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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abschnitt.
§. 295.

Mit Willen der Entführten geschieht dieses
Verbrechen, wenn die Person ohne Einwilligung
dessen entführt wird, dessen rechtlicher Ge-
walt sie unterworfen ist. Dies findet statt 1)
bey dem Eheweib in Beziehung auf ihren
Gatten 2) bey dem Kind in Beziehung auf den-
jenigen, der über dasselbe die väterliche Gewalt
hat
. Nicht also fehlende Einwilligung des
Vormunds des Curators *), der Mutter oder
des natürlichen Vaters **) macht Entführung.
An einer Person, die niemandes rechtlicher
Gewalt unterworfen ist, wird, wenn sie ein-
willigt, keine Entführung begangen ***).



§. 296.
nulli mulieri, sive nolenti sive volenti peccandi lo-
cus relinquetur: quia hoc ipsum velle mulierum ab
insidiis nequissimi hominis, qui meditatur rapinam,
inducitur. Nisi etenim eam sollicitaverit, nisi odio-
sis artibus circumvenerit, non faciet eam velle in
tantum dedecus sese prodere -- Hier ist nicht, wie
man aus den Worten und aus dem Zusammenhang
mit dem Vorhergehenden und Folgenden sieht, von
einer Entführung wider, sondern mit Wilden der
Person gegen den Willen ihrer Vorgesetzten die Rede.
Noch weniger aber kann man sich, wegen der gänz-
lichen Verschiedenheit des Falls und des Grundes
auf L. 3. §. 5. D. de libero homine exhibendo u. L. 1.
D. de servo corr. berufen.
*) Boehmer ad Carpz. Q. 40. obs. 3.
**) "Wider des Ehemanns oder des ehelichen Vaters
Willen". Art. 118. C. C. C. cf. Püttmann adv.
jur. univ
. L. II. C. 20. p. 202.
***) Einige, wie Matthaens L. XLVIII. T. IV. c. 2.
Nr. 18. 19 und Struv in Diss. jur. erim. IX. Nr.
18
II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt.
§. 295.

Mit Willen der Entführten geſchieht dieſes
Verbrechen, wenn die Perſon ohne Einwilligung
deſſen entführt wird, deſſen rechtlicher Ge-
walt ſie unterworfen iſt. Dies findet ſtatt 1)
bey dem Eheweib in Beziehung auf ihren
Gatten 2) bey dem Kind in Beziehung auf den-
jenigen, der über daſſelbe die väterliche Gewalt
hat
. Nicht alſo fehlende Einwilligung des
Vormunds des Curators *), der Mutter oder
des natürlichen Vaters **) macht Entführung.
An einer Perſon, die niemandes rechtlicher
Gewalt unterworfen iſt, wird, wenn ſie ein-
willigt, keine Entführung begangen ***).



§. 296.
nulli mulieri, ſive nolenti ſive volenti peccandi lo-
cus relinquetur: quia hoc ipſum velle mulierum ab
inſidiis nequiſſimi hominis, qui meditatur rapinam,
inducitur. Niſi etenim eam ſollicitaverit, niſi odio-
ſis artibus circumvenerit, non faciet eam velle in
tantum dedecus ſeſe prodere — Hier iſt nicht, wie
man aus den Worten und aus dem Zuſammenhang
mit dem Vorhergehenden und Folgenden ſieht, von
einer Entführung wider, ſondern mit Wilden der
Perſon gegen den Willen ihrer Vorgeſetzten die Rede.
Noch weniger aber kann man ſich, wegen der gänz-
lichen Verſchiedenheit des Falls und des Grundes
auf L. 3. §. 5. D. de libero homine exhibendo u. L. 1.
D. de ſervo corr. berufen.
*) Boehmer ad Carpz. Q. 40. obſ. 3.
**) „Wider des Ehemanns oder des ehelichen Vaters
Willen“. Art. 118. C. C. C. cf. Püttmann adv.
jur. univ
. L. II. C. 20. p. 202.
***) Einige, wie Matthaens L. XLVIII. T. IV. c. 2.
Nr. 18. 19 und Struv in Diſſ. jur. erim. IX. Nr.
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[228/0256] II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt. §. 295. Mit Willen der Entführten geſchieht dieſes Verbrechen, wenn die Perſon ohne Einwilligung deſſen entführt wird, deſſen rechtlicher Ge- walt ſie unterworfen iſt. Dies findet ſtatt 1) bey dem Eheweib in Beziehung auf ihren Gatten 2) bey dem Kind in Beziehung auf den- jenigen, der über daſſelbe die väterliche Gewalt hat. Nicht alſo fehlende Einwilligung des Vormunds des Curators *), der Mutter oder des natürlichen Vaters **) macht Entführung. An einer Perſon, die niemandes rechtlicher Gewalt unterworfen iſt, wird, wenn ſie ein- willigt, keine Entführung begangen ***). §. 296. **) *) Boehmer ad Carpz. Q. 40. obſ. 3. **) „Wider des Ehemanns oder des ehelichen Vaters Willen“. Art. 118. C. C. C. cf. Püttmann adv. jur. univ. L. II. C. 20. p. 202. ***) Einige, wie Matthaens L. XLVIII. T. IV. c. 2. Nr. 18. 19 und Struv in Diſſ. jur. erim. IX. Nr. 18 **) nulli mulieri, ſive nolenti ſive volenti peccandi lo- cus relinquetur: quia hoc ipſum velle mulierum ab inſidiis nequiſſimi hominis, qui meditatur rapinam, inducitur. Niſi etenim eam ſollicitaverit, niſi odio- ſis artibus circumvenerit, non faciet eam velle in tantum dedecus ſeſe prodere — Hier iſt nicht, wie man aus den Worten und aus dem Zuſammenhang mit dem Vorhergehenden und Folgenden ſieht, von einer Entführung wider, ſondern mit Wilden der Perſon gegen den Willen ihrer Vorgeſetzten die Rede. Noch weniger aber kann man ſich, wegen der gänz- lichen Verſchiedenheit des Falls und des Grundes auf L. 3. §. 5. D. de libero homine exhibendo u. L. 1. D. de ſervo corr. berufen.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/256>, abgerufen am 29.03.2024.