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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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Von den genannten haben für Färbereizwecke besonders die Straußfedern
Bedeutung.

Alle Federn, gleichviel ob weiß oder farbig, enthalten, wie sie in den
Handel kommen, eine bestimmte Menge Fett, welche dem Angehen und Ein-
dringen der Farbstoffe hinderlich ist; es ist daher notwendig, die Federn vor
allem zu entfetten; grane oder dunklere Federn, welche für zarte Farben
bestimmt werden, müssen behufs Zerstörung des natürlichen Farbstoffes zu-
vor gebleicht werden. Wenn der Färber Naturfedern zum Färben erhält,
wird er die erstere Operation immer, die zweite vielfach, selbst ausführen
müssen. Diese beiden, sowie die weiteren das Färben vorbereitenden Ope-
rationen finden sich ausführlich behandelt im speziellen Teil unter Federn-
färberei
(§ 94).

§ 9. Unterschied zwischen tierischer und pflanzlicher Gewebefaser.

Mit den in § 8 behandelten Federn schließt die Reihe der tierischen
oder animalischen Färbereimaterialien. Wir begegnen von der im folgen-
den Paragraph behandelten Baumwolle an einer völlig anderen Reihe von Ge-
webefasern, welche pflanzlichen Ursprungs sind und sich weniger durch
ihre physikalischen Eigenschaften, um so mehr aber durch ihre mikroskopischen
und chemischen Eigenschaften von den tierischen unterscheiden. Während die
tierischen Färbereimaterialien als Grundsubstanz aus Horngewebe bestanden,
bestehen die pflanzlichen oder vegetabilischen Gespinnstfasern aus mehr oder
minder reiner Cellulose. Die Hornsubstanz ist ausgezeichnet durch einen
gewissen Gehalt an Stickstoff und an Schwefel und zeigt beim Verbrennen
jenen unangenehmen Geruch, den wir als Sengen bezeichnen; die Cellulose
dagegen enthält weder Stickstoff noch Schwefel, sondern lediglich Kohlenstoff,
Wasserstoff und Sauerstoff und verbreitet beim Verbrennen keinen
Geruch
. Dieses ist die einfachste und leichteste Unterscheidung, wenn es
sich um nicht gemischte Gespinnstfasern oder Gewebe handelt. Ein Garn
oder Gewebe, welches beim Verbrennen keinen Geruch nach verbranntem Horn
gibt, ist also allemal frei von tierischen Gespinnstfasern, enthält also keine
Wolle oder Seide.

Diese kurze Betrachtung soll keineswegs in die Untersuchung von Ge-
webefasern
einleiten, sondern lediglich die Grenze bezeichnen zwischen den
beiden großen Klassen der tierischen und der pflanzlichen Gespinnstfasern.

Zu letzteren zählen wir, soweit sie für Färbereizwecke überhaupt in Be-
tracht kommen:

Die Baumwolle, den Flachs, den Hanf, die Jute, die Nessel, das
Chinagras.

§. 10. Baumwolle.

Von allen Gespinnstfasern pflanzlicher Abstammung ist die Baumwolle
zur Zeit die wichtigste und gilt augenblicklich als der Hauptrepräsentant der
vegetabilischen Gewebefasern. Was wir als Baumwolle bezeichnen,
sind die aus fast reiner Cellulose bestehenden Samenhaare der
Baumwollenstaude, ein weißer lockerer Flaum, welcher die
Baumwollsamen einhüllt
.

Von den genannten haben für Färbereizwecke beſonders die Straußfedern
Bedeutung.

Alle Federn, gleichviel ob weiß oder farbig, enthalten, wie ſie in den
Handel kommen, eine beſtimmte Menge Fett, welche dem Angehen und Ein-
dringen der Farbſtoffe hinderlich iſt; es iſt daher notwendig, die Federn vor
allem zu entfetten; grane oder dunklere Federn, welche für zarte Farben
beſtimmt werden, müſſen behufs Zerſtörung des natürlichen Farbſtoffes zu-
vor gebleicht werden. Wenn der Färber Naturfedern zum Färben erhält,
wird er die erſtere Operation immer, die zweite vielfach, ſelbſt ausführen
müſſen. Dieſe beiden, ſowie die weiteren das Färben vorbereitenden Ope-
rationen finden ſich ausführlich behandelt im ſpeziellen Teil unter Federn-
färberei
(§ 94).

§ 9. Unterſchied zwiſchen tieriſcher und pflanzlicher Gewebefaſer.

Mit den in § 8 behandelten Federn ſchließt die Reihe der tieriſchen
oder animaliſchen Färbereimaterialien. Wir begegnen von der im folgen-
den Paragraph behandelten Baumwolle an einer völlig anderen Reihe von Ge-
webefaſern, welche pflanzlichen Urſprungs ſind und ſich weniger durch
ihre phyſikaliſchen Eigenſchaften, um ſo mehr aber durch ihre mikroſkopiſchen
und chemiſchen Eigenſchaften von den tieriſchen unterſcheiden. Während die
tieriſchen Färbereimaterialien als Grundſubſtanz aus Horngewebe beſtanden,
beſtehen die pflanzlichen oder vegetabiliſchen Geſpinnſtfaſern aus mehr oder
minder reiner Celluloſe. Die Hornſubſtanz iſt ausgezeichnet durch einen
gewiſſen Gehalt an Stickſtoff und an Schwefel und zeigt beim Verbrennen
jenen unangenehmen Geruch, den wir als Sengen bezeichnen; die Celluloſe
dagegen enthält weder Stickſtoff noch Schwefel, ſondern lediglich Kohlenſtoff,
Waſſerſtoff und Sauerſtoff und verbreitet beim Verbrennen keinen
Geruch
. Dieſes iſt die einfachſte und leichteſte Unterſcheidung, wenn es
ſich um nicht gemiſchte Geſpinnſtfaſern oder Gewebe handelt. Ein Garn
oder Gewebe, welches beim Verbrennen keinen Geruch nach verbranntem Horn
gibt, iſt alſo allemal frei von tieriſchen Geſpinnſtfaſern, enthält alſo keine
Wolle oder Seide.

