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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Ersten Theils 21. Capitel/
[Spaltenumbruch] und in den Send-Schreiben Pauli öff-
ters Meldung gethan wird, und nach
dem Vorgeben einiger Geschicht-Schrei-
ber von den Amazonen soll erbauet wor-
den seyn. Jn dieser Stadt befand sich
ein sehr prächtiger und kostbarer Tempel,
der der Göttin Dianae, nach welcher er
auch den Nahmen sührte, gewidmet und
geheiliget war. An diesem Tempel soll
gantz Asien in die zweyhundert Jahr, um
ihn zur Perfection zu bringen, beständig
gearbeitet haben. Ein iedweder König
von Asien hatte eine kostbare Seule von
Marmor in diesen Tempel verehret, die
sechtzig Schuh hoch war, und dreyßig der-
selben gläntzten mit den vortrefflichsten
Bildern und Statuen. Es ward dieser
Tempel von dem damahligen sehr be-
rühmten Baumeister dem Gersiphoro
mit der grösten Kunst und Geschicklich-
keit zu Stande gebracht, und auf einem
sumpffigten Grund erbauet, damit er von
denen in demselben Lande sonst gar ge-
wöhnlichen Erdbeben nicht etwan er-
schüttert und zerrüttet werden mögte.
In demselben Tempel zeigte sich ein wohl
proportionirtes gantz nackendes Weibes-
Bild in der ordentlichen Taille mit allen
ihren Gliedmassen, welches aus vortreff-
lichem weissen Marmor sehr künstlich zu-
bereitet war, und Köcher, Bogen und
Pfeile in der Hand hatte, um die Göttin
Diana hiedurch vorstellig zu machen.

§. 2.

Die Heyden fabulirten von die-
ser Göttin Diana, daß sie eine Tochter
Jovis und der Latronae sey, welche, um
ihre Jungfrauschafft beständig zu erhal-
ten, alle Gesellschafft gemieden. Damit
sie keinen Anreitz zur Geilheit empfinden
dürffte, hätte sie den Jupiter gebeten,
daß ihr erlaubet seyn möchte, Zeit Lebens
das Wild zu jagen, und sich in den wüsten
Wäldern aufzuhalten, weil sie sich vor der
Schwangerschafft sehr fürchtete, und den
gefährlichen Zustand ihrer Mutter, als
sie den Apollo gebohren, stets vorstellte.
Es venerirten daher die Heyden dieses
Götzen-Bild als ein keusches und mora-
li
sches Bildniß gar hoch, und stellten es
vor, als ob ihr Wagen von zwey weissen
Hirschen gezogen würde. Dieses abgöt-
tische Bild ward nun nicht allein von den
Ephesiern, sondern auch von gantz Asien
mit der grösten Devotion angebetet, sie
verehrten ihm viel Geschencke, und dieser
Tempel nahm an Reichthum und Kost-
barkeiten ungemein zu, so, daß eine gros-
se Menge der Pfaffen und Priester, die
[Spaltenumbruch] diesem Bild Aufwartung thun musten,
ingleichen viel Künstler, Handwercker,
und Arbeits-Leute ihren guten Zugang
und Verdienst bey diesem Tempel und bey
diesem Bilde fanden. Unter denselben
war auch ein Goldschmid, mit Nahmen
Demetrius, wie in der Apostel Geschicht
am 19. Capitel zu lesen, welcher nicht al-
lein Paulo und seinen Gefehrten, als sie
dahin kamen, das Wort des wahren und
lebendigen GOttes zu predigen, und diß
Götzen-Bild in Miß-Credit zu setzen, auf
das hefftigste widerstund, sondern auch ei-
nen solchen Aufruhr verursachte, daß der
Pöbel bey nahe Paulum um das Leben
gebracht hätte, wo nicht die Allmacht GOt-
tes solchen Tumult gestillet, und durch ver-
nünfftiger Leute vielgültiges Zureden die-
sem Unheyl abgeholffen. Der gute De-
metrius furchte sich, wenn die Göttin Dia-
na und ihr Götzen-Dienst einmahl abge-
schafft/ und eine fremde Religion einge-
führet wäre, so würde hernach sein Ver-
dienst, den er bißhero so hoch getrieben,
auf einmahl fallen.

