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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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wenn auch später, als wir gehofft, doch sicher zur
Stunde bereits dem gefangenen Monarchen in seiner
Hauptstadt die Freiheit wiedergegeben haben werde.

Unbegreiflich dahingegen und wahrhaft beängsti¬
gend war uns das Schweigen unserer heimathlichen
Freunde bei der Armee; denn wenn wir auch bei un¬
serem aufgeregten Prinzen keine mittheilsame Stim¬
mung voraussetzten, so hatte doch ein junger Regi¬
mentskamerad, der jenem als Adjutant beigegeben und
meinem Vater vertraulich zugethan war, fleißige Nach¬
richt versprochen, und nun nahezu zwei Monate kein
Wort von sich hören lassen. Und Faber, dem durch
seltsame Fügung die Freunde auf fremdem Boden,
unter fremder Fahne in demselben Regimentsverband
begegnen mußten, auch Fader sendete keinen Trost in
dieser bänglichen Zeit.

"Ich habe ein besseres Fiducit zu diesem Mosjö
Per--se gehegt," sagte mein Vater ärgerlich. "Daß ich
auch nicht daran gedacht habe, dem Prinzen einen
Denkzettel an ihn mit auf den Weg zu geben. Die
arme kleine Dorl ist wie verwandelt, seitdem es nun
ernstlich zum Klappen gekommen ist. Sie grämt sich
und schämt sich, so vergessen zu sein in ihrer Angst
und Noth."

wenn auch ſpäter, als wir gehofft, doch ſicher zur
Stunde bereits dem gefangenen Monarchen in ſeiner
Hauptſtadt die Freiheit wiedergegeben haben werde.

Unbegreiflich dahingegen und wahrhaft beängſti¬
gend war uns das Schweigen unſerer heimathlichen
Freunde bei der Armee; denn wenn wir auch bei un¬
ſerem aufgeregten Prinzen keine mittheilſame Stim¬
mung vorausſetzten, ſo hatte doch ein junger Regi¬
mentskamerad, der jenem als Adjutant beigegeben und
meinem Vater vertraulich zugethan war, fleißige Nach¬
richt verſprochen, und nun nahezu zwei Monate kein
Wort von ſich hören laſſen. Und Faber, dem durch
ſeltſame Fügung die Freunde auf fremdem Boden,
unter fremder Fahne in demſelben Regimentsverband
begegnen mußten, auch Fader ſendete keinen Troſt in
dieſer bänglichen Zeit.

„Ich habe ein beſſeres Fiducit zu dieſem Mosjö
Per—ſé gehegt,“ ſagte mein Vater ärgerlich. „Daß ich
auch nicht daran gedacht habe, dem Prinzen einen
Denkzettel an ihn mit auf den Weg zu geben. Die
arme kleine Dorl iſt wie verwandelt, ſeitdem es nun
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und ſchämt ſich, ſo vergeſſen zu ſein in ihrer Angſt
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[4/0008] wenn auch ſpäter, als wir gehofft, doch ſicher zur Stunde bereits dem gefangenen Monarchen in ſeiner Hauptſtadt die Freiheit wiedergegeben haben werde. Unbegreiflich dahingegen und wahrhaft beängſti¬ gend war uns das Schweigen unſerer heimathlichen Freunde bei der Armee; denn wenn wir auch bei un¬ ſerem aufgeregten Prinzen keine mittheilſame Stim¬ mung vorausſetzten, ſo hatte doch ein junger Regi¬ mentskamerad, der jenem als Adjutant beigegeben und meinem Vater vertraulich zugethan war, fleißige Nach¬ richt verſprochen, und nun nahezu zwei Monate kein Wort von ſich hören laſſen. Und Faber, dem durch ſeltſame Fügung die Freunde auf fremdem Boden, unter fremder Fahne in demſelben Regimentsverband begegnen mußten, auch Fader ſendete keinen Troſt in dieſer bänglichen Zeit. „Ich habe ein beſſeres Fiducit zu dieſem Mosjö Per—ſé gehegt,“ ſagte mein Vater ärgerlich. „Daß ich auch nicht daran gedacht habe, dem Prinzen einen Denkzettel an ihn mit auf den Weg zu geben. Die arme kleine Dorl iſt wie verwandelt, ſeitdem es nun ernſtlich zum Klappen gekommen iſt. Sie grämt ſich und ſchämt ſich, ſo vergeſſen zu ſein in ihrer Angſt und Noth.“

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/8>, abgerufen am 24.04.2024.