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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Stärke der Widerlagsmauern.
Fig.
6.
Tab.
20.
der Mitte derselben, folglich nach der Richtung J A nur mit der Hälfte in Anschlag
zu bringen ist, sonach dem schon vorhandenen senkrechten Drucke J M = g . F . L
noch das halbe Gewicht der Mauer oder 1/2 . g . . L . x beizusetzen kommt, wel-
ches wir durch die Linie M N vorstellen wollen. Setzen wir diese Kräfte J L und J N
durch das Parallelogramm J L K N zusammen, so gibt die Diagonale J K die Richtung
und Grösse des aus allen vorhandenen Kräften zusammengesetzten mittlern Druckes.
Wenn nun diese Richtung die Basis A B nicht überschreiten, sondern dieselbe noch
wenigstens bei B erreichen soll, so haben wir die Proportion J N : N K = J A : A B
und wenn wir an die Stelle dieser Linien die dadurch bezeichneten Kräfte oder ihre
algebraischen Werthe setzen, so ist g . F . L + [Formel 1] : g . H . L = A + e : x. Die-
se Proportion gibt g . F . L . x + 1/2 . g . . L . x2 = (A + e) g . H . L oder
F . x + 1/2 . . x2 = (A + e) H, welches genau dieselbe Gleichung ist, die wir oben
gefunden haben, woraus demnach auch dieselbe Stärke der Widerlagen gefunden wird.

Aus der bei dieser Berechnung angewendeten letzten Methode geht hervor, dass
durch die Zusammensetzung der Kräfte der gesammte Druck der Widerlagsmauer und des
Gewölbes nur auf den Endpunkt B gestellt werde, folglich hiedurch noch keine Sta-
bilität
, welche auf der Grösse Bu beruht, erreicht werden könne; demnach auch der
Breite der Mauer noch eine Zulage Bu gegeben werden müsse. Um diese
zu bestimmen, ist zu bemerken, dass, vorzüglich wenn das Gewölbe nicht frei ist,
sondern zu beiden Seiten horizontal angeschüttet oder ausgemauert, mit einem Fuss-
boden oder Pflaster bedeckt oder mit andern zufälligen Lasten beschwert wird, die
Grösse der Zulage B u nach Verhältniss dieser zufälligen Gewichte bemessen werden
müsse. Weil aber diese zufälligen Belastungen keinem Gesetze unterliegen, sondern
nur nach Verhältniss der Bestimmung des Gebäudes in Antrag gebracht werden müssen,
so wollen wir in dieser Hinsicht das Gewicht des Gewölbes g . L . F um die Grösse
m . g . L . F vermehren und auf gleiche Art auch dem horizontalen Drucke g . H . L noch
das Gewicht m . g . L . H zusetzen. Wir müssen demnach in der obigen Gleichung
an die Stelle von g . F . L . x die Grösse (1 + m) g . F . L . x, und an die Stelle von
g . H . L die Grösse (1 + m) g . H . L setzen.

§. 394.

Eine weitere Rücksicht fordert noch der Umstand, dass in der angeführten
Proportion die Widerlagsmauer als ein vereintes Ganzes betrach-
tet
, folglich die ganze Masse der Widerlagsmauer bis auf die Grundlinie A B als an
der Stützlinie hängend betrachtet wird. Da man der Verbindung durch Mörtel beson-
ders bei hohen Mauern keinen so festen Zusammenhang zutrauen kann, so wollen wir
diesem Umstande dadurch begegnen, dass wir nur denjenigen Theil der Mauer, wel-
cher sich oberhalb der Stützlinie befindet, als darauf drückend betrachten, den dar-
unter befindlichen Theil aber ausser der Rechnung lassen. *)

*) Fig.
7.
Es sey J O B diejenige Stützlinie, welche dem horizontalen und senkrechten Drucke des Gewölbes
und dem Drucke der daraufliegenden Mauer angemessen ist; J N = u sey die Abscisse, N O = y

