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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Erster Theil/
[Spaltenumbruch] die Bäume mit den Wurtzeln loßreissen,
die Hitze, Kälte und Winde die Wur-
tzeln ausdrocknen, das Ungeziefer, die
Raupen und Käfer Schaden thun, oder
durch vieles Hartzreißen, Lochen und
Baumringeln, oder Bastscheelen, Scha-
den geschicht, so muß der Baum verdorren
und absterben, denn das Hartz, als des
Baumes edelste Krafft verstärcket seinen
Wachsthum und Lebens-Geist. Durch
dessen Beraubung aber bleibt er zu-
rück und nimmet ab. Wie dann an-
derweit die innerlichen Kranckheiten de-
rer Bäume, als der Brand, der Wurm,
Hertzklufft, Rindschälig und dergleichen,
durch äuserliche Excrementa, Schwäm-
me oder andere Merckmahle sich mercken
lassen. Recht wundersam ist zu sehen,
wie Göttliche Vorsorge zu des Baums
Nahrungs-Safft, Wachsthum, Praecau-
tion
vor Kälte und Hitze, vor Vieh, Un-
geziefer, und mehrer Ungemach ihme
die Rinde oder Schaale gleichsam zu sei-
ner Haut und Beschirmung geordnet,
welche an der Nord-Sturm- oder Wet-
ter-Seite gemeiniglich stärcker und grö-
ber, auch wegen Feuchtigkeit vom Schnee
oder Regen, öffters mit Mooß bewachsen
ist, woraus man die Nord- oder Mitter-
nacht-Seite mercken kan. Letztlich ist
auch nicht zu vergessen, daß unter denen
wilden Bäumen auch die Fruchtbahren
zu bemercken sind, als: Aepffel-Birnen-
und dergleichen wilde Obst-Bäume, wel-
che aber weit kleiner, niedriger und knor-
richt wachsen. Die so genannte Mistel,
welche zuweilen oben auf dem obersten
Gipfel, öffters auch auf denen Aesten o-
der Zweigen, ja wohl gar, wiewohl sel-
ten, am Stamme heraus wächset, hat
seinen ordentlichen Uhrsprung von der
überflüßigen Terpentinischen Fettigkeit
des Baums; Jst ein gelblichtes Gewächß,
das zuweilen weisse Beerlein trägt, und
[Spaltenumbruch] hat kleine Blätter, wie Buchs-Baum;
Jngleichen findet man auch zuweilen
auf denen Aesten der Bäume ein strau-
bigtes kurtz verwirrtes Gewächß, mei-
stens bey dem Tangel-Holtz, wie ein Nest,
der Donnerbesem genannt, wovon der
gemeine Mann statuiret, ob solle es von
denen Strahlen oder Blitz des Gewitters
herrühren; Jch halte aber davor, daß
es vor eine Mißgeburth des Baums zu
achten, und seinen Ursprung von einem
unreinen Nutriment, und vergiffteten
Nahrungs-Safft habe, wie bey theils
Menschen der übrige Neben-Zehe oder
Finger, item die Gewächse, Beulen o-
der Kröpffe, die Höcker und dergleichen
sind, weiln die Natur öffters eine wun-
dersame Transmutation vornimmet, oh-
ne, daß man dessen gründliche Ursache
genau penetriren kan. So wachsen und
stehen auch die meisten Aeste gegen die
Mittags-Seite, weiln daselbst die Son-
ne mehr würcket. Nach der Nord-
Seiten aber wächset alles härter, glatt,
und ohne Aeste. Man wird befinden,
daß die Natur die Bäume an dem Rand
eines Waldes viel fester vor Sturm-
Wetter verwachsen lassen, als die andern;
Auch muß bey Ausgrabung und Ver-
setzung junger Bäumlein billig, wie sie
gestanden, bemercket werden, daß die vier
Theile oder Winde wieder eintreffen,
sonsten würde das Pflantzen vergeblich
seyn, und könten die Bäume nicht wach-
sen, wann die zart gewachsene Sommer-
oder Mittags-Seite gegen die rauhe
Nord-Seite gekehret würde. Wo das
Wetter, Regen, Schnee und Thau von
oben herunter trifft, oder anstiebet, da
wächset das Mooß am liebsten. Wann
die Holtzschreyer, Eichhörner oder Feld-
Mäuse des Herbsts die Eicheln und Buch-
Eckern verscharren, und nachhero ver-
gessen, wachsen häuffige Sträucher.

