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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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echten Baumwollfarbstoffes, daß man durch 1 bis 11/2 stündiges Behandeln
im Färbebade jene Schattierung zu erzielen vermag, welche verlangt wird.
Geschieht das Färben mit der nötigen Vorsicht, so bleibt die Seide intakt.
Dann folgt ein Spülen und zuletzt ein Schönen auf einem konzentrierten
Seifenbad durch 10 bis 15 Minuten, wodurch beide Farben klar hervor-
treten. In dieser Weise kann man Bengalrosa neben Brillantgrün, Alkali-
blau neben Auramin, Chrysolin neben Methylviolett färben.

§ 90. Leinen-Färberei.

Die Leinenfaser ist in ihrem Verhalten gegen Beizen wie gegen Farb-
stoffe der Baumwollfaser so ähnlich, daß alle Beiz- und Färbemethoden,
welche für Baumwolle angewendet werden, auch auf Leinen angewendet
werden können. Nur möchte ich an die Verschiedenheit im Verhalten der
beiden Fasern gegen Wasser, mithin auch gegen Farbstofflösungen, erinnern.
Die Aufnahmefähigkeit für Wasser ist bei der Leinenfaser bedeutend geringer,
als bei der Baumwolle; es findet also beim eigentlichen Färbeprozeß ein
unvollkommenes Durchdringen der Faser mit der Farbstofflösung statt, es
wird der Faser mithin auch weniger Farbstoff dargeboten, als beim Färben
der Baumwolle und so erklärt es sich leicht, warum das Ausfärben der
Leinenfaser längere Zeit gebraucht, als das der Baumwolle. Um diesem Uebel-
stande zu begegnen, gibt es zwei Mittel: entweder 1. Ausfärben bei Siede-
hitze, oder 2. Arbeiten mit konzentrierten Bädern.

Die Leinenfärberei der Jetztzeit hat sich von der Landarbeit völlig
emanzipiert; früher lag sie fast ganz in den Händen kleiner Landfärber,
welche selbst Leinwand produzierten. Die großen Vorteile, welche die Ent-
deckung der künstlichen organischen Farbstoffe der Baumwolle (speziell in
neuester Zeit) gebracht hat, kommen natürlich auch dem Leinen zu gut, so
daß wir heute imstande sind, alle Nüancen, welche wir der Baumwolle
geben können, auch auf Leinen zu färben. Der herrschende Geschmack, wel-
cher mehrfarbige Leinengewebe bevorzugt, hat die Leinengarnfärberei in
den Vordergrund gedrängt, während die Färberei grober Leinengewebe auch
heute noch in das Gebiet der Landarbeit gehört. Während sich aber letztere
mit verhältnismäßig wenig Farben befaßt, vorwiegend blau (Blauleinen),
schwarz (Buchbinderleinen), grün und braun, benutzt die Garnfärberei alle
jene Effekte, welche die künstlichen organischen Farbstoffe gestatten.

Für die Färberei von Halbleinen gilt dasselbe, was bei der Färberei
von Halbwolle gesagt ist. Es handelt sich dabei vorzugsweise um Beider-
wand
(leinene Kette und wollener Schuß); hier muß zuerst der Wollfaden
gefärbt werden; dann folgt das Beizen mit Tannin, das Fixieren mit Brech-
weinstein und das Ausfärben des Leinenfadens. Bei aus Leinen und Baum-
wolle gemischten Geweben findet ein Unterschied in der Färbemethode natür-
lich nicht statt.

Bei der völligen Gleichheit der Färberei von Leinen und Baumwolle
glaube ich, von der Vorführung von Beispielen absehen zu sollen und ver-
weise dies betreffend auf die § 69 bis 85.

echten Baumwollfarbſtoffes, daß man durch 1 bis 1½ ſtündiges Behandeln
im Färbebade jene Schattierung zu erzielen vermag, welche verlangt wird.
Geſchieht das Färben mit der nötigen Vorſicht, ſo bleibt die Seide intakt.
Dann folgt ein Spülen und zuletzt ein Schönen auf einem konzentrierten
Seifenbad durch 10 bis 15 Minuten, wodurch beide Farben klar hervor-
treten. In dieſer Weiſe kann man Bengalroſa neben Brillantgrün, Alkali-
blau neben Auramin, Chryſolin neben Methylviolett färben.

§ 90. Leinen-Färberei.

Die Leinenfaſer iſt in ihrem Verhalten gegen Beizen wie gegen Farb-
ſtoffe der Baumwollfaſer ſo ähnlich, daß alle Beiz- und Färbemethoden,
welche für Baumwolle angewendet werden, auch auf Leinen angewendet
werden können. Nur möchte ich an die Verſchiedenheit im Verhalten der
beiden Faſern gegen Waſſer, mithin auch gegen Farbſtofflöſungen, erinnern.
Die Aufnahmefähigkeit für Waſſer iſt bei der Leinenfaſer bedeutend geringer,
als bei der Baumwolle; es findet alſo beim eigentlichen Färbeprozeß ein
unvollkommenes Durchdringen der Faſer mit der Farbſtofflöſung ſtatt, es
wird der Faſer mithin auch weniger Farbſtoff dargeboten, als beim Färben
der Baumwolle und ſo erklärt es ſich leicht, warum das Ausfärben der
Leinenfaſer längere Zeit gebraucht, als das der Baumwolle. Um dieſem Uebel-
ſtande zu begegnen, gibt es zwei Mittel: entweder 1. Ausfärben bei Siede-
hitze, oder 2. Arbeiten mit konzentrierten Bädern.

