Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Wälzende Reibung.
harten Holze, z. B. auf Guajac, so ist dieser Coeffizient nur 1/20. Diess ist ein Grund,
warum man bei dem Eingriffe der Kämme oder Zähne in die Getriebe häufig die letztern
von Eisen, die erstern aber von Holz macht. Ein zweiter Grund hievon liegt noch in
dem Umstande, weil die Getriebe bei einem Rade mit mehr Zähnen öfter in Berührung
kommen, als jeder Zahn für sich; z. B. wenn das Getriebe 6 Triebstöcke und das Rad
72 Zähne hat, so wird bei einer Umdrehung jeder Triebstock 12mal in Berührung kom-
men, während diess bei einem Zahne nur einmal statt findet. In den englischen Ma-
schinenwerken sieht man häufig Räder von Gusseisen, in deren Oberflächen Oeffnungen
vorhanden sind, in welche die hölzernen Kämme oder Zähne eingesetzt wurden, die so-
dann in ein eisernes Getriebe eingreifen. Aus demselben Grunde werden bei den Uhren die
Räder von Messing und die Getriebe von Stahl verfertigt, und da die Reibung im Allgemei-
nen desto geringer ist, je härter die Körper und einer je grössern Politur sie fähig sind,
so lässt man in astronomischen Uhren glasharte stählerne Zapfen in Edelsteinen laufen.

Der Umstand, dass die Reibung von der Geschwindigkeit, womit
sich die Körper auf einander bewegen, nicht abhängt
, hat in den letz-
tern Jahren in England zu einer Reihe von Versuchen geführt, welche gezeigt haben,
dass bei einer möglichst vollkommenen Eisenbahn, wobei die Verbindungen der Schie-
nen mit aller Sorgfalt zusammengepasst und das gehörige Niveau beobachtet ist, der Wi-
derstand bei grösserer und kleinerer Geschwindigkeit sich gleich oder beinahe derselbe
bleibt. Diess gab die Veranlassung zu der ausserordentlichen Schnelligkeit, womit man
gegenwärtig die Beförderung der Reisenden auf Eisenbahnen in England einleitet, wo-
von wir bereits S. 10 eine Erwähnung gemacht haben.

§. 442.
Fig.
2.
Tab.
27.

Zur Bestimmung der Grösse der wälzenden Reibung machte Herr Coulomb
abermals eine Reihe von Versuchen. Er legte nämlich auf zwei wagerechte, an ihrer
Oberfläche vollkommen glatte Unterlagen eine ebenfalls vollkommen glatte und runde
Walze, über welche ein sehr biegsamer Faden ging, dessen beide Enden mit gleichen
Gewichten D belastet wurden. Zu einem dieser Gewichte wurden nun so lange kleine Ge-
wichte zugelegt, bis eine gleichförmige Bewegung der Walze erfolgte. Auf diese Weise
erhielt er nachstehende Resultate:

[Tabelle]

Wälzende Reibung.
harten Holze, z. B. auf Guajac, so ist dieser Coeffizient nur 1/20. Diess ist ein Grund,
warum man bei dem Eingriffe der Kämme oder Zähne in die Getriebe häufig die letztern
von Eisen, die erstern aber von Holz macht. Ein zweiter Grund hievon liegt noch in
dem Umstande, weil die Getriebe bei einem Rade mit mehr Zähnen öfter in Berührung
kommen, als jeder Zahn für sich; z. B. wenn das Getriebe 6 Triebstöcke und das Rad
72 Zähne hat, so wird bei einer Umdrehung jeder Triebstock 12mal in Berührung kom-
men, während diess bei einem Zahne nur einmal statt findet. In den englischen Ma-
schinenwerken sieht man häufig Räder von Gusseisen, in deren Oberflächen Oeffnungen
vorhanden sind, in welche die hölzernen Kämme oder Zähne eingesetzt wurden, die so-
dann in ein eisernes Getriebe eingreifen. Aus demselben Grunde werden bei den Uhren die
Räder von Messing und die Getriebe von Stahl verfertigt, und da die Reibung im Allgemei-
nen desto geringer ist, je härter die Körper und einer je grössern Politur sie fähig sind,
so lässt man in astronomischen Uhren glasharte stählerne Zapfen in Edelsteinen laufen.

Der Umstand, dass die Reibung von der Geschwindigkeit, womit
sich die Körper auf einander bewegen, nicht abhängt
, hat in den letz-
tern Jahren in England zu einer Reihe von Versuchen geführt, welche gezeigt haben,
dass bei einer möglichst vollkommenen Eisenbahn, wobei die Verbindungen der Schie-
nen mit aller Sorgfalt zusammengepasst und das gehörige Niveau beobachtet ist, der Wi-
derstand bei grösserer und kleinerer Geschwindigkeit sich gleich oder beinahe derselbe
bleibt. Diess gab die Veranlassung zu der ausserordentlichen Schnelligkeit, womit man
gegenwärtig die Beförderung der Reisenden auf Eisenbahnen in England einleitet, wo-
von wir bereits S. 10 eine Erwähnung gemacht haben.