Von dem Baum-Saamen.
[Spaltenumbruch]

Es ließ der allmächtige und allwei-
se Schöpffer anfänglich gleich bey
Erschaffung der Welt aus der Er-
den Graß und Kraut, nebst frucht-
bahren Bäumen, die ihren eigenen
Saamen bey sich hatten, ein jegliches
nach seiner Art, aufgehen und sich be-
saamen, wie wir in der Heiligen
Schrifft Genes. I, v. 11. 12. mit mehrerm er-
sehen; Woraus abzunehmen, daß diese
göttliche Vorsorge zu Fortpflantzung und
[Spaltenumbruch] Vermehrung sorgfältig bedacht gewesen.
Jst also nach der Schöpffung der Saa-
men einig und allein der Uhrsprung al-
ler Bäume, und zwar jegliches nach sei-
ner Art, von Anfang her gewesen, und
werden dieselbe auch vermuthlich nach
Göttlicher Ordnung sich auff keine andere
Weise vermehren, so lange die Welt ste-
het. Es will aber eine jede Art Ge-
wächß sein absonderliches himmlisches
Gestirn und Clima haben, worinnen

dessen

Erſter Theil/
[Spaltenumbruch] die Baͤume mit den Wurtzeln loßreiſſen,
die Hitze, Kaͤlte und Winde die Wur-
tzeln ausdrocknen, das Ungeziefer, die
Raupen und Kaͤfer Schaden thun, oder
durch vieles Hartzreißen, Lochen und
Baumringeln, oder Baſtſcheelen, Scha-
den geſchicht, ſo muß der Baum verdorren
und abſterben, denn das Hartz, als des
Baumes edelſte Krafft verſtaͤrcket ſeinen
Wachsthum und Lebens-Geiſt. Durch
deſſen Beraubung aber bleibt er zu-
ruͤck und nimmet ab. Wie dann an-
derweit die innerlichen Kranckheiten de-
rer Baͤume, als der Brand, der Wurm,
Hertzklufft, Rindſchaͤlig und dergleichen,
durch aͤuſerliche Excrementa, Schwaͤm-
me oder andere Merckmahle ſich mercken
laſſen. Recht wunderſam iſt zu ſehen,
wie Goͤttliche Vorſorge zu des Baums
Nahrungs-Safft, Wachsthum, Præcau-
tion
vor Kaͤlte und Hitze, vor Vieh, Un-
geziefer, und mehrer Ungemach ihme
die Rinde oder Schaale gleichſam zu ſei-
ner Haut und Beſchirmung geordnet,
welche an der Nord-Sturm- oder Wet-
ter-Seite gemeiniglich ſtaͤrcker und groͤ-
ber, auch wegen Feuchtigkeit vom Schnee
oder Regen, oͤffters mit Mooß bewachſen
iſt, woraus man die Nord- oder Mitter-
nacht-Seite mercken kan. Letztlich iſt
auch nicht zu vergeſſen, daß unter denen
wilden Baͤumen auch die Fruchtbahren
zu bemercken ſind, als: Aepffel-Birnen-
und dergleichen wilde Obſt-Baͤume, wel-
che aber weit kleiner, niedriger und knor-
richt wachſen. Die ſo genannte Miſtel,
welche zuweilen oben auf dem oberſten
Gipfel, oͤffters auch auf denen Aeſten o-
der Zweigen, ja wohl gar, wiewohl ſel-
ten, am Stamme heraus waͤchſet, hat
ſeinen ordentlichen Uhrſprung von der
uͤberfluͤßigen Terpentiniſchen Fettigkeit
des Baums; Jſt ein gelblichtes Gewaͤchß,
das zuweilen weiſſe Beerlein traͤgt, und
[Spaltenumbruch] hat kleine Blaͤtter, wie Buchs-Baum;
Jngleichen findet man auch zuweilen
auf denen Aeſten der Baͤume ein ſtrau-
bigtes kurtz verwirrtes Gewaͤchß, mei-
ſtens bey dem Tangel-Holtz, wie ein Neſt,
der Donnerbeſem genannt, wovon der
gemeine Mann ſtatuiret, ob ſolle es von
denen Strahlen oder Blitz des Gewitters
herruͤhren; Jch halte aber davor, daß
es vor eine Mißgeburth des Baums zu
achten, und ſeinen Urſprung von einem
unreinen Nutriment, und vergiffteten
Nahrungs-Safft habe, wie bey theils
Menſchen der uͤbrige Neben-Zehe oder
Finger, item die Gewaͤchſe, Beulen o-
der Kroͤpffe, die Hoͤcker und dergleichen
ſind, weiln die Natur oͤffters eine wun-
derſame Tranſmutation vornimmet, oh-
ne, daß man deſſen gruͤndliche Urſache
genau penetriren kan. So wachſen und
ſtehen auch die meiſten Aeſte gegen die
Mittags-Seite, weiln daſelbſt die Son-
ne mehr wuͤrcket. Nach der Nord-
Seiten aber waͤchſet alles haͤrter, glatt,
und ohne Aeſte. Man wird befinden,
daß die Natur die Baͤume an dem Rand
eines Waldes viel feſter vor Sturm-
Wetter verwachſen laſſen, als die andern;
Auch muß bey Ausgrabung und Ver-
ſetzung junger Baͤumlein billig, wie ſie
geſtanden, bemercket werden, daß die vier
Theile oder Winde wieder eintreffen,
ſonſten wuͤrde das Pflantzen vergeblich
ſeyn, und koͤnten die Baͤume nicht wach-
ſen, wann die zart gewachſene Sommer-
oder Mittags-Seite gegen die rauhe
Nord-Seite gekehret wuͤrde. Wo das
Wetter, Regen, Schnee und Thau von
oben herunter trifft, oder anſtiebet, da
waͤchſet das Mooß am liebſten. Wann
die Holtzſchreyer, Eichhoͤrner oder Feld-
Maͤuſe des Herbſts die Eicheln und Buch-
Eckern verſcharren, und nachhero ver-
geſſen, wachſen haͤuffige Straͤucher.

