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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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Verbr. gegen d. freye Dispos. üb. d. Körp.
§. 296.

III. Die gesetzlich nothwendige Absicht
ist Befriedigung des Geschlechtstriebes. Ob aus-
sereheliche Befriedigung desselben oder ehe-
liche Gemeinschaft Absicht sey, ist gleich-
viel *). Selbst wer seine Braut, um mit ihr
die Ehe zu vollziehen, wider ihren Willen,
entführt, ist dieses Verbrechens schuldig **).

Blos
18. wollen das Gegentheil wegen der Worte des §.
2. G. de rapt. virg. huic poenae omnes subjaceant,
sive volentibus sive nolentibus-tale facinus fuerit pa-
tratum. -- Als wenn nicht "volentibus" sich auf den
Fall bezöge, wenn die Entführte der Gewalt eines
andern unterworfen ist.
*) Diejenigen Rechtslehr., welche blos aussereheliche Be-
friedigung des Geschlechtstriebes für nothwendig hal-
ten, berufen sich auf die Worte: "unehrlicher Weise" des
Art. 118 C. C. C. u. bedenken nicht, dass das unehr-
licher Weise auch auf den anzuwenden ist, dar auf
rechtswidrige Art einen an sich rechtmässigen Zweck
zu erreichen sucht und dass die L. un. C ausdrück-
lich den für Verbrecher erklärt, "qui hostili more sibi
matrimonium
conjungere studet."
**) L. un. C. de rapt. virg. "qui saltim sponsam suam per vim
rapere ausus sit" wo einige, der Theorie zu lieb,
sonst aber ohne allen Grund, entweder non-sua le-
sen", oder das sua ausstreichen wollen. Justinian
änderte dadurch das irühere Recht ab, nach wel-
chem man an seiner Braut keinen Raub beging. L.
1. C. Th. de raptu virginum. Das canonische Recht,
c. 49. C. 27. q. 2. -- c. 5. C. 36. q 2. ist zwar ge-
gen Justinian, kann aber hier, da sich die C. C C.
ausdrücklich blos auf das röm. R. beruft, nicht zur
Anwendung kommen. cf. Schorch (Henne)
Diss. de raptu sponsae. Erf. 1776. et in Opusc. Tom. I.
Nr. X.
Verbr. gegen d. freye Dispoſ. üb. d. Körp.
§. 296.

III. Die geſetzlich nothwendige Abſicht
iſt Befriedigung des Geſchlechtstriebes. Ob auſ-
ſereheliche Befriedigung deſſelben oder ehe-
liche Gemeinſchaft Abſicht ſey, iſt gleich-
viel *). Selbſt wer ſeine Braut, um mit ihr
die Ehe zu vollziehen, wider ihren Willen,
entführt, iſt dieſes Verbrechens ſchuldig **).

Blos
18. wollen das Gegentheil wegen der Worte des §.
2. G. de rapt. virg. huic poenae omnes ſubjaceant,
ſive volentibus ſive nolentibus-tale facinus fuerit pa-
tratum. — Als wenn nicht „volentibus“ ſich auf den
Fall bezöge, wenn die Entführte der Gewalt eines
andern unterworfen iſt.
*) Diejenigen Rechtslehr., welche blos auſſereheliche Be-
friedigung des Geſchlechtstriebes für nothwendig hal-
ten, berufen ſich auf die Worte: „unehrlicher Weiſe“ des
Art. 118 C. C. C. u. bedenken nicht, daſs das unehr-
licher Weiſe auch auf den anzuwenden iſt, dar auf
rechtswidrige Art einen an ſich rechtmäſsigen Zweck
zu erreichen ſucht und daſs die L. un. C ausdrück-
lich den für Verbrecher erklärt, „qui hoſtili more ſibi
matrimonium
conjungere ſtudet.“
**) L. un. C. de rapt. virg. „qui ſaltim ſponſam ſuam per vim
rapere auſus ſit“ wo einige, der Theorie zu lieb,
ſonſt aber ohne allen Grund, entweder non-ſua le-
ſen“, oder das ſua ausſtreichen wollen. Juſtinian
änderte dadurch das irühere Recht ab, nach wel-
chem man an ſeiner Braut keinen Raub beging. L.
1. C. Th. de raptu virginum. Das canoniſche Recht,
c. 49. C. 27. q. 2. — c. 5. C. 36. q 2. iſt zwar ge-
gen Juſtinian, kann aber hier, da ſich die C. C C.
ausdrücklich blos auf das röm. R. beruft, nicht zur
Anwendung kommen. cf. Schorch (Henne)
Diſſ. de raptu ſponſae. Erf. 1776. et in Opuſc. Tom. I.
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[229/0257] Verbr. gegen d. freye Dispoſ. üb. d. Körp. §. 296. III. Die geſetzlich nothwendige Abſicht iſt Befriedigung des Geſchlechtstriebes. Ob auſ- ſereheliche Befriedigung deſſelben oder ehe- liche Gemeinſchaft Abſicht ſey, iſt gleich- viel *). Selbſt wer ſeine Braut, um mit ihr die Ehe zu vollziehen, wider ihren Willen, entführt, iſt dieſes Verbrechens ſchuldig **). Blos ***) *) Diejenigen Rechtslehr., welche blos auſſereheliche Be- friedigung des Geſchlechtstriebes für nothwendig hal- ten, berufen ſich auf die Worte: „unehrlicher Weiſe“ des Art. 118 C. C. C. u. bedenken nicht, daſs das unehr- licher Weiſe auch auf den anzuwenden iſt, dar auf rechtswidrige Art einen an ſich rechtmäſsigen Zweck zu erreichen ſucht und daſs die L. un. C ausdrück- lich den für Verbrecher erklärt, „qui hoſtili more ſibi matrimonium conjungere ſtudet.“ **) L. un. C. de rapt. virg. „qui ſaltim ſponſam ſuam per vim rapere auſus ſit“ wo einige, der Theorie zu lieb, ſonſt aber ohne allen Grund, entweder non-ſua le- ſen“, oder das ſua ausſtreichen wollen. Juſtinian änderte dadurch das irühere Recht ab, nach wel- chem man an ſeiner Braut keinen Raub beging. L. 1. C. Th. de raptu virginum. Das canoniſche Recht, c. 49. C. 27. q. 2. — c. 5. C. 36. q 2. iſt zwar ge- gen Juſtinian, kann aber hier, da ſich die C. C C. ausdrücklich blos auf das röm. R. beruft, nicht zur Anwendung kommen. cf. Schorch (Henne) Diſſ. de raptu ſponſae. Erf. 1776. et in Opuſc. Tom. I. Nr. X. ***) 18. wollen das Gegentheil wegen der Worte des §. 2. G. de rapt. virg. huic poenae omnes ſubjaceant, ſive volentibus ſive nolentibus-tale facinus fuerit pa- tratum. — Als wenn nicht „volentibus“ ſich auf den Fall bezöge, wenn die Entführte der Gewalt eines andern unterworfen iſt.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/257>, abgerufen am 28.03.2024.