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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von denen wilden Thieren.
[Spaltenumbruch] nehmen sie die Alten des Nachts mit aus
auf die nechsten Graß-Plätze im Walde:
Sie graben mit ihren langen Klauen
und spitzigen Nasen die kleinen Wur-
tzeln von allerhand Kräutern aus, fres-
sen gerne die schwartzen Käfer unterm
Küh-Fladen, Schnecken und ander Ge-
würm; Sonderlich aber gehen sie des
Nachts gerne auff die Rüben und
Möhren: Wo die Dächse Friede haben,
wohnen in einer Gegend etliche Paar.
Jhren Bau haben sie gerne gegen den
Mittag, daß die Sonne in die Röhre schei-
nen und sie darinnen wärmen könne.
Jm andern Jahr kommen die jungen
Dächse zu ihrer Vollkommenheit. Sie
leben nicht über zwantzig Jahr und wer-
den im Alter meist blind, daß sie nicht
mehr fortkönnen, wiewohl auch öffters
junge Dachse, von zwey Jahren alt, am
hellen Tage in solchem blinden Exilio an-
getroffen werden, daher zu muthmassen,
daß sie sehr dazu geneigt seyn müssen.
Sie haben ein scharffes Gebiß mit Fang-
Zähnen, wie die Hunde, wormit sie sich
sehr wehren und in Geschwindigkeit um
sich beissen. Wann es trübe Wetter ist,
gehen sie am liebsten aus, weiln sie sich
im Mondenschein vor ihrem eigenen
Schatten fürchten, zum wenigsten wan-
deln sie doch im Holtze, da es finster ist
und gehen ziemlich späth heraus, suchen
ihre Nahrung unter denen wilden Obst-
Bäumen, Eicheln und Buch-Mast, dar-
von sie feist werden und wandeln vor
Tage mit grosser Mühe wiederumb zu
dem Bau. Wann des Früh-Jahrs,
wie bereits gemeldet, die Füchse räudig
werden, so stecken sie darmit die Dächse
an, es setzet sodann grossen Streit, biß
einer dem andern weichen muß und ins-
gemein der Fuchs den Dachs durch Ge-
stanck und Unflath so lange plaget, biß
dieser ausziehet. Des Dachses Ausgang
währet biß in November, so lange Rü-
ben und Kohl im Felde sind, oder Ei-
cheln und Buchen gefunden werden, und
es so lange gelinde Wetter bleibet; Wann
es aber frieret, gehet er nicht mehr aus,
sondern begiebet sich in den Bau, bleibet
den gantzen Winter über darinnen,
und sauget sein Fett durch ein besonde-
res Sauge-Loch wiederumb vom Leibe,
biß umb Lichtmesse, nach der alten Zeit
zu rechnen, dann gehet er wieder aus,
und suchet die überbliebene Mast unter
dem Laub hervor. Es ist recht zu ver-
wundern, daß die Natur diesem Thier
[Spaltenumbruch] solch Sauge-Loch absonderlich verord-
net, daß sie im Winter ihre spitzige Na-
se unterwärts zwischen denen Hinter-
Beinen, biß an die Augen hinein stecken
und davon ihre Sättigung haben, wie
der Bär an denen Tatzen. Sie sind
so listig, daß, sobald sie mercken, daß
Hunde in ihren Bau kommen, sie die Erd
hinter sich verkratzen und zurammlen;
Wann sie aber an solchem Ort zu offte
gestöhret werden, weichen sie da weg.
Sie haben eine harte Natur und sind
von kalter Eigenschafft, graben mit de-
nen Klauen vor sich creutzweiß, mit wun-
derlicher Geschwindigkeit. Man hält da-
vor, es sollen zweyerley Art Dächse seyn,
als Hunds-Dächse und Schwein-Däch-
se; Die Hunde-Dächse haben spitzigere
Mäuler, sind grösser von Leibe und ha-
ben eine längere Nase, sind fetter und
weißlicht von Farbe, auch stärcker von
Haare. Die Schwein-Dächse hinge-
gen haben kürtzere Mäuler, schwärtzere
Haare, der Kopff ist in der mitten
schwartz, beyde Wangen weiß und etwas
gelblicht an der Gurgel, Nasen und Oh-
ren, wohnen gerne in festem und hartem
Erdreich, sind nicht so groß, als die an-
dern und wohnen nimmer beysammen,
sondern weit von einander; Jngleichen
wann die Schwein-Dächse das Gelohs
von sich geben, graben sie ein Grüblein,
haben auch etwas höhere Läuffte. Wo
die kleinen Ferckel in Mast-Zeiten ge-
worffen werden, oder die Carnickelgen
ihnen nahe kommen, thun sie darunter
Schaden und schleppen sie nach ihrem
Bau, wie auch junge Vögel und derglei-
chen, dahero sie in etwas unter die Raub-
Thiere zu zehlen sind. Jhr Wildprät
und Fleisch, so es eingeweichet und ge-
wässert, ist vom Geschmack weich und
süßlich, als zahmes Hühner-Fleisch und
wird gar öffters von Leuten gegessen,
wiewohl es zu Flüssen sehr geneigt ist.
