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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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Von der Competenz des peinlichen Gerichts.
§. 547.

B. Ein privilegirter Gerichtsstand
hängt nach dem gemeinen Rechte blos von
dem besondern Stand der Person ab *). Ei-
nen solchen Gerichtsstand haben 1) alle,
denen Landeshoheit zukommt, also auch die
Reichsritter **) vor den Reichsgerichten ***),
2) Gesandte vor den Gerichten ihres Princi-
pals, 3) Soldaten vor den militärischen Ge-
richten in Ansehung ihrer Dienstverbre-
chen ****), 4) Geistliche vor den geistlichen

Gerich-
R. kennt auch in Etwas das forum deprehensionis;
und wie denn, wenn nur das forum domicilii und
das forum deprehensionis, nach der oben §. 544. ange-
gebenen Bestimmung mit einander concurriren?
3) Stehen die collidirenden drey Gerichte unter ver-
schiedenen Landesherrn, dann soll die Ergreifung, Vor-
zug bewirken. Richtig: aber wieder nicht erschö-
fpend. Wie wenn das forum domicilii und delicti con-
curriren? -- Wir müssen uns an die allgemeine Regeln,
und zwar an die obigen halten. Dass Partikularge-
setze anders entscheiden können, ändert nichts.
*) Das forum priv. rat. loci (s. Bochmer ad
Carpzov Q. 110. Obs. 5.) ist blos particularrecht-
lich und das angebliche for. priv. rat. causae, wel-
ches man über die Majestätsverlezung annimmt,
hat obenfalls in dem gemeinen Recht keinen Grund.
S. §. 210. Not. ***).
**) Meister Einl. S. 689. ff.
***) s. Moser von der deutschen Iustizverfassung. Bd. II.
Cap. 2. §. 16.
****) L. 2. 3. pr. D. de re mil. L. 9. D. de cust. et.
exhib. reor
. Nov. 8. c. 12.
Von der Competenz des peinlichen Gerichts.
§. 547.

B. Ein privilegirter Gerichtsſtand
hängt nach dem gemeinen Rechte blos von
dem beſondern Stand der Perſon ab *). Ei-
nen ſolchen Gerichtsſtand haben 1) alle,
denen Landeshoheit zukommt, alſo auch die
Reichsritter **) vor den Reichsgerichten ***),
2) Geſandte vor den Gerichten ihres Princi-
pals, 3) Soldaten vor den militäriſchen Ge-
richten in Anſehung ihrer Dienſtverbre-
chen ****), 4) Geiſtliche vor den geiſtlichen

Gerich-
R. kennt auch in Etwas das forum deprehenſionis;
und wie denn, wenn nur das forum domicilii und
das forum deprehenſionis, nach der oben §. 544. ange-
gebenen Beſtimmung mit einander concurriren?
3) Stehen die collidirenden drey Gerichte unter ver-
ſchiedenen Landesherrn, dann ſoll die Ergreifung, Vor-
zug bewirken. Richtig: aber wieder nicht erſchö-
fpend. Wie wenn das forum domicilii und delicti con-
curriren? — Wir müſſen uns an die allgemeine Regeln,
und zwar an die obigen halten. Daſs Partikularge-
ſetze anders entſcheiden können, ändert nichts.
*) Das forum priv. rat. loci (ſ. Bochmer ad
Carpzov Q. 110. Obſ. 5.) iſt blos particularrecht-
lich und das angebliche for. priv. rat. cauſae, wel-
ches man über die Majeſtätsverlezung annimmt,
hat obenfalls in dem gemeinen Recht keinen Grund.
S. §. 210. Not. ***).
**) Meiſter Einl. S. 689. ff.
***) ſ. Moſer von der deutſchen Iuſtizverfaſſung. Bd. II.
Cap. 2. §. 16.
****) L. 2. 3. pr. D. de re mil. L. 9. D. de cuſt. et.
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. Nov. 8. c. 12.
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[439/0467] Von der Competenz des peinlichen Gerichts. §. 547. B. Ein privilegirter Gerichtsſtand hängt nach dem gemeinen Rechte blos von dem beſondern Stand der Perſon ab *). Ei- nen ſolchen Gerichtsſtand haben 1) alle, denen Landeshoheit zukommt, alſo auch die Reichsritter **) vor den Reichsgerichten ***), 2) Geſandte vor den Gerichten ihres Princi- pals, 3) Soldaten vor den militäriſchen Ge- richten in Anſehung ihrer Dienſtverbre- chen ****), 4) Geiſtliche vor den geiſtlichen Gerich- ****) *) Das forum priv. rat. loci (ſ. Bochmer ad Carpzov Q. 110. Obſ. 5.) iſt blos particularrecht- lich und das angebliche for. priv. rat. cauſae, wel- ches man über die Majeſtätsverlezung annimmt, hat obenfalls in dem gemeinen Recht keinen Grund. S. §. 210. Not. ***). **) Meiſter Einl. S. 689. ff. ***) ſ. Moſer von der deutſchen Iuſtizverfaſſung. Bd. II. Cap. 2. §. 16. ****) L. 2. 3. pr. D. de re mil. L. 9. D. de cuſt. et. exhib. reor. Nov. 8. c. 12. ****) R. kennt auch in Etwas das forum deprehenſionis; und wie denn, wenn nur das forum domicilii und das forum deprehenſionis, nach der oben §. 544. ange- gebenen Beſtimmung mit einander concurriren? 3) Stehen die collidirenden drey Gerichte unter ver- ſchiedenen Landesherrn, dann ſoll die Ergreifung, Vor- zug bewirken. Richtig: aber wieder nicht erſchö- fpend. Wie wenn das forum domicilii und delicti con- curriren? — Wir müſſen uns an die allgemeine Regeln, und zwar an die obigen halten. Daſs Partikularge- ſetze anders entſcheiden können, ändert nichts.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/467>, abgerufen am 19.04.2024.