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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abschnitt.
§. 284.

Als Strafe droht das Gesetz dem Ver-
brecher die Strafe des Rads für Männer, des
Ertränkens für Weiber *). Der Grund, aus
welchem blosse Verletzung durch Gift dem
Morde selbst gleich geachtet wird, ist wohl
theils die Verworfenheit des Subjects, theils
die Grösse des Reitzes, die in der Hoffnung
nicht entdeckt zu werden liegt, theils die Grösse
der objectiven Gefährlichkeit, weil die Ver-
stecktheit des Mittels die That selbst erleichtert
und die Entdeckung des Thäters erschwert,
oder auch weil die Ausführung der Absicht,
durch Gift blos zu verletzen, sehr nahe an wirk-
liche Tödung gränzt.

§. 285.

Eine dolose Vergiftung ist vorhanden,
sowohl wenn die Absicht auf Tödung, als auch
wenn sie blos auf Verletzung gerichtet war **).

Nur,
Uebelkeit nicht einen Schaden an dem Leibe nennen
kann, die P. G. O. aber eine Beschädigung am Leibe
fodert.
*) P. G. O. ang. Art. Die Praxis nimmt bey bleiben-
dem Nachtheil für die Gesundheit das Schwerd; bey
einem vorübergehenden und heilbaren Schaden an
der Gesundheit, lebenswirige Festungs- oder Zucht-
hausstrafe an. Bey eintretenden Milderungsgrün-
den soll die Strafe bis zum zeitigen Gefängniss,
oder zum Zuchthaus auf 10 oder mehrere Jahre sin-
ken. Eisenhardt Erzählung bes. Rechtshändel.
Thl. VIII. Nr. 6 Kleins Annalen Bd. IX. Nr. 3.
Quistorp Thl. I. §. 264. Mit der Praxis stimmt
sehr überein das Preuss. Gesetzb. P. II. T. 20. §. 856. ff.
**) Denn die blosse Verletzung durch Gift wird der
Tödung durch Gift gleich gesetzt und es wird gar
nicht,
II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt.
§. 284.

Als Strafe droht das Geſetz dem Ver-
brecher die Strafe des Rads für Männer, des
Ertränkens für Weiber *). Der Grund, aus
welchem bloſse Verletzung durch Gift dem
Morde ſelbſt gleich geachtet wird, iſt wohl
theils die Verworfenheit des Subjects, theils
die Gröſse des Reitzes, die in der Hoffnung
nicht entdeckt zu werden liegt, theils die Gröſse
der objectiven Gefährlichkeit, weil die Ver-
ſtecktheit des Mittels die That ſelbſt erleichtert
und die Entdeckung des Thäters erſchwert,
oder auch weil die Ausführung der Abſicht,
durch Gift blos zu verletzen, ſehr nahe an wirk-
liche Tödung gränzt.

§. 285.

Eine doloſe Vergiftung iſt vorhanden,
ſowohl wenn die Abſicht auf Tödung, als auch
wenn ſie blos auf Verletzung gerichtet war **).

Nur,
Uebelkeit nicht einen Schaden an dem Leibe nennen
kann, die P. G. O. aber eine Beſchädigung am Leibe
fodert.
*) P. G. O. ang. Art. Die Praxis nimmt bey bleiben-
dem Nachtheil für die Geſundheit das Schwerd; bey
einem vorübergehenden und heilbaren Schaden an
der Geſundheit, lebenswirige Feſtungs- oder Zucht-
hausſtrafe an. Bey eintretenden Milderungsgrün-
den ſoll die Strafe bis zum zeitigen Gefängniſs,
oder zum Zuchthaus auf 10 oder mehrere Jahre ſin-
ken. Eiſenhardt Erzählung beſ. Rechtshändel.
Thl. VIII. Nr. 6 Kleins Annalen Bd. IX. Nr. 3.
Quiſtorp Thl. I. §. 264. Mit der Praxis ſtimmt
ſehr überein das Preuſs. Geſetzb. P. II. T. 20. §. 856. ff.
**) Denn die bloſse Verletzung durch Gift wird der
Tödung durch Gift gleich geſetzt und es wird gar
nicht,
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[220/0248] II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt. §. 284. Als Strafe droht das Geſetz dem Ver- brecher die Strafe des Rads für Männer, des Ertränkens für Weiber *). Der Grund, aus welchem bloſse Verletzung durch Gift dem Morde ſelbſt gleich geachtet wird, iſt wohl theils die Verworfenheit des Subjects, theils die Gröſse des Reitzes, die in der Hoffnung nicht entdeckt zu werden liegt, theils die Gröſse der objectiven Gefährlichkeit, weil die Ver- ſtecktheit des Mittels die That ſelbſt erleichtert und die Entdeckung des Thäters erſchwert, oder auch weil die Ausführung der Abſicht, durch Gift blos zu verletzen, ſehr nahe an wirk- liche Tödung gränzt. §. 285. Eine doloſe Vergiftung iſt vorhanden, ſowohl wenn die Abſicht auf Tödung, als auch wenn ſie blos auf Verletzung gerichtet war **). Nur, **) *) P. G. O. ang. Art. Die Praxis nimmt bey bleiben- dem Nachtheil für die Geſundheit das Schwerd; bey einem vorübergehenden und heilbaren Schaden an der Geſundheit, lebenswirige Feſtungs- oder Zucht- hausſtrafe an. Bey eintretenden Milderungsgrün- den ſoll die Strafe bis zum zeitigen Gefängniſs, oder zum Zuchthaus auf 10 oder mehrere Jahre ſin- ken. Eiſenhardt Erzählung beſ. Rechtshändel. Thl. VIII. Nr. 6 Kleins Annalen Bd. IX. Nr. 3. Quiſtorp Thl. I. §. 264. Mit der Praxis ſtimmt ſehr überein das Preuſs. Geſetzb. P. II. T. 20. §. 856. ff. **) Denn die bloſse Verletzung durch Gift wird der Tödung durch Gift gleich geſetzt und es wird gar nicht, **) Uebelkeit nicht einen Schaden an dem Leibe nennen kann, die P. G. O. aber eine Beſchädigung am Leibe fodert.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/248>, abgerufen am 29.03.2024.