Das Schmaltz oder Dachs-Fett ist eine
gute innerliche Heyl-Salbe, vor die zer-
brochenen Glieder zu gebrauchen, ma-
chet auch gleich dem Bären-Schmaltz ei-
nen grauen Bart und Haare wachsen;
Der Schweiß wird in der Apothec zu
einer herrlichen Medicin verbrauchet und
daraus wider die Contagion oder pesti-
lentzische Seuche ein gewisser Mithridat
nebst andern speciebus herrlich elabori-
r
et. Wann die Dächse jung und noch
klein sind, können sie wohl aufer zogen
werden und sind sodann gar artlich, wer-

den
P 2

Von denen wilden Thieren.
[Spaltenumbruch] nehmen ſie die Alten des Nachts mit aus
auf die nechſten Graß-Plaͤtze im Walde:
Sie graben mit ihren langen Klauen
und ſpitzigen Naſen die kleinen Wur-
tzeln von allerhand Kraͤutern aus, freſ-
ſen gerne die ſchwartzen Kaͤfer unterm
Kuͤh-Fladen, Schnecken und ander Ge-
wuͤrm; Sonderlich aber gehen ſie des
Nachts gerne auff die Ruͤben und
Moͤhren: Wo die Daͤchſe Friede haben,
wohnen in einer Gegend etliche Paar.
Jhren Bau haben ſie gerne gegen den
Mittag, daß die Sonne in die Roͤhre ſchei-
nen und ſie darinnen waͤrmen koͤnne.
Jm andern Jahr kommen die jungen
Daͤchſe zu ihrer Vollkommenheit. Sie
leben nicht uͤber zwantzig Jahr und wer-
den im Alter meiſt blind, daß ſie nicht
mehr fortkoͤnnen, wiewohl auch oͤffters
junge Dachſe, von zwey Jahren alt, am
hellen Tage in ſolchem blinden Exilio an-
getroffen werden, daher zu muthmaſſen,
daß ſie ſehr dazu geneigt ſeyn muͤſſen.
Sie haben ein ſcharffes Gebiß mit Fang-
Zaͤhnen, wie die Hunde, wormit ſie ſich
ſehr wehren und in Geſchwindigkeit um
ſich beiſſen. Wann es truͤbe Wetter iſt,
gehen ſie am liebſten aus, weiln ſie ſich
im Mondenſchein vor ihrem eigenen
Schatten fuͤrchten, zum wenigſten wan-
deln ſie doch im Holtze, da es finſter iſt
und gehen ziemlich ſpaͤth heraus, ſuchen
ihre Nahrung unter denen wilden Obſt-
Baͤumen, Eicheln und Buch-Maſt, dar-
von ſie feiſt werden und wandeln vor
Tage mit groſſer Muͤhe wiederumb zu
dem Bau. Wann des Fruͤh-Jahrs,
wie bereits gemeldet, die Fuͤchſe raͤudig
werden, ſo ſtecken ſie darmit die Daͤchſe
an, es ſetzet ſodann groſſen Streit, biß
einer dem andern weichen muß und ins-
gemein der Fuchs den Dachs durch Ge-
ſtanck und Unflath ſo lange plaget, biß
dieſer ausziehet. Des Dachſes Ausgang
waͤhret biß in November, ſo lange Ruͤ-
ben und Kohl im Felde ſind, oder Ei-
cheln und Buchen gefunden werden, und
es ſo lange gelinde Wetter bleibet; Wann
es aber frieret, gehet er nicht mehr aus,
ſondern begiebet ſich in den Bau, bleibet
den gantzen Winter uͤber darinnen,
und ſauget ſein Fett durch ein beſonde-
res Sauge-Loch wiederumb vom Leibe,
biß umb Lichtmeſſe, nach der alten Zeit
zu rechnen, dann gehet er wieder aus,
und ſuchet die uͤberbliebene Maſt unter
dem Laub hervor. Es iſt recht zu ver-
wundern, daß die Natur dieſem Thier
[Spaltenumbruch] ſolch Sauge-Loch abſonderlich verord-
net, daß ſie im Winter ihre ſpitzige Na-
ſe unterwaͤrts zwiſchen denen Hinter-
Beinen, biß an die Augen hinein ſtecken
und davon ihre Saͤttigung haben, wie
der Baͤr an denen Tatzen. Sie ſind
ſo liſtig, daß, ſobald ſie mercken, daß
Hunde in ihren Bau kommen, ſie die Erd
hinter ſich verkratzen und zurammlen;
Wann ſie aber an ſolchem Ort zu offte
geſtoͤhret werden, weichen ſie da weg.