§. 3.

Dieser Goldschmid verdiente sich
sonderlich damit viel Geld, daß er den Leu-
ten viel silberne und goldne Schaustücke
mit dem Bildniß der Dianae, wie es in dem
Tempel zu sehen war, verfertigen muste;
sie wurden von den Einheimischen, und
noch vielmehr von den Fremden starck ein-
gekaufft, weil ein iedweder sehr grossen
Aberglauben dabey hatte, und solches als
ein Amuletum zu tragen pflegte, das wi-
der allerhand Kranckheiten und Gebre-
chen des menschlichen Leibes ersprießliche
Dienste leisten solte. Ob nun zwar Pau-
lus durch alle seine treuhertzige Vermah-
nungen und scharffe Predigten es nicht
dahin bringen konte, daß die Ephesier die-
sen Götzen-Tempel abgetragen und ge-
stöhret hätten, so fand sich doch nachge-
hends ein gottloser Bube, mit Nahmen
Herostratus, der, um seines Nahmens
Gedächtniß zu verewigen, diesen Götzen-
Tempel in Brand und Flammen setzte.
Die Ephesier warffen eine solche Verbitte-
rung auf diesen Menschen, daß sie einhellig
beschlossen, denjenigen, der seinen Nah-
men öffentlich nennen würde, alsofort
mit der Todes-Straffe zu belegen. Als
nun dieser Tempel in Brand gesetzet,
und niemand, wegen der um sich herum
springenden Steine, und des Schmeltzens
der Metallen, welche gleichsam als ein
Strohm herumflossen, vermögend war,
das Feuer zu löschen, so lieffen die Götzen-

Priester

Des Erſten Theils 21. Capitel/
[Spaltenumbruch] und in den Send-Schreiben Pauli oͤff-
ters Meldung gethan wird, und nach
dem Vorgeben einiger Geſchicht-Schrei-
ber von den Amazonen ſoll erbauet wor-
den ſeyn. Jn dieſer Stadt befand ſich
ein ſehr praͤchtiger und koſtbarer Tempel,
der der Goͤttin Dianæ, nach welcher er
auch den Nahmen ſuͤhrte, gewidmet und
geheiliget war. An dieſem Tempel ſoll
gantz Aſien in die zweyhundert Jahr, um
ihn zur Perfection zu bringen, beſtaͤndig
gearbeitet haben. Ein iedweder Koͤnig
von Aſien hatte eine koſtbare Seule von
Marmor in dieſen Tempel verehret, die
ſechtzig Schuh hoch war, und dreyßig der-
ſelben glaͤntzten mit den vortrefflichſten
Bildern und Statuen. Es ward dieſer
Tempel von dem damahligen ſehr be-
ruͤhmten Baumeiſter dem Gerſiphoro
mit der groͤſten Kunſt und Geſchicklich-
keit zu Stande gebracht, und auf einem
ſumpffigten Grund erbauet, damit er von
denen in demſelben Lande ſonſt gar ge-
woͤhnlichen Erdbeben nicht etwan er-
ſchuͤttert und zerruͤttet werden moͤgte.
In demſelben Tempel zeigte ſich ein wohl
proportionirtes gantz nackendes Weibes-
Bild in der ordentlichen Taille mit allen
ihren Gliedmaſſen, welches aus vortreff-
lichem weiſſen Marmor ſehr kuͤnſtlich zu-
bereitet war, und Koͤcher, Bogen und
Pfeile in der Hand hatte, um die Goͤttin
Diana hiedurch vorſtellig zu machen.

§. 2.

