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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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überlegen war. Aus den Unterredungen, die der letztere aufgezeichnet
hat, geben wir hier drei.

Erste Unterredung im Januar 1794.

Der Herzog von Braun-
schweig, aufs höchste degoutirt, hatte seine Abberufung von der Armee
am Rhein verlangt. Möllendorf sollte ihm im Oberkommando folgen,
folgte ihm auch wirklich. Massenbach, der den Herzog für fähiger hielt,
war bemüht ihn der Armee zu erhalten. Er reiste vom Hauptquartier
nach Berlin, suchte Bischofswerder auf und drang in ihn, der vom
Herzog eingereichten Demission nicht Folge zu geben.

Massenbach. ... Der Herzog wird das allein Richtige thun;
Möllendorf nicht.

Bischofswerder. Haben Sie den Auftrag vom Herzog, wegen
seines Verbleibens offiziell zu sprechen?

Massenbach. Nein.

Bischofswerder. Was Sie mir über den Krieg und seine nach-
drucksvolle Fortsetzung gesagt haben, will ich dem Könige vortragen.
Hätte Ihnen der Herzog einen Wink gegeben, nur den Wunsch geäußert ...

Massenbach. Den Wunsch hat er nicht mit Worten geäußert,
aber ich gebe meinen Kopf zum Pfande: le Duc ne demande pas mieux.

Bischofswerder. Können Sie mir dafür gut sagen?

Massenbach. Ja, Herr General! Der Herzog bereut es schon,
seine Zurückberufung verlangt zu haben. Gesagt hat er das nicht mit
Worten, aber seine Physiognomie sagt es.

Bischofswerder. Wären Sie einen Tag früher gekommen.
Möllendorf ist ernannt. Doch ich will einen Versuch machen.

So die Unterredung. Der Versuch wurde wirklich gemacht, aber
er glückte nicht.

Zweite Unterredung im Februar 1795.

Sie betraf denselben
Gegenstand: den Herzog. Die Dinge am Rhein waren schlecht gegan-
gen, Holland war verloren. Massenbach war der Ansicht, nur der
Herzog könne den Krieg zu einem glücklichen Ende führen. Er trug
dies Bischofswerdern vor.

Massenbach. . . Ich sehe wohl die Scheidewand zwischen dem
Könige und dem Herzog; aber ist es nicht möglich diese beiden Herren
wieder einander näher zu bringen?

Bischofswerder. Nein. Der König hält den Herzog für zu
bedenklich, für zu unentschlossen.

Massenbach. Beim Entwurfe der Operationen, ja, da ist der
Herzog bedenklich; aber im entscheidenden Moment, im Gefecht, wer
hätte da den Herzog je bedenklich und unentschlossen gesehn?

Bischofswerder. Massenbach, sind Sie aufrichtig?

überlegen war. Aus den Unterredungen, die der letztere aufgezeichnet
hat, geben wir hier drei.

Erſte Unterredung im Januar 1794.

Der Herzog von Braun-
ſchweig, aufs höchſte degoutirt, hatte ſeine Abberufung von der Armee
am Rhein verlangt. Möllendorf ſollte ihm im Oberkommando folgen,
folgte ihm auch wirklich. Maſſenbach, der den Herzog für fähiger hielt,
war bemüht ihn der Armee zu erhalten. Er reiſte vom Hauptquartier
nach Berlin, ſuchte Biſchofswerder auf und drang in ihn, der vom
Herzog eingereichten Demiſſion nicht Folge zu geben.

Maſſenbach. … Der Herzog wird das allein Richtige thun;
Möllendorf nicht.

Biſchofswerder. Haben Sie den Auftrag vom Herzog, wegen
ſeines Verbleibens offiziell zu ſprechen?

Maſſenbach. Nein.

Biſchofswerder. Was Sie mir über den Krieg und ſeine nach-
drucksvolle Fortſetzung geſagt haben, will ich dem Könige vortragen.
Hätte Ihnen der Herzog einen Wink gegeben, nur den Wunſch geäußert …

Maſſenbach. Den Wunſch hat er nicht mit Worten geäußert,
aber ich gebe meinen Kopf zum Pfande: le Duc ne demande pas mieux.

Biſchofswerder. Können Sie mir dafür gut ſagen?

