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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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oftmals fünfzehn und mehrere Jahre alle Jahre die
Kranken elendiglich marterte. Eben so kamen bey
dem Weibe, wovon van Swieten aus den medical.
Essay
die Geschichte anführt, endlich des Tages 3
bis 5mal die Anfälle der Fallsucht, nachdem sie zuerst
nur alle Monate einen hatte.*) Testa, der so vor-
treffliche Bemerkungen über die Gewohnheiten gemacht
hat, sucht auch den Zeitfluß der Weiber bloß von der
Gewohnheit herzuleiten. Aber, warum fängt dieser
erst um das 12--20te Jahr an? warum verschwin-
det er allermeist bey Schwangern und Säugenden?
Warum hört er um das 36--50ste Jahr auf?
Warum hat sich diese Gewohnheit noch nicht unter den
in Ruhe und weiblichen Geschäften lebenden Männern
des Königreiches Congou entsponnen? Wer hat den
Zeitfluß bey den Weibleins der Affen eingeführet?
Geht nicht bey allen Säugthieren eine ähnliche Verän-
derung vor, ehe sie zur Begattung aufgefordert wer-
den? Warum ist der periodische Gold aderfluß noch
nicht weder unter den Männern noch Weibern zur
Gewohnheit geworden?

§. 109.

Es giebt noch etwas sehr Merkwürdiges in der
thierischen Haushaltung, welches von den meisten mit
der Gewohnheit zusammen gestellt wird, obschon aller-
meist gerade das Gegentheil statt hat. Es ist keine
Folge öfterer vorgegangener gleichmäßiger Bewegun-

gen;
*) T. III. p. 450.

oftmals fuͤnfzehn und mehrere Jahre alle Jahre die
Kranken elendiglich marterte. Eben ſo kamen bey
dem Weibe, wovon van Swieten aus den medical.
Eſſay
die Geſchichte anfuͤhrt, endlich des Tages 3
bis 5mal die Anfaͤlle der Fallſucht, nachdem ſie zuerſt
nur alle Monate einen hatte.*) Teſta, der ſo vor-
treffliche Bemerkungen uͤber die Gewohnheiten gemacht
hat, ſucht auch den Zeitfluß der Weiber bloß von der
Gewohnheit herzuleiten. Aber, warum faͤngt dieſer
erſt um das 12—20te Jahr an? warum verſchwin-
det er allermeiſt bey Schwangern und Saͤugenden?
Warum hoͤrt er um das 36—50ſte Jahr auf?
Warum hat ſich dieſe Gewohnheit noch nicht unter den
in Ruhe und weiblichen Geſchaͤften lebenden Maͤnnern
des Koͤnigreiches Congou entſponnen? Wer hat den
Zeitfluß bey den Weibleins der Affen eingefuͤhret?
Geht nicht bey allen Saͤugthieren eine aͤhnliche Veraͤn-
derung vor, ehe ſie zur Begattung aufgefordert wer-
den? Warum iſt der periodiſche Gold aderfluß noch
nicht weder unter den Maͤnnern noch Weibern zur
Gewohnheit geworden?

§. 109.

Es giebt noch etwas ſehr Merkwuͤrdiges in der
thieriſchen Haushaltung, welches von den meiſten mit
der Gewohnheit zuſammen geſtellt wird, obſchon aller-
meiſt gerade das Gegentheil ſtatt hat. Es iſt keine
Folge oͤfterer vorgegangener gleichmaͤßiger Bewegun-

gen;
*) T. III. p. 450.
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[649/0668] oftmals fuͤnfzehn und mehrere Jahre alle Jahre die Kranken elendiglich marterte. Eben ſo kamen bey dem Weibe, wovon van Swieten aus den medical. Eſſay die Geſchichte anfuͤhrt, endlich des Tages 3 bis 5mal die Anfaͤlle der Fallſucht, nachdem ſie zuerſt nur alle Monate einen hatte. *) Teſta, der ſo vor- treffliche Bemerkungen uͤber die Gewohnheiten gemacht hat, ſucht auch den Zeitfluß der Weiber bloß von der Gewohnheit herzuleiten. Aber, warum faͤngt dieſer erſt um das 12—20te Jahr an? warum verſchwin- det er allermeiſt bey Schwangern und Saͤugenden? Warum hoͤrt er um das 36—50ſte Jahr auf? Warum hat ſich dieſe Gewohnheit noch nicht unter den in Ruhe und weiblichen Geſchaͤften lebenden Maͤnnern des Koͤnigreiches Congou entſponnen? Wer hat den Zeitfluß bey den Weibleins der Affen eingefuͤhret? Geht nicht bey allen Saͤugthieren eine aͤhnliche Veraͤn- derung vor, ehe ſie zur Begattung aufgefordert wer- den? Warum iſt der periodiſche Gold aderfluß noch nicht weder unter den Maͤnnern noch Weibern zur Gewohnheit geworden? §. 109. Es giebt noch etwas ſehr Merkwuͤrdiges in der thieriſchen Haushaltung, welches von den meiſten mit der Gewohnheit zuſammen geſtellt wird, obſchon aller- meiſt gerade das Gegentheil ſtatt hat. Es iſt keine Folge oͤfterer vorgegangener gleichmaͤßiger Bewegun- gen; *) T. III. p. 450.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/668>, abgerufen am 28.03.2024.