Sie haben eine harte Natur und ſind
von kalter Eigenſchafft, graben mit de-
nen Klauen vor ſich creutzweiß, mit wun-
derlicher Geſchwindigkeit. Man haͤlt da-
vor, es ſollen zweyerley Art Daͤchſe ſeyn,
als Hunds-Daͤchſe und Schwein-Daͤch-
ſe; Die Hunde-Daͤchſe haben ſpitzigere
Maͤuler, ſind groͤſſer von Leibe und ha-
ben eine laͤngere Naſe, ſind fetter und
weißlicht von Farbe, auch ſtaͤrcker von
Haare. Die Schwein-Daͤchſe hinge-
gen haben kuͤrtzere Maͤuler, ſchwaͤrtzere
Haare, der Kopff iſt in der mitten
ſchwartz, beyde Wangen weiß und etwas
gelblicht an der Gurgel, Naſen und Oh-
ren, wohnen gerne in feſtem und hartem
Erdreich, ſind nicht ſo groß, als die an-
dern und wohnen nimmer beyſammen,
ſondern weit von einander; Jngleichen
wann die Schwein-Daͤchſe das Gelohs
von ſich geben, graben ſie ein Gruͤblein,
haben auch etwas hoͤhere Laͤuffte. Wo
die kleinen Ferckel in Maſt-Zeiten ge-
worffen werden, oder die Carnickelgen
ihnen nahe kommen, thun ſie darunter
Schaden und ſchleppen ſie nach ihrem
Bau, wie auch junge Voͤgel und derglei-
chen, dahero ſie in etwas unter die Raub-
Thiere zu zehlen ſind. Jhr Wildpraͤt
und Fleiſch, ſo es eingeweichet und ge-
waͤſſert, iſt vom Geſchmack weich und
ſuͤßlich, als zahmes Huͤhner-Fleiſch und
wird gar oͤffters von Leuten gegeſſen,
wiewohl es zu Fluͤſſen ſehr geneigt iſt.
Das Schmaltz oder Dachs-Fett iſt eine
gute innerliche Heyl-Salbe, vor die zer-
brochenen Glieder zu gebrauchen, ma-
chet auch gleich dem Baͤren-Schmaltz ei-
nen grauen Bart und Haare wachſen;
Der Schweiß wird in der Apothec zu
einer herrlichen Medicin verbrauchet und
daraus wider die Contagion oder peſti-
lentziſche Seuche ein gewiſſer Mithridat
nebſt andern ſpeciebus herrlich elabori-
r
et. Wann die Daͤchſe jung und noch
klein ſind, koͤnnen ſie wohl aufer zogen
werden und ſind ſodann gar artlich, wer-

den
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[115/0215] Von denen wilden Thieren. nehmen ſie die Alten des Nachts mit aus auf die nechſten Graß-Plaͤtze im Walde: Sie graben mit ihren langen Klauen und ſpitzigen Naſen die kleinen Wur- tzeln von allerhand Kraͤutern aus, freſ- ſen gerne die ſchwartzen Kaͤfer unterm Kuͤh-Fladen, Schnecken und ander Ge- wuͤrm; Sonderlich aber gehen ſie des Nachts gerne auff die Ruͤben und Moͤhren: Wo die Daͤchſe Friede haben, wohnen in einer Gegend etliche Paar. Jhren Bau haben ſie gerne gegen den Mittag, daß die Sonne in die Roͤhre ſchei- nen und ſie darinnen waͤrmen koͤnne. Jm andern Jahr kommen die jungen Daͤchſe zu ihrer Vollkommenheit. Sie leben nicht uͤber zwantzig Jahr und wer- den im Alter meiſt blind, daß ſie nicht mehr fortkoͤnnen, wiewohl auch oͤffters junge Dachſe, von zwey Jahren alt, am hellen Tage in ſolchem blinden Exilio an- getroffen werden, daher zu muthmaſſen, daß ſie ſehr dazu geneigt ſeyn muͤſſen. Sie haben ein ſcharffes Gebiß mit Fang- Zaͤhnen, wie die Hunde, wormit ſie ſich ſehr wehren und in Geſchwindigkeit um ſich beiſſen. Wann es truͤbe Wetter iſt, gehen ſie am liebſten aus, weiln ſie ſich im Mondenſchein vor ihrem eigenen Schatten fuͤrchten, zum wenigſten wan- deln ſie doch im Holtze, da es finſter iſt und gehen ziemlich ſpaͤth heraus, ſuchen ihre Nahrung unter denen wilden Obſt- Baͤumen, Eicheln und Buch-Maſt, dar- von ſie feiſt