Maſſenbach. Ja, Herr General! Der Herzog bereut es ſchon,
ſeine Zurückberufung verlangt zu haben. Geſagt hat er das nicht mit
Worten, aber ſeine Phyſiognomie ſagt es.

Biſchofswerder. Wären Sie einen Tag früher gekommen.
Möllendorf iſt ernannt. Doch ich will einen Verſuch machen.

So die Unterredung. Der Verſuch wurde wirklich gemacht, aber
er glückte nicht.

Zweite Unterredung im Februar 1795.

Sie betraf denſelben
Gegenſtand: den Herzog. Die Dinge am Rhein waren ſchlecht gegan-
gen, Holland war verloren. Maſſenbach war der Anſicht, nur der
Herzog könne den Krieg zu einem glücklichen Ende führen. Er trug
dies Biſchofswerdern vor.

Maſſenbach. . . Ich ſehe wohl die Scheidewand zwiſchen dem
Könige und dem Herzog; aber iſt es nicht möglich dieſe beiden Herren
wieder einander näher zu bringen?

Biſchofswerder. Nein. Der König hält den Herzog für zu
bedenklich, für zu unentſchloſſen.

Maſſenbach. Beim Entwurfe der Operationen, ja, da iſt der
Herzog bedenklich; aber im entſcheidenden Moment, im Gefecht, wer
hätte da den Herzog je bedenklich und unentſchloſſen geſehn?

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[438/0456] überlegen war. Aus den Unterredungen, die der letztere aufgezeichnet hat, geben wir hier drei. Erſte Unterredung im Januar 1794. Der Herzog von Braun- ſchweig, aufs höchſte degoutirt, hatte ſeine Abberufung von der Armee am Rhein verlangt. Möllendorf ſollte ihm im Oberkommando folgen, folgte ihm auch wirklich. Maſſenbach, der den Herzog für fähiger hielt, war bemüht ihn der Armee zu erhalten. Er reiſte vom Hauptquartier nach Berlin, ſuchte Biſchofswerder auf und drang in ihn, der vom Herzog eingereichten Demiſſion nicht Folge zu geben. Maſſenbach. … Der Herzog wird das allein Richtige thun; Möllendorf nicht. Biſchofswerder. Haben Sie den Auftrag vom Herzog, wegen ſeines Verbleibens offiziell zu ſprechen? Maſſenbach. Nein. Biſchofswerder. Was Sie mir über den Krieg und ſeine nach- drucksvolle Fortſetzung geſagt haben, will ich dem Könige vortragen. Hätte Ihnen der Herzog einen Wink gegeben, nur den Wunſch geäußert … Maſſenbach. Den Wunſch hat er nicht mit Worten geäußert, aber ich gebe meinen Kopf zum Pfande: le Duc ne demande pas mieux. Biſchofswerder. Können Sie mir dafür gut ſagen? Maſſenbach. Ja, Herr General! Der Herzog bereut es ſchon, ſeine Zurückberufung verlangt zu haben. Geſagt hat er das nicht mit Worten, aber ſeine Phyſiognomie ſagt es. Biſchofswerder. Wären Sie einen Tag früher gekommen. Möllendorf iſt ernannt. Doch ich will einen Verſuch machen. So die Unterredung. Der Verſuch wurde wirklich gemacht, aber er glückte nicht. Zweite Unterredung im Februar 1795. Sie betraf denſelben Gegenſtand: den Herzog. Die Dinge am Rhein waren ſchlecht gegan- gen, Holland war verloren. Maſſenbach war der Anſicht, nur der Herzog könne den Krieg zu einem glücklichen Ende führen. Er trug dies Biſchofswerdern vor. Maſſenbach. . . Ich ſehe wohl die Scheidewand zwiſchen dem Könige und dem Herzog; aber iſt es nicht möglich dieſe beiden Herren wieder einander näher zu bringen? Biſchofswerder. Nein. Der König hält den Herzog für zu bedenklich, für zu unentſchloſſen. Maſſenbach. Beim Entwurfe der Operationen, ja, da iſt der Herzog bedenklich; aber im entſcheidenden Moment, im Gefecht, wer hätte da den Herzog je bedenklich und unentſchloſſen geſehn? Biſchofswerder. Maſſenbach, ſind Sie aufrichtig?

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/456>, abgerufen am 28.03.2024.