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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Müdigkeit sorgte für Schlaf, und statt unsrer Träume sei hier
die Geschichte Buchs und seiner vier alten Familien: der Roebel,
Poellnitz, Viereck und Voß erzählt.

Zunächst ein Wort über die Roebels.


Die Roebels.

Die Roebels kamen etwa gleichzeitig mit den Askaniern in
die Mark und gehörten einem Geschlecht an, das sehr wahrschein-
lich von der am Müritz-See gelegenen Stadt Roebel (im Mecklen-
burgischen) seinen Namen führte. Schon im Landbuche von 1375
genannt, waren sie später im Norden und Nordosten von Berlin
ansehnlich begütert und besaßen allda die sammt und sonders im
jetzigen Nieder-Barnimschen Kreise gelegenen Ortschaften: Schön-
fließ und Schöneiche, Birkholz und Blankenburg, Wartenberg,
Hohen-Schönhausen und Buch.

In theilweisem Besitze dieses letztren finden wir sie schon vor
Beginn der hohenzollerschen Zeit, aber erst um 1541 kam das
ganze Dorf Buch in ihre Hände.

Das war unter Hans von Roebel. Derselbe war kur-
brandenburgischer Rath und gehörte mit zu den eifrigsten Anhängern
und Beförderern der Reformation.

Eben desselben Geistes waren seine zwei Söhne Joachim
und Zacharias v. Roebel, von denen der erstere, der mit einer
Hedwig von Krummensee vermählte Joachim, die freundschaft-
lichsten Beziehungen zu Philipp Melanchthon unterhielt. Diese
Beziehungen waren derart, daß der Reformator (und zwar
allem Anscheine nach wiederholentlich) auf Besuch nach Buch
kam und zwei Kinder Joachims v. R. über die Taufe hielt. Er
machte bei dieser Gelegenheit der Kirche zu Buch ein aus den
Werken Luthers bestehendes Geschenk, 10 Bände, in deren zehnten
Band er einen Paulinischen Spruch aus dem Brief an die Colosser:
"Lasset das Wort Christi unter euch reichlich wohnen in aller
Weisheit, lehret und vermahnet euch selbst mit Psalmen und Lob-
gesängen und geistlichen lieblichen Liedern, und singet dem Herrn
in eurem Herzen" eigenhändig eingetragen hat. Darunter die

Müdigkeit ſorgte für Schlaf, und ſtatt unſrer Träume ſei hier
die Geſchichte Buchs und ſeiner vier alten Familien: der Roebel,
Poellnitz, Viereck und Voß erzählt.

Zunächſt ein Wort über die Roebels.


Die Roebels.

Die Roebels kamen etwa gleichzeitig mit den Askaniern in
die Mark und gehörten einem Geſchlecht an, das ſehr wahrſchein-
lich von der am Müritz-See gelegenen Stadt Roebel (im Mecklen-
burgiſchen) ſeinen Namen führte. Schon im Landbuche von 1375
genannt, waren ſie ſpäter im Norden und Nordoſten von Berlin
anſehnlich begütert und beſaßen allda die ſammt und ſonders im
jetzigen Nieder-Barnimſchen Kreiſe gelegenen Ortſchaften: Schön-
fließ und Schöneiche, Birkholz und Blankenburg, Wartenberg,
Hohen-Schönhauſen und Buch.

In theilweiſem Beſitze dieſes letztren finden wir ſie ſchon vor
Beginn der hohenzollerſchen Zeit, aber erſt um 1541 kam das
ganze Dorf Buch in ihre Hände.

Das war unter Hans von Roebel. Derſelbe war kur-
brandenburgiſcher Rath und gehörte mit zu den eifrigſten Anhängern
und Beförderern der Reformation.

Eben deſſelben Geiſtes waren ſeine zwei Söhne Joachim
und Zacharias v. Roebel, von denen der erſtere, der mit einer
Hedwig von Krummenſee vermählte Joachim, die freundſchaft-
lichſten Beziehungen zu Philipp Melanchthon unterhielt. Dieſe
Beziehungen waren derart, daß der Reformator (und zwar
allem Anſcheine nach wiederholentlich) auf Beſuch nach Buch
kam und zwei Kinder Joachims v. R. über die Taufe hielt. Er
machte bei dieſer Gelegenheit der Kirche zu Buch ein aus den
Werken Luthers beſtehendes Geſchenk, 10 Bände, in deren zehnten
Band er einen Pauliniſchen Spruch aus dem Brief an die Coloſſer:
„Laſſet das Wort Chriſti unter euch reichlich wohnen in aller
Weisheit, lehret und vermahnet euch ſelbſt mit Pſalmen und Lob-
geſängen und geiſtlichen lieblichen Liedern, und ſinget dem Herrn
in eurem Herzen“ eigenhändig eingetragen hat. Darunter die

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[167/0183] Müdigkeit ſorgte für Schlaf, und ſtatt unſrer Träume ſei hier die Geſchichte Buchs und ſeiner vier alten Familien: der Roebel, Poellnitz, Viereck und Voß erzählt. Zunächſt ein Wort über die Roebels. Die Roebels. Die Roebels kamen etwa gleichzeitig mit den Askaniern in die Mark und gehörten einem Geſchlecht an, das ſehr wahrſchein- lich von der am Müritz-See gelegenen Stadt Roebel (im Mecklen- burgiſchen) ſeinen Namen führte. Schon im Landbuche von 1375 genannt, waren ſie ſpäter im Norden und Nordoſten von Berlin anſehnlich begütert und beſaßen allda die ſammt und ſonders im jetzigen Nieder-Barnimſchen Kreiſe gelegenen Ortſchaften: Schön- fließ und Schöneiche, Birkholz und Blankenburg, Wartenberg, Hohen-Schönhauſen und Buch. In theilweiſem Beſitze dieſes letztren finden wir ſie ſchon vor Beginn der hohenzollerſchen Zeit, aber erſt um 1541 kam das ganze Dorf Buch in ihre Hände. Das war unter Hans von Roebel. Derſelbe war kur- brandenburgiſcher Rath und gehörte mit zu den eifrigſten Anhängern und Beförderern der Reformation. Eben deſſelben Geiſtes waren ſeine zwei Söhne Joachim und Zacharias v. Roebel, von denen der erſtere, der mit einer Hedwig von Krummenſee vermählte Joachim, die freundſchaft- lichſten Beziehungen zu Philipp Melanchthon unterhielt. Dieſe Beziehungen waren derart, daß der Reformator (und zwar allem Anſcheine nach wiederholentlich) auf Beſuch nach Buch kam und zwei Kinder Joachims v. R. über die Taufe hielt. Er machte bei dieſer Gelegenheit der Kirche zu Buch ein aus den Werken Luthers beſtehendes Geſchenk, 10 Bände, in deren zehnten Band er einen Pauliniſchen Spruch aus dem Brief an die Coloſſer: „Laſſet das Wort Chriſti unter euch reichlich wohnen in aller Weisheit, lehret und vermahnet euch ſelbſt mit Pſalmen und Lob- geſängen und geiſtlichen lieblichen Liedern, und ſinget dem Herrn in eurem Herzen“ eigenhändig eingetragen hat. Darunter die

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/183>, abgerufen am 28.03.2024.