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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] innerliche Natur und Eigenschafft dem
Leben nach aus dem Grund verstehe,
und dieselben an ihrer Spuhr und Ge-
fährde als ein Jäger erkenne, sondern
auch in der Anatomie solcher wilden Thie-
re wohl versiret sey, auf daß er mit desto
reifferm Judicio, was diesem oder jenem
Thiere zur Nahrung schädlich oder nütz-
lich, mithin zur Vermehrung beförder-
lich oder hinderlich seyn möchte, desto bes-
ser zu urtheilen wisse, wiewohl deren
wenig anzutreffen, und die meisten solches
als ein unnöthiges Ding nicht achten.
Es wird ein Häge-Reuter nicht weit von
einer Herrschafftlichen Residence deswe-
gen geordnet, daß er die Gehäge täglich
fleißig bereute und daß das an demselbi-
gen Orte geschonete Wild vor andern sei-
ne Ruhe behalten möge, besorge. Was
nun ein Gehäge betrifft und was hier-
unter verstanden werde, ingleichen
wie die benöthigten Saltz-Lecken, Heu-
Scheunen u. Wild-Aecker bey vorfallen-
der harter Winters-Zeit anzulegen, so-
wohl wie die Feld-Nahrung des Wildes
genau zu observiren sey, habe ich bereits
oben gezeiget, dahin ich den geneigten Le-
ser gewiesen haben will. Maassen hier
wiederumb alles anzuführen und ver-
botenus
zu repetiren, zu weitläufftig fal-
len würde. Die Function eines Häge-
Reuters erfordert, Niemanden, wer
er auch sey, in seinem anvertrauten
Gehäge schiessen und platzen zu lassen,
viel weniger mit den Falcken zu peitzen,
und mit Wind-Hunden zu hetzen, Hü-
ner und Wachteln zu fangen, Vogel
oder Eyer auszunehmen noch derglei-
chen Unfug mehr zu verstatten, sondern
solchen Ubertretern die Flinten, Falcken,
Hunde und Netze abzunehmen und zur
Bestraffung anzugeben, die Hunde klep-
peln oder erschiessen zu lassen; Denen
Schäffern das muthwillige Heidebren-
nen, in der Birck-Hüner Lege-Zeit zu
verbieten, auf die Graß-Mäder wegen
Hüner und Wächteln, daß sie ihnen
die Eyer und Jungen nicht stehlen, acht
zu haben, nicht weniger wegen derer
jungen Hasen in der Sat-Zeit wie auch
Rehe und Wild-Kälber, mit allem Fleiß
besorget zu seyn und dahin zu sehen,
daß ein jedes in harter Winters-Zeit mit
Futter genungsam versehen werde; Die
Wölffe, Füchse, Marder, Katzen, Jltnis,
ingleichen die grosse, mittele und kleine
Raub-Vögel, Eulen, Krähen, Aelstern
und insgemein alles und jedes Raub-
[Spaltenumbruch] Wild muß er stetig zu vertilgen bedacht
seyn; Maassen die Auslösung der Klau-
en und Fänge ein gutes Mittel ist, die
Leute desto emsiger und erpichter hierauff
zu machen. Die Behältnisse und Di-
ckigte muß er durchaus nicht vertilgen
lassen, damit nicht das Wild, wann es
zumahl auch im Winter Noth leiden
muß, Sommers-Zeit aber mit Hunden
u. Schiessen geplaget, und zuletzt gar seiner
Wohnung beraubet wird, sich hinweg
zu begeben genöthiget werde, daher er auf
alles, was nur dem Wildprät zur Ver-
mehrung, Unterhaltung und Nahrung
dienlich seyn mag, mit allen Ernst be-
dacht und befliessen seyn muß: Da es
sich auch im Gehäge gar zu überflüßig
häuffen und denen Unterthanen an ihren
Früchten allzu grossen Schaden thun
solte, könte er solches angeben, umb ein
bestättigtes Jagen zu machen, oder der
Herrschafft zum Lustpürschen Anlaß ge-
ben. Wie er dann gleich andern Jagd-
Bedienten seine Herrschafft durch die
Jagd zu divertiren billig suchen soll. An
manchen Orten werden sie Hasen-Hä-
ger genennet, vermuthlich weil sie die
Hasen, als lustige Thierlein, welchen
fast von Jedermann ihrer kleinen Grös-
se und delicaten Wildpräths halber auf
vielerley Arten nachgestellet wird, mit
Fleiß hegen sollen. Sodann soll er de-
nen eingeqvartierten Reutern oder Sol-
daten das Flinten-Schiessen nicht gestat-
ten: Derer Bauern Zäune, ob etwan
darinnen Löcher sind, und Hasen-
Schleiffen geleget werden, fleißig be-
suchen und dergleichen mehr, wie
eines jeden Landes-Herrn Gewohnheit
erfordert, nach Gelegenheit beobachten.
