Miſſe- that (1) mit etlichen ſcheinlichen Werken, die zur Volien- dung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/140
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/140>, abgerufen am 19.04.2024.