Stärke der Widerlagsmauern.
Fig.
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der Mitte derselben, folglich nach der Richtung J A nur mit der Hälfte in Anschlag
zu bringen ist, sonach dem schon vorhandenen senkrechten Drucke J M = g . F . L
noch das halbe Gewicht der Mauer oder ½ . g . 𝕳 . L . x beizusetzen kommt, wel-
ches wir durch die Linie M N vorstellen wollen. Setzen wir diese Kräfte J L und J N
durch das Parallelogramm J L K N zusammen, so gibt die Diagonale J K die Richtung
und Grösse des aus allen vorhandenen Kräften zusammengesetzten mittlern Druckes.
Wenn nun diese Richtung die Basis A B nicht überschreiten, sondern dieselbe noch
wenigstens bei B erreichen soll, so haben wir die Proportion J N : N K = J A : A B
und wenn wir an die Stelle dieser Linien die dadurch bezeichneten Kräfte oder ihre
algebraischen Werthe setzen, so ist g . F . L + [Formel 1] : g . H . L = A + e : x. Die-
se Proportion gibt g . F . L . x + ½ . g . 𝕳 . L . x2 = (A + e) g . H . L oder
F . x + ½ . 𝕳 . x2 = (A + e) H, welches genau dieselbe Gleichung ist, die wir oben
gefunden haben, woraus demnach auch dieselbe Stärke der Widerlagen gefunden wird.

Aus der bei dieser Berechnung angewendeten letzten Methode geht hervor, dass
durch die Zusammensetzung der Kräfte der gesammte Druck der Widerlagsmauer und des
Gewölbes nur auf den Endpunkt B gestellt werde, folglich hiedurch noch keine Sta-
bilität
, welche auf der Grösse Bu beruht, erreicht werden könne; demnach auch der
Breite der Mauer noch eine Zulage Bu gegeben werden müsse. Um diese
zu bestimmen, ist zu bemerken, dass, vorzüglich wenn das Gewölbe nicht frei ist,
sondern zu beiden Seiten horizontal angeschüttet oder ausgemauert, mit einem Fuss-
boden oder Pflaster bedeckt oder mit andern zufälligen Lasten beschwert wird, die
Grösse der Zulage B u nach Verhältniss dieser zufälligen Gewichte bemessen werden
müsse. Weil aber diese zufälligen Belastungen keinem Gesetze unterliegen, sondern
nur nach Verhältniss der Bestimmung des Gebäudes in Antrag gebracht werden müssen,
so wollen wir in dieser Hinsicht das Gewicht des Gewölbes g . L . F um die Grösse
m . g . L . F vermehren und auf gleiche Art auch dem horizontalen Drucke g . H . L noch
das Gewicht m . g . L . H zusetzen. Wir müssen demnach in der obigen Gleichung
an die Stelle von g . F . L . x die Grösse (1 + m) g . F . L . x, und an die Stelle von
g . H . L die Grösse (1 + m) g . H . L setzen.

§. 394.

Eine weitere Rücksicht fordert noch der Umstand, dass in der angeführten
Proportion die Widerlagsmauer als ein vereintes Ganzes betrach-
tet
, folglich die ganze Masse der Widerlagsmauer bis auf die Grundlinie A B als an
der Stützlinie hängend betrachtet wird. Da man der Verbindung durch Mörtel beson-
ders bei hohen Mauern keinen so festen Zusammenhang zutrauen kann, so wollen wir
diesem Umstande dadurch begegnen, dass wir nur denjenigen Theil der Mauer, wel-
cher sich oberhalb der Stützlinie befindet, als darauf drückend betrachten, den dar-
unter befindlichen Theil aber ausser der Rechnung lassen. *)