werden und wandeln vor Tage mit groſſer Muͤhe wiederumb zu dem Bau. Wann des Fruͤh-Jahrs, wie bereits gemeldet, die Fuͤchſe raͤudig werden, ſo ſtecken ſie darmit die Daͤchſe an, es ſetzet ſodann groſſen Streit, biß einer dem andern weichen muß und ins- gemein der Fuchs den Dachs durch Ge- ſtanck und Unflath ſo lange plaget, biß dieſer ausziehet. Des Dachſes Ausgang waͤhret biß in November, ſo lange Ruͤ- ben und Kohl im Felde ſind, oder Ei- cheln und Buchen gefunden werden, und es ſo lange gelinde Wetter bleibet; Wann es aber frieret, gehet er nicht mehr aus, ſondern begiebet ſich in den Bau, bleibet den gantzen Winter uͤber darinnen, und ſauget ſein Fett durch ein beſonde- res Sauge-Loch wiederumb vom Leibe, biß umb Lichtmeſſe, nach der alten Zeit zu rechnen, dann gehet er wieder aus, und ſuchet die uͤberbliebene Maſt unter dem Laub hervor. Es iſt recht zu ver- wundern, daß die Natur dieſem Thier ſolch Sauge-Loch abſonderlich verord- net, daß ſie im Winter ihre ſpitzige Na- ſe unterwaͤrts zwiſchen denen Hinter- Beinen, biß an die Augen hinein ſtecken und davon ihre Saͤttigung haben, wie der Baͤr an denen Tatzen. Sie ſind ſo liſtig, daß, ſobald ſie mercken, daß Hunde in ihren Bau kommen, ſie die Erd hinter ſich verkratzen und zurammlen; Wann ſie aber an ſolchem Ort zu offte geſtoͤhret werden, weichen ſie da weg. Sie haben eine harte Natur und ſind von kalter Eigenſchafft, graben mit de- nen Klauen vor ſich creutzweiß, mit wun- derlicher Geſchwindigkeit. Man haͤlt da- vor, es ſollen zweyerley Art Daͤchſe ſeyn, als Hunds-Daͤchſe und Schwein-Daͤch- ſe; Die Hunde-Daͤchſe haben ſpitzigere Maͤuler, ſind groͤſſer von Leibe und ha- ben eine laͤngere Naſe, ſind fetter und weißlicht von Farbe, auch ſtaͤrcker von Haare. Die Schwein-Daͤchſe hinge- gen haben kuͤrtzere Maͤuler, ſchwaͤrtzere Haare, der Kopff iſt in der mitten ſchwartz, beyde Wangen weiß und etwas gelblicht an der Gurgel, Naſen und Oh- ren, wohnen gerne in feſtem und hartem Erdreich, ſind nicht ſo groß, als die an- dern und wohnen nimmer beyſammen, ſondern weit von einander; Jngleichen wann die Schwein-Daͤchſe das Gelohs von ſich geben, graben ſie ein Gruͤblein, haben auch etwas hoͤhere Laͤuffte. Wo die kleinen Ferckel in Maſt-Zeiten ge- worffen werden, oder die Carnickelgen ihnen nahe kommen, thun ſie darunter Schaden und ſchleppen ſie nach ihrem Bau, wie auch junge Voͤgel und derglei- chen, dahero ſie in etwas unter die Raub- Thiere zu zehlen ſind. Jhr Wildpraͤt und Fleiſch, ſo es eingeweichet und ge- waͤſſert, iſt vom Geſchmack weich und ſuͤßlich, als zahmes Huͤhner-Fleiſch und wird gar oͤffters von Leuten gegeſſen, wiewohl es zu Fluͤſſen ſehr geneigt iſt. Das Schmaltz oder Dachs-Fett iſt eine gute innerliche Heyl-Salbe, vor die zer- brochenen Glieder zu gebrauchen, ma- chet auch gleich dem Baͤren-Schmaltz ei- nen grauen Bart und Haare wachſen; Der Schweiß wird in der Apothec zu einer herrlichen Medicin verbrauchet und daraus wider die Contagion oder peſti- lentziſche Seuche ein gewiſſer Mithridat nebſt andern ſpeciebus herrlich elabori- ret. Wann die Daͤchſe jung und noch klein ſind, koͤnnen ſie wohl aufer zogen werden und ſind ſodann gar artlich, wer- den P 2

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/215>, abgerufen am 29.03.2024.