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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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Siebentes Capitel.
Der Jungbrunnen.

Das Schlußcapitel meiner Geschichte haben wir
miteinander durchlebt, liebe Hardine. Es wird Dir
wenig erzählen, dessen Du Dich nicht erinnertest, und
soll nur ein Facit sein von dem, was wir uns gegen¬
seitig schuldig geworden sind.

Du glaubst, es sei eine warme Hand gewesen,
welche die Waise von der Leiche des Vaters unter
ein heimisches Dach geführt hat. Wie oft habe ich
mit Scham den Dank Deiner Thränen auf dieser
Hand empfunden! Mein Kind, es war ein sehr frosti¬
ges Geleit, und es hat lange gewährt, bis ich -- Dich
lieben etwa ? -- o nein, bis ich Deinen Anblick nur
ertragen lernte.

Es war ein Moment in meinem Leben, in wel¬
chem die letzte matte Spur von dem, was die Men¬

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Siebentes Capitel.
Der Jungbrunnen.

Das Schlußcapitel meiner Geſchichte haben wir
miteinander durchlebt, liebe Hardine. Es wird Dir
wenig erzählen, deſſen Du Dich nicht erinnerteſt, und
ſoll nur ein Facit ſein von dem, was wir uns gegen¬
ſeitig ſchuldig geworden ſind.

Du glaubſt, es ſei eine warme Hand geweſen,
welche die Waiſe von der Leiche des Vaters unter
ein heimiſches Dach geführt hat. Wie oft habe ich
mit Scham den Dank Deiner Thränen auf dieſer
Hand empfunden! Mein Kind, es war ein ſehr froſti¬
ges Geleit, und es hat lange gewährt, bis ich — Dich
lieben etwa ? — o nein, bis ich Deinen Anblick nur
ertragen lernte.

Es war ein Moment in meinem Leben, in wel¬
chem die letzte matte Spur von dem, was die Men¬

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[[243]/0247] Siebentes Capitel. Der Jungbrunnen. Das Schlußcapitel meiner Geſchichte haben wir miteinander durchlebt, liebe Hardine. Es wird Dir wenig erzählen, deſſen Du Dich nicht erinnerteſt, und ſoll nur ein Facit ſein von dem, was wir uns gegen¬ ſeitig ſchuldig geworden ſind. Du glaubſt, es ſei eine warme Hand geweſen, welche die Waiſe von der Leiche des Vaters unter ein heimiſches Dach geführt hat. Wie oft habe ich mit Scham den Dank Deiner Thränen auf dieſer Hand empfunden! Mein Kind, es war ein ſehr froſti¬ ges Geleit, und es hat lange gewährt, bis ich — Dich lieben etwa ? — o nein, bis ich Deinen Anblick nur ertragen lernte. Es war ein Moment in meinem Leben, in wel¬ chem die letzte matte Spur von dem, was die Men¬ 16*

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. [243]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/247>, abgerufen am 29.03.2024.