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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Dreiundvierzigstes Kapitel.

Es war Mittwoch früh, daß Dubslav, still und
schmerzlos, das Zeitliche gesegnet hatte. Lorenzen wurde
gerufen; auch Kluckhuhn kam, und eine Stunde später
war ein Gemeindediener unterwegs, der die Nachricht
von des Alten Tode den im Kreise Zunächstwohnenden
überbringen sollte, voran der Domina, dann Koseleger,
dann Katzlers und zuletzt den beiden Gundermanns.


Den Tag drauf trafen zwei Briefe bei den Barbys
ein, der eine von Adelheid, der andre von Armgard.
Adelheid machte dem gräflichen Hause kurz und förmlich
die Anzeige von dem Ableben ihres Bruders, unter
gleichzeitiger Mitteilung, "daß das Begräbnis am Sonn¬
abend mittag stattfinden werde." Der Brief Armgards
aber lautete: "Liebe Melusine! Wir bleiben noch bis
morgen hier, -- noch einmal das Forum, noch ein¬
mal den Palatin. Ich werde heute noch aus der
Fontana Trevi trinken, dann kommt man wieder, und
das ist für jeden, der Rom verläßt, bekanntlich der
größte Trost. Wir gehen nun nach Capri, aber in
Etappen, und bleiben unter anderm einen halben Tag
in Monte Cassino, wo (verzeih meine Weisheit) das
ganze Ordenswesen entstanden sein soll. Ich liebe

Dreiundvierzigſtes Kapitel.

Es war Mittwoch früh, daß Dubslav, ſtill und
ſchmerzlos, das Zeitliche geſegnet hatte. Lorenzen wurde
gerufen; auch Kluckhuhn kam, und eine Stunde ſpäter
war ein Gemeindediener unterwegs, der die Nachricht
von des Alten Tode den im Kreiſe Zunächſtwohnenden
überbringen ſollte, voran der Domina, dann Koſeleger,
dann Katzlers und zuletzt den beiden Gundermanns.


Den Tag drauf trafen zwei Briefe bei den Barbys
ein, der eine von Adelheid, der andre von Armgard.
Adelheid machte dem gräflichen Hauſe kurz und förmlich
die Anzeige von dem Ableben ihres Bruders, unter
gleichzeitiger Mitteilung, „daß das Begräbnis am Sonn¬
abend mittag ſtattfinden werde.“ Der Brief Armgards
aber lautete: „Liebe Meluſine! Wir bleiben noch bis
morgen hier, — noch einmal das Forum, noch ein¬
mal den Palatin. Ich werde heute noch aus der
Fontana Trevi trinken, dann kommt man wieder, und
das iſt für jeden, der Rom verläßt, bekanntlich der
größte Troſt. Wir gehen nun nach Capri, aber in
Etappen, und bleiben unter anderm einen halben Tag
in Monte Caſſino, wo (verzeih meine Weisheit) das
ganze Ordensweſen entſtanden ſein ſoll. Ich liebe

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[[496]/0503] Dreiundvierzigſtes Kapitel. Es war Mittwoch früh, daß Dubslav, ſtill und ſchmerzlos, das Zeitliche geſegnet hatte. Lorenzen wurde gerufen; auch Kluckhuhn kam, und eine Stunde ſpäter war ein Gemeindediener unterwegs, der die Nachricht von des Alten Tode den im Kreiſe Zunächſtwohnenden überbringen ſollte, voran der Domina, dann Koſeleger, dann Katzlers und zuletzt den beiden Gundermanns. Den Tag drauf trafen zwei Briefe bei den Barbys ein, der eine von Adelheid, der andre von Armgard. Adelheid machte dem gräflichen Hauſe kurz und förmlich die Anzeige von dem Ableben ihres Bruders, unter gleichzeitiger Mitteilung, „daß das Begräbnis am Sonn¬ abend mittag ſtattfinden werde.“ Der Brief Armgards aber lautete: „Liebe Meluſine! Wir bleiben noch bis morgen hier, — noch einmal das Forum, noch ein¬ mal den Palatin. Ich werde heute noch aus der Fontana Trevi trinken, dann kommt man wieder, und das iſt für jeden, der Rom verläßt, bekanntlich der größte Troſt. Wir gehen nun nach Capri, aber in Etappen, und bleiben unter anderm einen halben Tag in Monte Caſſino, wo (verzeih meine Weisheit) das ganze Ordensweſen entſtanden ſein ſoll. Ich liebe

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. [496]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/503>, abgerufen am 18.04.2024.