Auch wird theils Orten viel darauf ge-
halten, daß ein solcher Häge-Reuter dar-
neben die Wissenschafft von der Phasa-
nerie
habe, und wie, und auff was Art so
wohl ein wilder, als zahmer Phasan-
Garten anzulegen, zu ordiniren verste-
he, ingleichen, wie sie auff zu ziehen, zu
hegen und zu fangen seyn, wisse, wes-
wegen die Ameiß-Hauffen, Tannen- und
Fichten-Dickigte geschonet, die Phasanen
des Herbsts nach dem Rauch fleißig ein-
gefangen, Frühjahrs die Bauern-Ka-
tzen im Felde erschossen, die Eulen gefan-
gen, Krähen- und Aelster-Nester ver-
stöhret werden müssen, damit dieser
frembde Vogel der Herrschafft zum
Ruhm sich in dem Gehäge ihrer Resi-
dentz
desto füglicher vermehren könne.

Die-

Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] innerliche Natur und Eigenſchafft dem
Leben nach aus dem Grund verſtehe,
und dieſelben an ihrer Spuhr und Ge-
faͤhrde als ein Jaͤger erkenne, ſondern
auch in der Anatomie ſolcher wilden Thie-
re wohl verſiret ſey, auf daß er mit deſto
reifferm Judicio, was dieſem oder jenem
Thiere zur Nahrung ſchaͤdlich oder nuͤtz-
lich, mithin zur Vermehrung befoͤrder-
lich oder hinderlich ſeyn moͤchte, deſto beſ-
ſer zu urtheilen wiſſe, wiewohl deren
wenig anzutreffen, und die meiſten ſolches
als ein unnoͤthiges Ding nicht achten.
Es wird ein Haͤge-Reuter nicht weit von
einer Herrſchafftlichen Reſidence deswe-
gen geordnet, daß er die Gehaͤge taͤglich
fleißig bereute und daß das an demſelbi-
gen Orte geſchonete Wild vor andern ſei-
ne Ruhe behalten moͤge, beſorge. Was
nun ein Gehaͤge betrifft und was hier-
unter verſtanden werde, ingleichen
wie die benoͤthigten Saltz-Lecken, Heu-
Scheunen u. Wild-Aecker bey vorfallen-
der harter Winters-Zeit anzulegen, ſo-
wohl wie die Feld-Nahrung des Wildes
genau zu obſerviren ſey, habe ich bereits
oben gezeiget, dahin ich den geneigten Le-
ſer gewieſen haben will. Maaſſen hier
wiederumb alles anzufuͤhren und ver-
botenus
zu repetiren, zu weitlaͤufftig fal-
len wuͤrde. Die Function eines Haͤge-
Reuters erfordert, Niemanden, wer
er auch ſey, in ſeinem anvertrauten
Gehaͤge ſchieſſen und platzen zu laſſen,
viel weniger mit den Falcken zu peitzen,
und mit Wind-Hunden zu hetzen, Huͤ-
ner und Wachteln zu fangen, Vogel
oder Eyer auszunehmen noch derglei-
chen Unfug mehr zu verſtatten, ſondern
ſolchen Ubertretern die Flinten, Falcken,
Hunde und Netze abzunehmen und zur
Beſtraffung anzugeben, die Hunde klep-
peln oder erſchieſſen zu laſſen; Denen
Schaͤffern das muthwillige Heidebren-
nen, in der Birck-Huͤner Lege-Zeit zu
verbieten, auf die Graß-Maͤder wegen
Huͤner und Waͤchteln, daß ſie ihnen
die Eyer und Jungen nicht ſtehlen, acht
zu haben, nicht weniger wegen derer
jungen Haſen in der Sat-Zeit wie auch