*) Fig.
7.
Es sey J O B diejenige Stützlinie, welche dem horizontalen und senkrechten Drucke des Gewölbes
und dem Drucke der daraufliegenden Mauer angemessen ist; J N = u sey die Abscisse, N O = y
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[446/0476] Stärke der Widerlagsmauern. der Mitte derselben, folglich nach der Richtung J A nur mit der Hälfte in Anschlag zu bringen ist, sonach dem schon vorhandenen senkrechten Drucke J M = g . F . L noch das halbe Gewicht der Mauer oder ½ . g . 𝕳 . L . x beizusetzen kommt, wel- ches wir durch die Linie M N vorstellen wollen. Setzen wir diese Kräfte J L und J N durch das Parallelogramm J L K N zusammen, so gibt die Diagonale J K die Richtung und Grösse des aus allen vorhandenen Kräften zusammengesetzten mittlern Druckes. Wenn nun diese Richtung die Basis A B nicht überschreiten, sondern dieselbe noch wenigstens bei B erreichen soll, so haben wir die Proportion J N : N K = J A : A B und wenn wir an die Stelle dieser Linien die dadurch bezeichneten Kräfte oder ihre algebraischen Werthe setzen, so ist g . F . L + [FORMEL] : g . H . L = A + e : x. Die- se Proportion gibt g . F . L . x + ½ . g . 𝕳 . L . x2 = (A + e) g . H . L oder F . x + ½ . 𝕳 . x2 = (A + e) H, welches genau dieselbe Gleichung ist, die wir oben gefunden haben, woraus demnach auch dieselbe Stärke der Widerlagen gefunden wird. Fig. 6. Tab. 20. Aus der bei dieser Berechnung angewendeten letzten Methode geht hervor, dass durch die Zusammensetzung der Kräfte der gesammte Druck der Widerlagsmauer und des Gewölbes nur auf den Endpunkt B gestellt werde, folglich hiedurch noch keine Sta- bilität, welche auf der Grösse Bu beruht, erreicht werden könne; demnach auch der Breite der Mauer noch eine Zulage Bu gegeben werden müsse. Um diese zu bestimmen, ist zu bemerken, dass, vorzüglich wenn das Gewölbe nicht frei ist, sondern zu beiden Seiten horizontal angeschüttet oder ausgemauert, mit einem Fuss- boden oder Pflaster bedeckt oder mit andern zufälligen Lasten beschwert wird, die Grösse der Zulage B u nach Verhältniss dieser zufälligen Gewichte bemessen werden müsse. Weil aber diese zufälligen Belastungen keinem Gesetze unterliegen, sondern nur nach Verhältniss der Bestimmung des Gebäudes in Antrag gebracht werden müssen, so wollen wir in dieser Hinsicht das Gewicht des Gewölbes g . L . F um die Grösse m . g . L . F vermehren und auf gleiche Art auch dem horizontalen Drucke g . H . L noch das Gewicht m . g . L . H zusetzen. Wir müssen demnach in der obigen Gleichung an die Stelle von g . F . L . x die Grösse (1 + m) g . F . L . x, und an die Stelle von g . H . L die Grösse (1 + m) g . H . L setzen. §. 394. Eine weitere Rücksicht fordert noch der Umstand, dass in der angeführten Proportion die Widerlagsmauer als ein vereintes Ganzes betrach- tet, folglich die ganze Masse der Widerlagsmauer bis auf die Grundlinie A B als an der Stützlinie hängend betrachtet wird. Da man der Verbindung durch Mörtel beson- ders bei hohen Mauern keinen so festen Zusammenhang zutrauen kann, so wollen wir diesem Umstande dadurch begegnen, dass wir nur denjenigen Theil der Mauer, wel- cher sich oberhalb der Stützlinie befindet, als darauf drückend betrachten, den dar- unter befindlichen Theil aber ausser der Rechnung lassen. *) *) Es sey J O B diejenige Stützlinie, welche dem horizontalen und senkrechten Drucke des Gewölbes und dem Drucke der daraufliegenden Mauer angemessen ist; J N = u sey die Abscisse, N O = y

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/476>, abgerufen am 18.04.2024.