Von dem Baum-Saamen.
[Spaltenumbruch]

Es ließ der allmaͤchtige und allwei-
ſe Schoͤpffer anfaͤnglich gleich bey
Erſchaffung der Welt aus der Er-
den Graß und Kraut, nebſt frucht-
bahren Baͤumen, die ihren eigenen
Saamen bey ſich hatten, ein jegliches
nach ſeiner Art, aufgehen und ſich be-
ſaamen, wie wir in der Heiligen
Schrifft Geneſ. I, v. 11. 12. mit mehrerm er-
ſehen; Woraus abzunehmen, daß dieſe
goͤttliche Vorſorge zu Fortpflantzung und
[Spaltenumbruch] Vermehrung ſorgfaͤltig bedacht geweſen.
Jſt alſo nach der Schoͤpffung der Saa-
men einig und allein der Uhrſprung al-
ler Baͤume, und zwar jegliches nach ſei-
ner Art, von Anfang her geweſen, und
werden dieſelbe auch vermuthlich nach
Goͤttlicher Ordnung ſich auff keine andere
Weiſe vermehren, ſo lange die Welt ſte-
het. Es will aber eine jede Art Ge-
waͤchß ſein abſonderliches himmliſches
Geſtirn und Clima haben, worinnen

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[26/0086] Erſter Theil/ die Baͤume mit den Wurtzeln loßreiſſen, die Hitze, Kaͤlte und Winde die Wur- tzeln ausdrocknen, das Ungeziefer, die Raupen und Kaͤfer Schaden thun, oder durch vieles Hartzreißen, Lochen und Baumringeln, oder Baſtſcheelen, Scha- den geſchicht, ſo muß der Baum verdorren und abſterben, denn das Hartz, als des Baumes edelſte Krafft verſtaͤrcket ſeinen Wachsthum und Lebens-Geiſt. Durch deſſen Beraubung aber bleibt er zu- ruͤck und nimmet ab. Wie dann an- derweit die innerlichen Kranckheiten de- rer Baͤume, als der Brand, der Wurm, Hertzklufft, Rindſchaͤlig und dergleichen, durch aͤuſerliche Excrementa, Schwaͤm- me oder andere Merckmahle ſich mercken laſſen. Recht wunderſam iſt zu ſehen, wie Goͤttliche Vorſorge zu des Baums Nahrungs-Safft, Wachsthum, Præcau- tion vor Kaͤlte und Hitze, vor Vieh, Un- geziefer, und mehrer Ungemach ihme die Rinde oder Schaale gleichſam zu ſei- ner Haut und Beſchirmung geordnet, welche an der Nord-Sturm- oder Wet- ter-Seite gemeiniglich ſtaͤrcker und groͤ- ber, auch wegen Feuchtigkeit vom Schnee oder Regen, oͤffters mit Mooß bewachſen iſt, woraus man die Nord- oder Mitter- nacht-Seite mercken kan. Letztlich iſt auch nicht zu vergeſſen, daß unter denen wilden Baͤumen auch die Fruchtbahren zu bemercken ſind, als: Aepffel-Birnen- und dergleichen wilde Obſt-Baͤume, wel- che aber weit kleiner, niedriger und knor- richt wachſen. Die ſo genannte Miſtel, welche zuweilen oben auf dem oberſten Gipfel, oͤffters auch auf denen Aeſten o- der Zweigen, ja wohl gar, wiewohl ſel- ten, am Stamme heraus waͤchſet, hat ſeinen ordentlichen Uhrſprung von der uͤberfluͤßigen Terpentiniſchen Fettigkeit des Baums; Jſt ein gelblichtes Gewaͤchß, das zuweilen