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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Vierundzwanzigstes Kapitel.

Der Baron Berchtesgadensche Wagen fuhr am Kron¬
prinzen-Ufer vor und die Baronin, als sie gehört hatte,
daß die Herrschaften oben zu Hause seien, stieg langsam
die Treppe hinauf, denn sie war nicht gut zu Fuß und
ein wenig asthmatisch. Armgard und Melusine begrüßten
sie mit großer Freude. "Wie gut, wie hübsch, Baronin,"
sagte Melusine, "daß wir Sie sehn. Und wir erwarten
auch noch Besuch. Wenigstens ich. Ich habe solch
Kribbeln in meinem kleinen Finger, und dann kommt
immer wer. Wrschowitz gewiß (denn er war drei Tage
lang nicht hier) und vielleicht auch Professor Cujacius.
Und wenn nicht der, so Dr. Pusch, den Sie noch nicht
kennen, trotzdem Sie ihn eigentlich kennen müßten, --
noch alte Bekanntschaft aus Londoner Tagen her. Mög¬
licherweise kommt auch Frommel. Aber vor allem,
Baronin, was bringen Sie für Wetter mit? Lizzi sagte
mir eben, es neble so stark, man könne die Hand vor
Augen nicht sehn."

"Lizzi hat Ihnen ganz recht berichtet, der richtige
London Fog, wobei mir natürlich Ihr Freund Stechlin
einfällt. Aber über den sprechen wir nachher. Jetzt
sind wir noch beim Nebel. Es war draußen wirklich
so, daß ich immer dachte, wir würden zusammenfahren;
und am Brandenburgerthor, mit den großen Kande¬

Vierundzwanzigſtes Kapitel.

Der Baron Berchtesgadenſche Wagen fuhr am Kron¬
prinzen-Ufer vor und die Baronin, als ſie gehört hatte,
daß die Herrſchaften oben zu Hauſe ſeien, ſtieg langſam
die Treppe hinauf, denn ſie war nicht gut zu Fuß und
ein wenig aſthmatiſch. Armgard und Meluſine begrüßten
ſie mit großer Freude. „Wie gut, wie hübſch, Baronin,“
ſagte Meluſine, „daß wir Sie ſehn. Und wir erwarten
auch noch Beſuch. Wenigſtens ich. Ich habe ſolch
Kribbeln in meinem kleinen Finger, und dann kommt
immer wer. Wrſchowitz gewiß (denn er war drei Tage
lang nicht hier) und vielleicht auch Profeſſor Cujacius.
Und wenn nicht der, ſo Dr. Puſch, den Sie noch nicht
kennen, trotzdem Sie ihn eigentlich kennen müßten, —
noch alte Bekanntſchaft aus Londoner Tagen her. Mög¬
licherweiſe kommt auch Frommel. Aber vor allem,
Baronin, was bringen Sie für Wetter mit? Lizzi ſagte
mir eben, es neble ſo ſtark, man könne die Hand vor
Augen nicht ſehn.“

„Lizzi hat Ihnen ganz recht berichtet, der richtige
London Fog, wobei mir natürlich Ihr Freund Stechlin
einfällt. Aber über den ſprechen wir nachher. Jetzt
ſind wir noch beim Nebel. Es war draußen wirklich
ſo, daß ich immer dachte, wir würden zuſammenfahren;
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[[297]/0304] Vierundzwanzigſtes Kapitel. Der Baron Berchtesgadenſche Wagen fuhr am Kron¬ prinzen-Ufer vor und die Baronin, als ſie gehört hatte, daß die Herrſchaften oben zu Hauſe ſeien, ſtieg langſam die Treppe hinauf, denn ſie war nicht gut zu Fuß und ein wenig aſthmatiſch. Armgard und Meluſine begrüßten ſie mit großer Freude. „Wie gut, wie hübſch, Baronin,“ ſagte Meluſine, „daß wir Sie ſehn. Und wir erwarten auch noch Beſuch. Wenigſtens ich. Ich habe ſolch Kribbeln in meinem kleinen Finger, und dann kommt immer wer. Wrſchowitz gewiß (denn er war drei Tage lang nicht hier) und vielleicht auch Profeſſor Cujacius. Und wenn nicht der, ſo Dr. Puſch, den Sie noch nicht kennen, trotzdem Sie ihn eigentlich kennen müßten, — noch alte Bekanntſchaft aus Londoner Tagen her. Mög¬ licherweiſe kommt auch Frommel. Aber vor allem, Baronin, was bringen Sie für Wetter mit? Lizzi ſagte mir eben, es neble ſo ſtark, man könne die Hand vor Augen nicht ſehn.“ „Lizzi hat Ihnen ganz recht berichtet, der richtige London Fog, wobei mir natürlich Ihr Freund Stechlin einfällt. Aber über den ſprechen wir nachher. Jetzt ſind wir noch beim Nebel. Es war draußen wirklich ſo, daß ich immer dachte, wir würden zuſammenfahren; und am Brandenburgerthor, mit den großen Kande¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. [297]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/304>, abgerufen am 29.03.2024.