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Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

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Der Untergang der "Maine".
6. daß eine eventuelle genauere Untersuchung des Wracks die
Richtigkeit obiger Schlüsse darthun würde, daß aber diese
Besichtigung nicht nöthig sei, um die Richtigkeit der Schlüsse
zu bekräftigen.

VI. Ist die "Maine" durch eine Mine zerstört worden?

Es wird zunächst den Gründen nachzuforschen sein, welche die
amerikanische Kommission bewogen haben, an die Wirkung einer Mine
zu glauben.

Nach Ansicht dieser Kommission hat nur eine Mine das
Hochtreiben des Achtertheiles
des abgesprengten Vorschiffes
bewirken und den Bodenplatten und dem Kiele die umgedrehte
V-Form geben können
; ferner behauptet die Kommission, daß
das Pulver der Munitionsräume durch die Mine entzündet
worden wäre.

Der Einwand, der hier zu machen ist, läßt sich durch zwei
Fragen am besten illustriren:
1. Hält man die Ergebnisse der Sprengtechnik für so fort-
geschritten, daß es möglich sein sollte, an einem und demselben
Objekt die Wirkungen zweier kurz aufeinander erfolgter
Sprengungen
voneinander zu unterscheiden, und ist es
daher möglich, von den Wirkungen wieder rückwärts auf die
Ursachen zu schließen?
2. Wenn nun die erste Explosion wirklich diejenige einer Mine
war, und wenn sie dem Kiel und der Bodenbeplattung jene
V-Gestalt verlieh: welche Wirkung hatte denn die zweite
Explosion auf die V-Form?

Die Sprengtechnik -- nicht etwa die Kenntniß der Spreng-
stoffe selbst -- ist ein noch recht wenig beackertes Feld.

Es ist allerdings möglich, daß eine Mine, wenn sie vorhanden
war, jene V-Form erzeugte, es ist möglich, daß die zweite Explosion
das V noch mehr ausgeformt hat; es ist aber (Zeichnung 3) auch
die Behauptung zulässig: Wenn eine Mine den Kiel bei
Spant 18 nach oben trieb, dann mußte die zweite, augenscheinlich
stärkere Explosion, welche oberhalb wirkte, den Kiel wieder nach
unten treiben; folglich kann das In-die-Höhe-treiben des Kiels bei
Spant 18 nicht von der Explosion einer Mine herrühren.

Der Untergang der „Maine“.
6. daß eine eventuelle genauere Unterſuchung des Wracks die
Richtigkeit obiger Schlüſſe darthun würde, daß aber dieſe
Beſichtigung nicht nöthig ſei, um die Richtigkeit der Schlüſſe
zu bekräftigen.

VI. Iſt die „Maine“ durch eine Mine zerſtört worden?

Es wird zunächſt den Gründen nachzuforſchen ſein, welche die
amerikaniſche Kommiſſion bewogen haben, an die Wirkung einer Mine
zu glauben.

Nach Anſicht dieſer Kommiſſion hat nur eine Mine das
Hochtreiben des Achtertheiles
des abgeſprengten Vorſchiffes
bewirken und den Bodenplatten und dem Kiele die umgedrehte
V-Form geben können
; ferner behauptet die Kommiſſion, daß
das Pulver der Munitionsräume durch die Mine entzündet
worden wäre.

Der Einwand, der hier zu machen iſt, läßt ſich durch zwei
Fragen am beſten illuſtriren:
1. Hält man die Ergebniſſe der Sprengtechnik für ſo fort-
geſchritten, daß es möglich ſein ſollte, an einem und demſelben
Objekt die Wirkungen zweier kurz aufeinander erfolgter
Sprengungen
voneinander zu unterſcheiden, und iſt es
daher möglich, von den Wirkungen wieder rückwärts auf die
Urſachen zu ſchließen?
2. Wenn nun die erſte Exploſion wirklich diejenige einer Mine
war, und wenn ſie dem Kiel und der Bodenbeplattung jene
V-Geſtalt verlieh: welche Wirkung hatte denn die zweite
Exploſion auf die V-Form?

Die Sprengtechnik — nicht etwa die Kenntniß der Spreng-
ſtoffe ſelbſt — iſt ein noch recht wenig beackertes Feld.

Es iſt allerdings möglich, daß eine Mine, wenn ſie vorhanden
war, jene V-Form erzeugte, es iſt möglich, daß die zweite Exploſion
das V noch mehr ausgeformt hat; es iſt aber (Zeichnung 3) auch
die Behauptung zuläſſig: Wenn eine Mine den Kiel bei
Spant 18 nach oben trieb, dann mußte die zweite, augenſcheinlich
ſtärkere Exploſion, welche oberhalb wirkte, den Kiel wieder nach
unten treiben; folglich kann das In-die-Höhe-treiben des Kiels bei
Spant 18 nicht von der Exploſion einer Mine herrühren.

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[103/0127] Der Untergang der „Maine“. 6. daß eine eventuelle genauere Unterſuchung des Wracks die Richtigkeit obiger Schlüſſe darthun würde, daß aber dieſe Beſichtigung nicht nöthig ſei, um die Richtigkeit der Schlüſſe zu bekräftigen. VI. Iſt die „Maine“ durch eine Mine zerſtört worden? Es wird zunächſt den Gründen nachzuforſchen ſein, welche die amerikaniſche Kommiſſion bewogen haben, an die Wirkung einer Mine zu glauben. Nach Anſicht dieſer Kommiſſion hat nur eine Mine das Hochtreiben des Achtertheiles des abgeſprengten Vorſchiffes bewirken und den Bodenplatten und dem Kiele die umgedrehte V-Form geben können; ferner behauptet die Kommiſſion, daß das Pulver der Munitionsräume durch die Mine entzündet worden wäre. Der Einwand, der hier zu machen iſt, läßt ſich durch zwei Fragen am beſten illuſtriren: 1. Hält man die Ergebniſſe der Sprengtechnik für ſo fort- geſchritten, daß es möglich ſein ſollte, an einem und demſelben Objekt die Wirkungen zweier kurz aufeinander erfolgter Sprengungen voneinander zu unterſcheiden, und iſt es daher möglich, von den Wirkungen wieder rückwärts auf die Urſachen zu ſchließen? 2. Wenn nun die erſte Exploſion wirklich diejenige einer Mine war, und wenn ſie dem Kiel und der Bodenbeplattung jene V-Geſtalt verlieh: welche Wirkung hatte denn die zweite Exploſion auf die V-Form? Die Sprengtechnik — nicht etwa die Kenntniß der Spreng- ſtoffe ſelbſt — iſt ein noch recht wenig beackertes Feld. Es iſt allerdings möglich, daß eine Mine, wenn ſie vorhanden war, jene V-Form erzeugte, es iſt möglich, daß die zweite Exploſion das V noch mehr ausgeformt hat; es iſt aber (Zeichnung 3) auch die Behauptung zuläſſig: Wenn eine Mine den Kiel bei Spant 18 nach oben trieb, dann mußte die zweite, augenſcheinlich ſtärkere Exploſion, welche oberhalb wirkte, den Kiel wieder nach unten treiben; folglich kann das In-die-Höhe-treiben des Kiels bei Spant 18 nicht von der Exploſion einer Mine herrühren.

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Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/127>, abgerufen am 28.03.2024.