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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Dritter Theil/
[Spaltenumbruch] Es soll der weisse Hunds-Dreck, der seinen
Ursprung von zerbissenen Knochen hat,
zur Medicin, als ein sonderlich Medica-
ment
gebrauchet werden und wird in de-
nen Apothecen Album graecum genannt.
Wunderlich ist es, so in der That ein-
trifft, was Plutarchus schreibet, daß die
Jagd-Hunde einen Hasen, so sie ihn
jagen und fangen, begierig zureissen, ei-
nen ohngefehr gestorbenen aber nicht an-
rühren, sondern liegen lassen. Jhre
schlimste Kranckheit, der sie unterworf-
fen sind, ist das Rasen und Wüthen, wel-
ches ohnfehlbar seinen Ursprung von der
grossen Hitze derer Hundstage, oder
grimmigen Winterkälte hat, weil dem
umbherlauffenden Hund die brennende
Sonnen-Hitze zu solcher Zeit das Gehirn
durch den Scheitel gleichsam als im
Topffe kochet und Auffwallen des Ge-
blüts verursachet, oder auch bey langen
Nächten des Winters die grimmige Käl-
te das Gehirn erfrieret und solche Un-
sinnigkeit nachmahls verursachet. Dann
man meist finden wird, daß ein gemei-
ner Bauer-Hund, so in Hitz und Frost
bloß herumb lauffen muß, viel eher wü-
thend wird, als ein anderer, welcher sein
fein Behältniß, warmen Stall und La-
ger haben kan, er würde dann von ei-
nem tollen Hunde gebissen, daß solcher
gifftige Schaum eine ferne Transplanta-
tion
verursachen müste: Wann sie nun
wüthend werden, pflegen sie den gewöhn-
lichen Fraß gar nicht zu achten, sie
hungern lieber, kennen ihren Herrn
nicht mehr, sehen starr mit denen
Augen sich scheu und flüchtig umb,
halten den Mund vor Hitze offen, schäu-
[Spaltenumbruch] men und geschen, schnauben aus denen
Nasenlöchern, krümmen den Schwantz
zwischen die Beine, bellen selten und hei-
scher und lauffen alles an; Was sie beis-
sen, wird auch toll; Sie lauffen nicht
über neun Tage und sterben zuletzt gar
schwerlich. Die meisten glauben, es ha-
be die Wuth ihren Uhrsprung von ei-
nem Wurm, welcher dem Hunde unter
der Zunge in Gestalt eines weissen Ae-
derleins wachse und, so es lebendig wür-
de, den Hund unsinnig mache; Zu dem
Ende sie im abnehmenden Mond dassel-
bige heraus nehmen lassen, so ich einem
jeden zu glauben freystellen will; Man
saget, daß wann ein junger Hund Wei-
ber-Milch bekomme, er sodann Zeit Le-
bens nicht wüthend würde, so man wohl
probiren könte. Sonst ist ein Hund,
ob er noch so freundlich, durch Befehl sei-
nes Herrn in einem Augenblick zum
grimmigen Zorn anzureitzen und leiden
nicht gerne frembde Bettler und Hunde,
weil sie mißgünstig, meinen es würde
ihnen Brod abgehen: Sie flöhen sich ein-
ander aus Mitleyden und fressen das
Ungeziefer: Bey Aenderung des Wetters
fressen sie Graß, wornach sie speyen und
reinigen sich damit den Magen. Was
gespien worden, lecken sie wieder auf und
sind hierinne unfläthig, auch vermischen
sie sich mit ihrer eigenen Mutter. Sie
hangen dann in ipso Actu öffters lange
zusammen, biß sie einander loß lassen,
weil der Hund ein Beinlein im Glied,
die Betze aber eine enge Schnalle und
beyderseits klebichten Saamen haben.
Und soviel von derer Hunde Eigen-
schafft.

Von Unterscheid der Hunde.
[Spaltenumbruch]

Es hat der Allweise Schöpffer auch
unter denen Hunden einen mercklichen
Unterscheid in der Natur geordnet, so,
daß eine jede Art derselben, und zwar
die grossen starcken Hunde bey denen
grimmigen Thieren, die schnellen Hun-
de bey dem flüchtigen Wild, die dicken
Jagd-Hunde durch ihren Geruch, die
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Erden, ja die Schooß- und Spiel-Hünd-
lein dem Menschen zu Lust und sonder-
bahren Vergnügen zu Diensten stehen
und sich gebrauchen lassen. Worzu nun
eine jede Art sich geschickt befindet, oder
[Spaltenumbruch] geneigt ist, muß denselben der Mensch
durch Gedult und Verstand, Sorgfalt,
Mühe und Fleiß unterrichten, worbey
dererselben Zuneigung oder Hartnäckig-
keit zu erkundigen und wie diesem oder
jenem abzuhelffen seyn könte, nachzuden-
cken ist, dann ob wohl mancher unwis-
sender Mensch meynen möchte, man
könne ohne Unterscheid ein paar Hunde
zu allen Ubungen abrichten, sie möchten
von Natur dazu geschickt seyn oder nicht,
so dienet ihm doch zur Nachricht, daß der
Allweise GOtt nicht ohne Ursach so vie-
lerley dererselben erschaffen haben wür-
de, wenn sie nicht zu unterschiedlichem

