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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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Von d. Mitt. ein Geständn. d. Verbr. zu bewirk.
kulargesetze haben sie entweder aufgehoben
oder gemildert.

§. 614.

Die Observanz nimmt drey Grade der
Tortur an. Die Bestimmung derselben ist
aber verschieden, nach den verschiedenen
Territorien. Eben so wenig hat das gemeine
Recht die bey der Marter anzuwendenden In-
strumente bestimmt. Eine Stunde ist nach der
Praxis die längste Dauer der Tortur *).

1. Mündlich von den in Deutschland gebräuch-
lichen Torturinstrumenten Heil judex et defensor.
C. 5. §. 50. S. 253 C. U. Grupen Observatio jur.
crim de applicatione tormemorum.
Hannov. 1754.
2. Von der Procedur bey Anwendung der Marter.
§. 615.

Wenn der Angeschuldigte, ohne zu be-
kennen, die Marter übersteht, so werden alle
Indicien getilgt und er ist juridisch für unschul-
dig zu halten **). Gesteht er nachher dennoch,
so kann er gestraft werden ***).

§. 616.

Die während des Folterns gethane Aussage
ist ohne alles Gewicht. Der Angeschuldigte
darf daher in dieser Zeit nicht speciell gefragt,

und
*) Boehmer ad Art. 58. C. C. C. §. 2.
**) P. G. O. Art. 61.
***) I. F. Rivinus Diss. de effectu confessionis superatis
tormentis sponte factae.
Lips. 1739.
H h 2

Von d. Mitt. ein Geſtändn. d. Verbr. zu bewirk.
kulargeſetze haben ſie entweder aufgehoben
oder gemildert.

§. 614.

Die Obſervanz nimmt drey Grade der
Tortur an. Die Beſtimmung derſelben iſt
aber verſchieden, nach den verſchiedenen
Territorien. Eben ſo wenig hat das gemeine
Recht die bey der Marter anzuwendenden In-
ſtrumente beſtimmt. Eine Stunde iſt nach der
Praxis die längſte Dauer der Tortur *).

1. Mündlich von den in Deutſchland gebräuch-
lichen Torturinſtrumenten Heil judex et defenſor.
C. 5. §. 50. S. 253 C. U. Grupen Obſervatio jur.
crim de applicatione tormemorum.
Hannov. 1754.
2. Von der Procedur bey Anwendung der Marter.
§. 615.

Wenn der Angeſchuldigte, ohne zu be-
kennen, die Marter überſteht, ſo werden alle
Indicien getilgt und er iſt juridiſch für unſchul-
dig zu halten **). Geſteht er nachher dennoch,
ſo kann er geſtraft werden ***).

§. 616.

Die während des Folterns gethane Ausſage
iſt ohne alles Gewicht. Der Angeſchuldigte
darf daher in dieſer Zeit nicht ſpeciell gefragt,

und
*) Boehmer ad Art. 58. C. C. C. §. 2.
**) P. G. O. Art. 61.
***) I. F. Rivinus Diſſ. de effectu confeſſionis ſuperatis
tormentis ſponte factae.
Lipſ. 1739.
H h 2
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[483/0511] Von d. Mitt. ein Geſtändn. d. Verbr. zu bewirk. kulargeſetze haben ſie entweder aufgehoben oder gemildert. §. 614. Die Obſervanz nimmt drey Grade der Tortur an. Die Beſtimmung derſelben iſt aber verſchieden, nach den verſchiedenen Territorien. Eben ſo wenig hat das gemeine Recht die bey der Marter anzuwendenden In- ſtrumente beſtimmt. Eine Stunde iſt nach der Praxis die längſte Dauer der Tortur *). 1. Mündlich von den in Deutſchland gebräuch- lichen Torturinſtrumenten Heil judex et defenſor. C. 5. §. 50. S. 253 C. U. Grupen Obſervatio jur. crim de applicatione tormemorum. Hannov. 1754. 2. Von der Procedur bey Anwendung der Marter. §. 615. Wenn der Angeſchuldigte, ohne zu be- kennen, die Marter überſteht, ſo werden alle Indicien getilgt und er iſt juridiſch für unſchul- dig zu halten **). Geſteht er nachher dennoch, ſo kann er geſtraft werden ***). §. 616. Die während des Folterns gethane Ausſage iſt ohne alles Gewicht. Der Angeſchuldigte darf daher in dieſer Zeit nicht ſpeciell gefragt, und *) Boehmer ad Art. 58. C. C. C. §. 2. **) P. G. O. Art. 61. ***) I. F. Rivinus Diſſ. de effectu confeſſionis ſuperatis tormentis ſponte factae. Lipſ. 1739. H h 2

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/511>, abgerufen am 28.03.2024.