weiſſe Beerlein traͤgt, und hat kleine Blaͤtter, wie Buchs-Baum; Jngleichen findet man auch zuweilen auf denen Aeſten der Baͤume ein ſtrau- bigtes kurtz verwirrtes Gewaͤchß, mei- ſtens bey dem Tangel-Holtz, wie ein Neſt, der Donnerbeſem genannt, wovon der gemeine Mann ſtatuiret, ob ſolle es von denen Strahlen oder Blitz des Gewitters herruͤhren; Jch halte aber davor, daß es vor eine Mißgeburth des Baums zu achten, und ſeinen Urſprung von einem unreinen Nutriment, und vergiffteten Nahrungs-Safft habe, wie bey theils Menſchen der uͤbrige Neben-Zehe oder Finger, item die Gewaͤchſe, Beulen o- der Kroͤpffe, die Hoͤcker und dergleichen ſind, weiln die Natur oͤffters eine wun- derſame Tranſmutation vornimmet, oh- ne, daß man deſſen gruͤndliche Urſache genau penetriren kan. So wachſen und ſtehen auch die meiſten Aeſte gegen die Mittags-Seite, weiln daſelbſt die Son- ne mehr wuͤrcket. Nach der Nord- Seiten aber waͤchſet alles haͤrter, glatt, und ohne Aeſte. Man wird befinden, daß die Natur die Baͤume an dem Rand eines Waldes viel feſter vor Sturm- Wetter verwachſen laſſen, als die andern; Auch muß bey Ausgrabung und Ver- ſetzung junger Baͤumlein billig, wie ſie geſtanden, bemercket werden, daß die vier Theile oder Winde wieder eintreffen, ſonſten wuͤrde das Pflantzen vergeblich ſeyn, und koͤnten die Baͤume nicht wach- ſen, wann die zart gewachſene Sommer- oder Mittags-Seite gegen die rauhe Nord-Seite gekehret wuͤrde. Wo das Wetter, Regen, Schnee und Thau von oben herunter trifft, oder anſtiebet, da waͤchſet das Mooß am liebſten. Wann die Holtzſchreyer, Eichhoͤrner oder Feld- Maͤuſe des Herbſts die Eicheln und Buch- Eckern verſcharren, und nachhero ver- geſſen, wachſen haͤuffige Straͤucher. Von dem Baum-Saamen. Es ließ der allmaͤchtige und allwei- ſe Schoͤpffer anfaͤnglich gleich bey Erſchaffung der Welt aus der Er- den Graß und Kraut, nebſt frucht- bahren Baͤumen, die ihren eigenen Saamen bey ſich hatten, ein jegliches nach ſeiner Art, aufgehen und ſich be- ſaamen, wie wir in der Heiligen Schrifft Geneſ. I, v. 11. 12. mit mehrerm er- ſehen; Woraus abzunehmen, daß dieſe goͤttliche Vorſorge zu Fortpflantzung und Vermehrung ſorgfaͤltig bedacht geweſen. Jſt alſo nach der Schoͤpffung der Saa- men einig und allein der Uhrſprung al- ler Baͤume, und zwar jegliches nach ſei- ner Art, von Anfang her geweſen, und werden dieſelbe auch vermuthlich nach Goͤttlicher Ordnung ſich auff keine andere Weiſe vermehren, ſo lange die Welt ſte- het. Es will aber eine jede Art Ge- waͤchß ſein abſonderliches himmliſches Geſtirn und Clima haben, worinnen deſſen

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/86>, abgerufen am 28.03.2024.