Dieſe kurze Betrachtung ſoll keineswegs in die Unterſuchung von Ge-
webefaſern
einleiten, ſondern lediglich die Grenze bezeichnen zwiſchen den
beiden großen Klaſſen der tieriſchen und der pflanzlichen Geſpinnſtfaſern.

Zu letzteren zählen wir, ſoweit ſie für Färbereizwecke überhaupt in Be-
tracht kommen:

Die Baumwolle, den Flachs, den Hanf, die Jute, die Neſſel, das
Chinagras.

§. 10. Baumwolle.

Von allen Geſpinnſtfaſern pflanzlicher Abſtammung iſt die Baumwolle
zur Zeit die wichtigſte und gilt augenblicklich als der Hauptrepräſentant der
vegetabiliſchen Gewebefaſern. Was wir als Baumwolle bezeichnen,
ſind die aus faſt reiner Celluloſe beſtehenden Samenhaare der
Baumwollenſtaude, ein weißer lockerer Flaum, welcher die
Baumwollſamen einhüllt
.

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[46/0072] Von den genannten haben für Färbereizwecke beſonders die Straußfedern Bedeutung. Alle Federn, gleichviel ob weiß oder farbig, enthalten, wie ſie in den Handel kommen, eine beſtimmte Menge Fett, welche dem Angehen und Ein- dringen der Farbſtoffe hinderlich iſt; es iſt daher notwendig, die Federn vor allem zu entfetten; grane oder dunklere Federn, welche für zarte Farben beſtimmt werden, müſſen behufs Zerſtörung des natürlichen Farbſtoffes zu- vor gebleicht werden. Wenn der Färber Naturfedern zum Färben erhält, wird er die erſtere Operation immer, die zweite vielfach, ſelbſt ausführen müſſen. Dieſe beiden, ſowie die weiteren das Färben vorbereitenden Ope- rationen finden ſich ausführlich behandelt im ſpeziellen Teil unter Federn- färberei (§ 94). § 9. Unterſchied zwiſchen tieriſcher und pflanzlicher Gewebefaſer. Mit den in § 8 behandelten Federn ſchließt die Reihe der tieriſchen oder animaliſchen Färbereimaterialien. Wir begegnen von der im folgen- den Paragraph behandelten Baumwolle an einer völlig anderen Reihe von Ge- webefaſern, welche pflanzlichen Urſprungs ſind und ſich weniger durch ihre phyſikaliſchen Eigenſchaften, um ſo mehr aber durch ihre mikroſkopiſchen und chemiſchen Eigenſchaften von den tieriſchen unterſcheiden. Während die tieriſchen Färbereimaterialien als Grundſubſtanz aus Horngewebe beſtanden, beſtehen die pflanzlichen oder vegetabiliſchen Geſpinnſtfaſern aus mehr oder minder reiner Celluloſe. Die Hornſubſtanz iſt ausgezeichnet durch einen gewiſſen Gehalt an Stickſtoff und an Schwefel und zeigt beim Verbrennen jenen unangenehmen Geruch, den wir als Sengen bezeichnen; die Celluloſe dagegen enthält weder Stickſtoff noch Schwefel, ſondern lediglich Kohlenſtoff, Waſſerſtoff und Sauerſtoff und verbreitet beim Verbrennen keinen Geruch. Dieſes iſt die einfachſte und leichteſte Unterſcheidung, wenn es ſich um nicht gemiſchte Geſpinnſtfaſern oder Gewebe handelt. Ein Garn oder Gewebe, welches beim Verbrennen keinen Geruch nach verbranntem Horn gibt, iſt alſo allemal frei von tieriſchen Geſpinnſtfaſern, enthält alſo keine Wolle oder Seide. Dieſe kurze Betrachtung ſoll keineswegs in die Unterſuchung von Ge- webefaſern einleiten, ſondern lediglich die Grenze bezeichnen zwiſchen den beiden großen Klaſſen der tieriſchen und der pflanzlichen Geſpinnſtfaſern. Zu letzteren zählen wir, ſoweit ſie für Färbereizwecke überhaupt in Be- tracht kommen: Die Baumwolle, den Flachs, den Hanf, die Jute, die Neſſel, das Chinagras. §. 10. Baumwolle. Von allen Geſpinnſtfaſern pflanzlicher Abſtammung iſt die Baumwolle zur Zeit die wichtigſte und gilt augenblicklich als der Hauptrepräſentant der vegetabiliſchen Gewebefaſern. Was wir als Baumwolle bezeichnen, ſind die aus faſt reiner Celluloſe beſtehenden Samenhaare der Baumwollenſtaude, ein weißer lockerer Flaum, welcher die Baumwollſamen einhüllt.

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/72>, abgerufen am 19.04.2024.