Die Leinenfärberei der Jetztzeit hat ſich von der Landarbeit völlig
emanzipiert; früher lag ſie faſt ganz in den Händen kleiner Landfärber,
welche ſelbſt Leinwand produzierten. Die großen Vorteile, welche die Ent-
deckung der künſtlichen organiſchen Farbſtoffe der Baumwolle (ſpeziell in
neueſter Zeit) gebracht hat, kommen natürlich auch dem Leinen zu gut, ſo
daß wir heute imſtande ſind, alle Nüancen, welche wir der Baumwolle
geben können, auch auf Leinen zu färben. Der herrſchende Geſchmack, wel-
cher mehrfarbige Leinengewebe bevorzugt, hat die Leinengarnfärberei in
den Vordergrund gedrängt, während die Färberei grober Leinengewebe auch
heute noch in das Gebiet der Landarbeit gehört. Während ſich aber letztere
mit verhältnismäßig wenig Farben befaßt, vorwiegend blau (Blauleinen),
ſchwarz (Buchbinderleinen), grün und braun, benutzt die Garnfärberei alle
jene Effekte, welche die künſtlichen organiſchen Farbſtoffe geſtatten.

Für die Färberei von Halbleinen gilt dasſelbe, was bei der Färberei
von Halbwolle geſagt iſt. Es handelt ſich dabei vorzugsweiſe um Beider-
wand
(leinene Kette und wollener Schuß); hier muß zuerſt der Wollfaden
gefärbt werden; dann folgt das Beizen mit Tannin, das Fixieren mit Brech-
weinſtein und das Ausfärben des Leinenfadens. Bei aus Leinen und Baum-
wolle gemiſchten Geweben findet ein Unterſchied in der Färbemethode natür-
lich nicht ſtatt.

Bei der völligen Gleichheit der Färberei von Leinen und Baumwolle
glaube ich, von der Vorführung von Beiſpielen abſehen zu ſollen und ver-
weiſe dies betreffend auf die § 69 bis 85.

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[629/0677] echten Baumwollfarbſtoffes, daß man durch 1 bis 1½ ſtündiges Behandeln im Färbebade jene Schattierung zu erzielen vermag, welche verlangt wird. Geſchieht das Färben mit der nötigen Vorſicht, ſo bleibt die Seide intakt. Dann folgt ein Spülen und zuletzt ein Schönen auf einem konzentrierten Seifenbad durch 10 bis 15 Minuten, wodurch beide Farben klar hervor- treten. In dieſer Weiſe kann man Bengalroſa neben Brillantgrün, Alkali- blau neben Auramin, Chryſolin neben Methylviolett färben. § 90. Leinen-Färberei. Die Leinenfaſer iſt in ihrem Verhalten gegen Beizen wie gegen Farb- ſtoffe der Baumwollfaſer ſo ähnlich, daß alle Beiz- und Färbemethoden, welche für Baumwolle angewendet werden, auch auf Leinen angewendet werden können. Nur möchte ich an die Verſchiedenheit im Verhalten der beiden Faſern gegen Waſſer, mithin auch gegen Farbſtofflöſungen, erinnern. Die Aufnahmefähigkeit für Waſſer iſt bei der Leinenfaſer bedeutend geringer, als bei der Baumwolle; es findet alſo beim eigentlichen Färbeprozeß ein unvollkommenes Durchdringen der Faſer mit der Farbſtofflöſung ſtatt, es wird der Faſer mithin auch weniger Farbſtoff dargeboten, als beim Färben der Baumwolle und ſo erklärt es ſich leicht, warum das Ausfärben der Leinenfaſer längere Zeit gebraucht, als das der Baumwolle. Um dieſem Uebel- ſtande zu begegnen, gibt es zwei Mittel: entweder 1. Ausfärben bei Siede- hitze, oder 2. Arbeiten mit konzentrierten Bädern. Die Leinenfärberei der Jetztzeit hat ſich von der Landarbeit völlig emanzipiert; früher lag ſie faſt ganz in den Händen kleiner Landfärber, welche ſelbſt Leinwand produzierten. Die großen Vorteile, welche die Ent- deckung der künſtlichen organiſchen Farbſtoffe der Baumwolle (ſpeziell in neueſter Zeit) gebracht hat, kommen natürlich auch dem Leinen zu gut, ſo daß wir heute imſtande ſind, alle Nüancen, welche wir der Baumwolle geben können, auch auf Leinen zu färben. Der herrſchende Geſchmack, wel- cher mehrfarbige Leinengewebe bevorzugt, hat die Leinengarnfärberei in den Vordergrund gedrängt, während die Färberei grober Leinengewebe auch heute noch in das Gebiet der Landarbeit gehört. Während ſich aber letztere mit verhältnismäßig wenig Farben befaßt, vorwiegend blau (Blauleinen), ſchwarz (Buchbinderleinen), grün und braun, benutzt die Garnfärberei alle jene Effekte, welche die künſtlichen organiſchen Farbſtoffe geſtatten. Für die Färberei von Halbleinen gilt dasſelbe, was bei der Färberei von Halbwolle geſagt iſt. Es handelt ſich dabei vorzugsweiſe um Beider- wand (leinene Kette und wollener Schuß); hier muß zuerſt der Wollfaden gefärbt werden; dann folgt das Beizen mit Tannin, das Fixieren mit Brech- weinſtein und das Ausfärben des Leinenfadens. Bei aus Leinen und Baum- wolle gemiſchten Geweben findet ein Unterſchied in der Färbemethode natür- lich nicht ſtatt. Bei der völligen Gleichheit der Färberei von Leinen und Baumwolle glaube ich, von der Vorführung von Beiſpielen abſehen zu ſollen und ver- weiſe dies betreffend auf die § 69 bis 85.

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/677>, abgerufen am 29.03.2024.