Die Heyden fabulirten von die-
ſer Goͤttin Diana, daß ſie eine Tochter
Jovis und der Latronæ ſey, welche, um
ihre Jungfrauſchafft beſtaͤndig zu erhal-
ten, alle Geſellſchafft gemieden. Damit
ſie keinen Anreitz zur Geilheit empfinden
duͤrffte, haͤtte ſie den Jupiter gebeten,
daß ihr erlaubet ſeyn moͤchte, Zeit Lebens
das Wild zu jagen, und ſich in den wuͤſten
Waͤldern aufzuhalten, weil ſie ſich vor der
Schwangerſchafft ſehr fuͤrchtete, und den
gefaͤhrlichen Zuſtand ihrer Mutter, als
ſie den Apollo gebohren, ſtets vorſtellte.
Es venerirten daher die Heyden dieſes
Goͤtzen-Bild als ein keuſches und mora-
li
ſches Bildniß gar hoch, und ſtellten es
vor, als ob ihr Wagen von zwey weiſſen
Hirſchen gezogen wuͤrde. Dieſes abgoͤt-
tiſche Bild ward nun nicht allein von den
Epheſiern, ſondern auch von gantz Aſien
mit der groͤſten Devotion angebetet, ſie
verehrten ihm viel Geſchencke, und dieſer
Tempel nahm an Reichthum und Koſt-
barkeiten ungemein zu, ſo, daß eine groſ-
ſe Menge der Pfaffen und Prieſter, die
[Spaltenumbruch] dieſem Bild Aufwartung thun muſten,
ingleichen viel Kuͤnſtler, Handwercker,
und Arbeits-Leute ihren guten Zugang
und Verdienſt bey dieſem Tempel und bey
dieſem Bilde fanden. Unter denſelben
war auch ein Goldſchmid, mit Nahmen
Demetrius, wie in der Apoſtel Geſchicht
am 19. Capitel zu leſen, welcher nicht al-
lein Paulo und ſeinen Gefehrten, als ſie
dahin kamen, das Wort des wahren und
lebendigen GOttes zu predigen, und diß
Goͤtzen-Bild in Miß-Credit zu ſetzen, auf
das hefftigſte widerſtund, ſondern auch ei-
nen ſolchen Aufruhr verurſachte, daß der
Poͤbel bey nahe Paulum um das Leben
gebracht haͤtte, wo nicht die Allmacht GOt-
tes ſolchen Tumult geſtillet, und durch ver-
nuͤnfftiger Leute vielguͤltiges Zureden die-
ſem Unheyl abgeholffen. Der gute De-
metrius furchte ſich, wenn die Goͤttin Dia-
na und ihr Goͤtzen-Dienſt einmahl abge-
ſchafft/ und eine fremde Religion einge-
fuͤhret waͤre, ſo wuͤrde hernach ſein Ver-
dienſt, den er bißhero ſo hoch getrieben,
auf einmahl fallen.

§. 3.

Dieſer Goldſchmid verdiente ſich
ſonderlich damit viel Geld, daß er den Leu-
ten viel ſilberne und goldne Schauſtuͤcke
mit dem Bildniß der Dianæ, wie es in dem
Tempel zu ſehen war, verfertigen muſte;
ſie wurden von den Einheimiſchen, und
noch vielmehr von den Fremden ſtarck ein-
gekaufft, weil ein iedweder ſehr groſſen
Aberglauben dabey hatte, und ſolches als
ein Amuletum zu tragen pflegte, das wi-
der allerhand Kranckheiten und Gebre-
chen des menſchlichen Leibes erſprießliche
Dienſte leiſten ſolte. Ob nun zwar Pau-
lus durch alle ſeine treuhertzige Vermah-
nungen und ſcharffe Predigten es nicht
dahin bringen konte, daß die Epheſier die-
ſen Goͤtzen-Tempel abgetragen und ge-
ſtoͤhret haͤtten, ſo fand ſich doch nachge-
hends ein gottloſer Bube, mit Nahmen
Heroſtratus, der, um ſeines Nahmens
Gedaͤchtniß zu verewigen, dieſen Goͤtzen-
Tempel in Brand und Flammen ſetzte.
Die Epheſier warffen eine ſolche Verbitte-
rung auf dieſen Menſchen, daß ſie einhellig
beſchloſſen, denjenigen, der ſeinen Nah-
men oͤffentlich nennen wuͤrde, alſofort
mit der Todes-Straffe zu belegen. Als
nun dieſer Tempel in Brand geſetzet,
und niemand, wegen der um ſich herum
ſpringenden Steine, und des Schmeltzens
der Metallen, welche gleichſam als ein
Strohm herumfloſſen, vermoͤgend war,
das Feuer zu loͤſchen, ſo lieffen die Goͤtzen-

Prieſter
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/90>, abgerufen am 28.03.2024.