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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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großen seyen nur halb voll. Bey einer Jungfer,
der man innerhalb einem Jahre hundert Mal Ader ließ,
und die, wahrscheinlich an einem Nervenschlag, gä-
hen Todes starb, war in den Gehirngefäßen keine
Spur von Blut zu entdecken. -- Ein Mann, dem
man in einer Lungenentzündung öfters zur Ader ließ,
starb in der Wiedergenesung an einer heftigen Ohn-
macht. Man bemerkte doch, daß kurz vor dem Tode
die Kräfte zunahmen, und das Gesicht sich wieder zu
färben anfieng. In der Leiche waren die Hirngefäße
trocken, das Herz blutleer und alles ausgetröcknet.*)

Bey de Haen hatte eine Frau noch fünf Stun-
den vor dem Tode einen geschwinden, starken, harten
Puls; das Blut sprang mit Gewalt und entzündli-
cher Dichtigkeit aus der Ader. Noch eine halbe Stun-
de vor dem Tode, nachdem sie eine Verblutung von
ungefähr sechs Unzen erlitten hatte, war der Puls
noch stärker an beyden Armen. Und dennoch war gar
kein Blut weder in den Schlagadern noch Blutadern;
auf dem Grunde des Schädels fand man sechs Unzen
ergossenes flüssiges Blut.**) -- Ein gichtflüssiger
Mann hatte immerwährend bis kurz vor dem Tode ei-
nen harten, starken Puls. Man hatte ihm nicht nur
keine Ausleerungen veranstaltet, sondern er hatte nicht
einmal die erforderlichen; die Schlagadern alle, selbst
das Herz waren blutleer. Die Schlagadern waren
über Finger dick, und die Blutadern ebenfalls sehr
weit ausgedehnt; sie enthielten beyde nichts als einen

kaum
*) Synop. univ. Prax med. P. I. p. 53.
**) Pars VI. Problema I. cap. 4.

großen ſeyen nur halb voll. Bey einer Jungfer,
der man innerhalb einem Jahre hundert Mal Ader ließ,
und die, wahrſcheinlich an einem Nervenſchlag, gaͤ-
hen Todes ſtarb, war in den Gehirngefaͤßen keine
Spur von Blut zu entdecken. — Ein Mann, dem
man in einer Lungenentzuͤndung oͤfters zur Ader ließ,
ſtarb in der Wiedergeneſung an einer heftigen Ohn-
macht. Man bemerkte doch, daß kurz vor dem Tode
die Kraͤfte zunahmen, und das Geſicht ſich wieder zu
faͤrben anfieng. In der Leiche waren die Hirngefaͤße
trocken, das Herz blutleer und alles ausgetroͤcknet.*)

Bey de Haen hatte eine Frau noch fuͤnf Stun-
den vor dem Tode einen geſchwinden, ſtarken, harten
Puls; das Blut ſprang mit Gewalt und entzuͤndli-
cher Dichtigkeit aus der Ader. Noch eine halbe Stun-
de vor dem Tode, nachdem ſie eine Verblutung von
ungefaͤhr ſechs Unzen erlitten hatte, war der Puls
noch ſtaͤrker an beyden Armen. Und dennoch war gar
kein Blut weder in den Schlagadern noch Blutadern;
auf dem Grunde des Schaͤdels fand man ſechs Unzen
ergoſſenes fluͤſſiges Blut.**) — Ein gichtfluͤſſiger
Mann hatte immerwaͤhrend bis kurz vor dem Tode ei-
nen harten, ſtarken Puls. Man hatte ihm nicht nur
keine Ausleerungen veranſtaltet, ſondern er hatte nicht
einmal die erforderlichen; die Schlagadern alle, ſelbſt
das Herz waren blutleer. Die Schlagadern waren
uͤber Finger dick, und die Blutadern ebenfalls ſehr
weit ausgedehnt; ſie enthielten beyde nichts als einen

kaum
*) Synop. univ. Prax med. P. I. p. 53.
**) Pars VI. Problema I. cap. 4.
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[486/0505] großen ſeyen nur halb voll. Bey einer Jungfer, der man innerhalb einem Jahre hundert Mal Ader ließ, und die, wahrſcheinlich an einem Nervenſchlag, gaͤ- hen Todes ſtarb, war in den Gehirngefaͤßen keine Spur von Blut zu entdecken. — Ein Mann, dem man in einer Lungenentzuͤndung oͤfters zur Ader ließ, ſtarb in der Wiedergeneſung an einer heftigen Ohn- macht. Man bemerkte doch, daß kurz vor dem Tode die Kraͤfte zunahmen, und das Geſicht ſich wieder zu faͤrben anfieng. In der Leiche waren die Hirngefaͤße trocken, das Herz blutleer und alles ausgetroͤcknet. *) Bey de Haen hatte eine Frau noch fuͤnf Stun- den vor dem Tode einen geſchwinden, ſtarken, harten Puls; das Blut ſprang mit Gewalt und entzuͤndli- cher Dichtigkeit aus der Ader. Noch eine halbe Stun- de vor dem Tode, nachdem ſie eine Verblutung von ungefaͤhr ſechs Unzen erlitten hatte, war der Puls noch ſtaͤrker an beyden Armen. Und dennoch war gar kein Blut weder in den Schlagadern noch Blutadern; auf dem Grunde des Schaͤdels fand man ſechs Unzen ergoſſenes fluͤſſiges Blut. **) — Ein gichtfluͤſſiger Mann hatte immerwaͤhrend bis kurz vor dem Tode ei- nen harten, ſtarken Puls. Man hatte ihm nicht nur keine Ausleerungen veranſtaltet, ſondern er hatte nicht einmal die erforderlichen; die Schlagadern alle, ſelbſt das Herz waren blutleer. Die Schlagadern waren uͤber Finger dick, und die Blutadern ebenfalls ſehr weit ausgedehnt; ſie enthielten beyde nichts als einen kaum *) Synop. univ. Prax med. P. I. p. 53. **) Pars VI. Problema I. cap. 4.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/505>, abgerufen am 19.04.2024.