Rehe und Wild-Kaͤlber, mit allem Fleiß
beſorget zu ſeyn und dahin zu ſehen,
daß ein jedes in harter Winters-Zeit mit
Futter genungſam verſehen werde; Die
Woͤlffe, Fuͤchſe, Marder, Katzen, Jltnis,
ingleichen die groſſe, mittele und kleine
Raub-Voͤgel, Eulen, Kraͤhen, Aelſtern
und insgemein alles und jedes Raub-
[Spaltenumbruch] Wild muß er ſtetig zu vertilgen bedacht
ſeyn; Maaſſen die Ausloͤſung der Klau-
en und Faͤnge ein gutes Mittel iſt, die
Leute deſto emſiger und erpichter hierauff
zu machen. Die Behaͤltniſſe und Di-
ckigte muß er durchaus nicht vertilgen
laſſen, damit nicht das Wild, wann es
zumahl auch im Winter Noth leiden
muß, Sommers-Zeit aber mit Hunden
u. Schieſſen geplaget, und zuletzt gaꝛ ſeiner
Wohnung beraubet wird, ſich hinweg
zu begeben genoͤthiget werde, daher er auf
alles, was nur dem Wildpraͤt zur Ver-
mehrung, Unterhaltung und Nahrung
dienlich ſeyn mag, mit allen Ernſt be-
dacht und beflieſſen ſeyn muß: Da es
ſich auch im Gehaͤge gar zu uͤberfluͤßig
haͤuffen und denen Unterthanen an ihren
Fruͤchten allzu groſſen Schaden thun
ſolte, koͤnte er ſolches angeben, umb ein
beſtaͤttigtes Jagen zu machen, oder der
Herrſchafft zum Luſtpuͤrſchen Anlaß ge-
ben. Wie er dann gleich andern Jagd-
Bedienten ſeine Herrſchafft durch die
Jagd zu divertiren billig ſuchen ſoll. An
manchen Orten werden ſie Haſen-Haͤ-
ger genennet, vermuthlich weil ſie die
Haſen, als luſtige Thierlein, welchen
faſt von Jedermann ihrer kleinen Groͤſ-
ſe und delicaten Wildpraͤths halber auf
vielerley Arten nachgeſtellet wird, mit
Fleiß hegen ſollen. Sodann ſoll er de-
nen eingeqvartierten Reutern oder Sol-
daten das Flinten-Schieſſen nicht geſtat-
ten: Derer Bauern Zaͤune, ob etwan
darinnen Loͤcher ſind, und Haſen-
Schleiffen geleget werden, fleißig be-
ſuchen und dergleichen mehr, wie
eines jeden Landes-Herrn Gewohnheit
erfordert, nach Gelegenheit beobachten.
Auch wird theils Orten viel darauf ge-
halten, daß ein ſolcher Haͤge-Reuter dar-
neben die Wiſſenſchafft von der Phaſa-
nerie
habe, und wie, und auff was Art ſo
wohl ein wilder, als zahmer Phaſan-
Garten anzulegen, zu ordiniren verſte-
he, ingleichen, wie ſie auff zu ziehen, zu
hegen und zu fangen ſeyn, wiſſe, wes-
wegen die Ameiß-Hauffen, Tannen- und
Fichten-Dickigte geſchonet, die Phaſanen
des Herbſts nach dem Rauch fleißig ein-
gefangen, Fruͤhjahrs die Bauern-Ka-
tzen im Felde erſchoſſen, die Eulen gefan-
gen, Kraͤhen- und Aelſter-Neſter ver-
ſtoͤhret werden muͤſſen, damit dieſer
frembde Vogel der Herrſchafft zum
Ruhm ſich in dem Gehaͤge ihrer Reſi-
dentz
deſto fuͤglicher vermehren koͤnne.

Die-
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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/222>, abgerufen am 28.03.2024.