Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Dritte Rede.


Fortsetzung der Schilderung der neuen
Erziehung.

Das eigentliche Wesen der in Vorschlag
gebrachten neuen Erziehung, inwiefern die¬
selbe in der vorigen Rede beschrieben wor¬
den, bestand darin, daß sie die besonnene und
sichere Kunst sey, den Zögling zu reiner Sitt¬
lichkeit zu bilden. Zu reiner Sittlichkeit, sagte
ich; die Sittlichkeit, zu der sie erziehet, stehet
als ein erstes, unabhängiges, und selbstständi¬
ges da, das aus sich selber lebet sein eigenes
Leben; keinesweges aber, so wie die bisher
oft beabsichtigte Gesetzmäßigkeit angeknüpft ist,
und eingeimpft, einem andern nicht sittlichen
Triebe, dessen Befriedigung es diene. Sie ist
die besonnene und sichere Kunst dieser sittlichen
Erziehung, sagte ich. Sie schreitet nicht

F

Dritte Rede.


Fortsetzung der Schilderung der neuen
Erziehung.

Das eigentliche Weſen der in Vorſchlag
gebrachten neuen Erziehung, inwiefern die¬
ſelbe in der vorigen Rede beſchrieben wor¬
den, beſtand darin, daß ſie die beſonnene und
ſichere Kunſt ſey, den Zoͤgling zu reiner Sitt¬
lichkeit zu bilden. Zu reiner Sittlichkeit, ſagte
ich; die Sittlichkeit, zu der ſie erziehet, ſtehet
als ein erſtes, unabhaͤngiges, und ſelbſtſtaͤndi¬
ges da, das aus ſich ſelber lebet ſein eigenes
Leben; keinesweges aber, ſo wie die bisher
oft beabſichtigte Geſetzmaͤßigkeit angeknuͤpft iſt,
und eingeimpft, einem andern nicht ſittlichen
Triebe, deſſen Befriedigung es diene. Sie iſt
die beſonnene und ſichere Kunſt dieſer ſittlichen
Erziehung, ſagte ich. Sie ſchreitet nicht

F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0087" n="81"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Dritte Rede.</hi><lb/>
        </head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <argument>
          <p> <hi rendition="#g">Fortsetzung der Schilderung der neuen<lb/>
Erziehung.</hi><lb/>
          </p>
        </argument>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>as eigentliche We&#x017F;en der in Vor&#x017F;chlag<lb/>
gebrachten neuen Erziehung, inwiefern die¬<lb/>
&#x017F;elbe in der vorigen Rede be&#x017F;chrieben wor¬<lb/>
den, be&#x017F;tand darin, daß &#x017F;ie die be&#x017F;onnene und<lb/>
&#x017F;ichere Kun&#x017F;t &#x017F;ey, den Zo&#x0364;gling zu reiner Sitt¬<lb/>
lichkeit zu bilden. Zu reiner Sittlichkeit, &#x017F;agte<lb/>
ich; die Sittlichkeit, zu der &#x017F;ie erziehet, &#x017F;tehet<lb/>
als ein er&#x017F;tes, unabha&#x0364;ngiges, und &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndi¬<lb/>
ges da, das aus &#x017F;ich &#x017F;elber lebet &#x017F;ein eigenes<lb/>
Leben; keinesweges aber, &#x017F;o wie die bisher<lb/>
oft beab&#x017F;ichtigte Ge&#x017F;etzma&#x0364;ßigkeit angeknu&#x0364;pft i&#x017F;t,<lb/>
und eingeimpft, einem andern nicht &#x017F;ittlichen<lb/>
Triebe, de&#x017F;&#x017F;en Befriedigung es diene. Sie i&#x017F;t<lb/>
die be&#x017F;onnene und &#x017F;ichere Kun&#x017F;t die&#x017F;er &#x017F;ittlichen<lb/>
Erziehung, &#x017F;agte ich. Sie &#x017F;chreitet nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0087] Dritte Rede. Fortsetzung der Schilderung der neuen Erziehung. Das eigentliche Weſen der in Vorſchlag gebrachten neuen Erziehung, inwiefern die¬ ſelbe in der vorigen Rede beſchrieben wor¬ den, beſtand darin, daß ſie die beſonnene und ſichere Kunſt ſey, den Zoͤgling zu reiner Sitt¬ lichkeit zu bilden. Zu reiner Sittlichkeit, ſagte ich; die Sittlichkeit, zu der ſie erziehet, ſtehet als ein erſtes, unabhaͤngiges, und ſelbſtſtaͤndi¬ ges da, das aus ſich ſelber lebet ſein eigenes Leben; keinesweges aber, ſo wie die bisher oft beabſichtigte Geſetzmaͤßigkeit angeknuͤpft iſt, und eingeimpft, einem andern nicht ſittlichen Triebe, deſſen Befriedigung es diene. Sie iſt die beſonnene und ſichere Kunſt dieſer ſittlichen Erziehung, ſagte ich. Sie ſchreitet nicht F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/87
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/87>, abgerufen am 19.04.2024.