Ge-

Dritter Theil/
[Spaltenumbruch] Es ſoll der weiſſe Hunds-Dreck, der ſeinen
Urſprung von zerbiſſenen Knochen hat,
zur Medicin, als ein ſonderlich Medica-
ment
gebrauchet werden und wird in de-
nen Apothecen Album græcum genannt.
Wunderlich iſt es, ſo in der That ein-
trifft, was Plutarchus ſchreibet, daß die
Jagd-Hunde einen Haſen, ſo ſie ihn
jagen und fangen, begierig zureiſſen, ei-
nen ohngefehr geſtorbenen aber nicht an-
ruͤhren, ſondern liegen laſſen. Jhre
ſchlimſte Kranckheit, der ſie unterworf-
fen ſind, iſt das Raſen und Wuͤthen, wel-
ches ohnfehlbar ſeinen Urſprung von der
groſſen Hitze derer Hundstage, oder
grimmigen Winterkaͤlte hat, weil dem
umbherlauffenden Hund die brennende
Sonnen-Hitze zu ſolcher Zeit das Gehirn
durch den Scheitel gleichſam als im
Topffe kochet und Auffwallen des Ge-
bluͤts verurſachet, oder auch bey langen
Naͤchten des Winters die grimmige Kaͤl-
te das Gehirn erfrieret und ſolche Un-
ſinnigkeit nachmahls verurſachet. Dann
man meiſt finden wird, daß ein gemei-
ner Bauer-Hund, ſo in Hitz und Froſt
bloß herumb lauffen muß, viel eher wuͤ-
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fein Behaͤltniß, warmen Stall und La-
ger haben kan, er wuͤrde dann von ei-
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gifftige Schaum eine ferne Transplanta-
tion
verurſachen muͤſte: Wann ſie nun
wuͤthend werden, pflegen ſie den gewoͤhn-
lichen Fraß gar nicht zu achten, ſie
hungern lieber, kennen ihren Herrn
nicht mehr, ſehen ſtarr mit denen
Augen ſich ſcheu und fluͤchtig umb,
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Naſenloͤchern, kruͤmmen den Schwantz
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ſcher und lauffen alles an; Was ſie beiſ-
ſen, wird auch toll; Sie lauffen nicht
uͤber neun Tage und ſterben zuletzt gar
ſchwerlich. Die meiſten glauben, es ha-
be die Wuth ihren Uhrſprung von ei-
nem Wurm, welcher dem Hunde unter
der Zunge in Geſtalt eines weiſſen Ae-
derleins wachſe und, ſo es lebendig wuͤr-
de, den Hund unſinnig mache; Zu dem
Ende ſie im abnehmenden Mond daſſel-
bige heraus nehmen laſſen, ſo ich einem
jeden zu glauben freyſtellen will; Man
ſaget, daß wann ein junger Hund Wei-
ber-Milch bekomme, er ſodann Zeit Le-
bens nicht wuͤthend wuͤrde, ſo man wohl
probiren koͤnte. Sonſt iſt ein Hund,
ob er noch ſo freundlich, durch Befehl ſei-
nes Herrn in einem Augenblick zum
grimmigen Zorn anzureitzen und leiden
nicht gerne frembde Bettler und Hunde,
weil ſie mißguͤnſtig, meinen es wuͤrde
ihnen Brod abgehen: Sie floͤhen ſich ein-
ander aus Mitleyden und freſſen das
Ungeziefer: Bey Aenderung des Wetters
freſſen ſie Graß, wornach ſie ſpeyen und
reinigen ſich damit den Magen. Was
geſpien worden, lecken ſie wieder auf und
ſind hierinne unflaͤthig, auch vermiſchen
ſie ſich mit ihrer eigenen Mutter. Sie
hangen dann in ipſo Actu oͤffters lange
zuſammen, biß ſie einander loß laſſen,
weil der Hund ein Beinlein im Glied,
die Betze aber eine enge Schnalle und
beyderſeits klebichten Saamen haben.
Und ſoviel von derer Hunde Eigen-
ſchafft.

Von Unterſcheid der Hunde.
[Spaltenumbruch]

Es hat der Allweiſe Schoͤpffer auch
unter denen Hunden einen mercklichen
Unterſcheid in der Natur geordnet, ſo,
daß eine jede Art derſelben, und zwar
die groſſen ſtarcken Hunde bey denen
grimmigen Thieren, die ſchnellen Hun-
de bey dem fluͤchtigen Wild, die dicken
Jagd-Hunde durch ihren Geruch, die
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Dachs-Kriecher und Stoͤber unter der
Erden, ja die Schooß- und Spiel-Huͤnd-
lein dem Menſchen zu Luſt und ſonder-
bahren Vergnuͤgen zu Dienſten ſtehen
und ſich gebrauchen laſſen. Worzu nun
eine jede Art ſich geſchickt befindet, oder
[Spaltenumbruch] geneigt iſt, muß denſelben der Menſch
durch Gedult und Verſtand, Sorgfalt,
Muͤhe und Fleiß unterrichten, worbey
dererſelben Zuneigung oder Hartnaͤckig-
keit zu erkundigen und wie dieſem oder
jenem abzuhelffen ſeyn koͤnte, nachzuden-
cken iſt, dann ob wohl mancher unwiſ-
ſender Menſch meynen moͤchte, man
koͤnne ohne Unterſcheid ein paar Hunde
zu allen Ubungen abrichten, ſie moͤchten
von Natur dazu geſchickt ſeyn oder nicht,
ſo dienet ihm doch zur Nachricht, daß der
Allweiſe GOtt nicht ohne Urſach ſo vie-
lerley dererſelben erſchaffen haben wuͤr-
de, wenn ſie nicht zu unterſchiedlichem

Ge-
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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/286>, abgerufen am 19.04.2024.