§. 442.
Fig.
2.
Tab.
27.

Zur Bestimmung der Grösse der wälzenden Reibung machte Herr Coulomb
abermals eine Reihe von Versuchen. Er legte nämlich auf zwei wagerechte, an ihrer
Oberfläche vollkommen glatte Unterlagen eine ebenfalls vollkommen glatte und runde
Walze, über welche ein sehr biegsamer Faden ging, dessen beide Enden mit gleichen
Gewichten D belastet wurden. Zu einem dieser Gewichte wurden nun so lange kleine Ge-
wichte zugelegt, bis eine gleichförmige Bewegung der Walze erfolgte. Auf diese Weise
erhielt er nachstehende Resultate:

[Tabelle]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0528" n="496"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Wälzende Reibung</hi>.</fw><lb/>
harten Holze, z. B. auf Guajac, so ist dieser Coeffizient nur 1/20. Diess ist ein Grund,<lb/>
warum man bei dem Eingriffe der Kämme oder Zähne in die Getriebe häufig die letztern<lb/>
von Eisen, die erstern aber von Holz macht. Ein zweiter Grund hievon liegt noch in<lb/>
dem Umstande, weil die Getriebe bei einem Rade mit mehr Zähnen öfter in Berührung<lb/>
kommen, als jeder Zahn für sich; z. B. wenn das Getriebe 6 Triebstöcke und das Rad<lb/>
72 Zähne hat, so wird bei einer Umdrehung jeder Triebstock 12mal in Berührung kom-<lb/>
men, während diess bei einem Zahne nur einmal statt findet. In den englischen Ma-<lb/>
schinenwerken sieht man häufig Räder von Gusseisen, in deren Oberflächen Oeffnungen<lb/>
vorhanden sind, in welche die hölzernen Kämme oder Zähne eingesetzt wurden, die so-<lb/>
dann in ein eisernes Getriebe eingreifen. Aus demselben Grunde werden bei den Uhren die<lb/>
Räder von Messing und die Getriebe von Stahl verfertigt, und da die Reibung im Allgemei-<lb/>
nen desto geringer ist, je härter die Körper und einer je grössern Politur sie fähig sind,<lb/>
so lässt man in astronomischen Uhren glasharte stählerne Zapfen in Edelsteinen laufen.</p><lb/>
            <p>Der Umstand, <hi rendition="#g">dass die Reibung von der Geschwindigkeit, womit<lb/>
sich die Körper auf einander bewegen, nicht abhängt</hi>, hat in den letz-<lb/>
tern Jahren in England zu einer Reihe von Versuchen geführt, welche gezeigt haben,<lb/>
dass bei einer möglichst vollkommenen Eisenbahn, wobei die Verbindungen der Schie-<lb/>
nen mit aller Sorgfalt zusammengepasst und das gehörige Niveau beobachtet ist, der Wi-<lb/>
derstand bei grösserer und kleinerer Geschwindigkeit sich gleich oder beinahe derselbe<lb/>
bleibt. Diess gab die Veranlassung zu der ausserordentlichen Schnelligkeit, womit man<lb/>
gegenwärtig die Beförderung der Reisenden auf Eisenbahnen in England einleitet, wo-<lb/>
von wir bereits S. 10 eine Erwähnung gemacht haben.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 442.</head><lb/>
            <note place="left">Fig.<lb/>
2.<lb/>
Tab.<lb/>
27.</note>
            <p>Zur Bestimmung der Grösse der <hi rendition="#g">wälzenden Reibung</hi> machte Herr <hi rendition="#i">Coulomb</hi><lb/>
abermals eine Reihe von Versuchen. Er legte nämlich auf zwei wagerechte, an ihrer<lb/>
Oberfläche vollkommen glatte Unterlagen eine ebenfalls vollkommen glatte und runde<lb/>
Walze, über welche ein sehr biegsamer Faden ging, dessen beide Enden mit gleichen<lb/>
Gewichten D belastet wurden. Zu einem dieser Gewichte wurden nun so lange kleine Ge-<lb/>
wichte zugelegt, bis eine gleichförmige Bewegung der Walze erfolgte. Auf diese Weise<lb/>
erhielt er nachstehende Resultate:</p><lb/>
            <table>
              <row>
                <cell/>
              </row>
            </table>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[496/0528] Wälzende Reibung. harten Holze, z. B. auf Guajac, so ist dieser Coeffizient nur 1/20. Diess ist ein Grund, warum man bei dem Eingriffe der Kämme oder Zähne in die Getriebe häufig die letztern von Eisen, die erstern aber von Holz macht. Ein zweiter Grund hievon liegt noch in dem Umstande, weil die Getriebe bei einem Rade mit mehr Zähnen öfter in Berührung kommen, als jeder Zahn für sich; z. B. wenn das Getriebe 6 Triebstöcke und das Rad 72 Zähne hat, so wird bei einer Umdrehung jeder Triebstock 12mal in Berührung kom- men, während diess bei einem Zahne nur einmal statt findet. In den englischen Ma- schinenwerken sieht man häufig Räder von Gusseisen, in deren Oberflächen Oeffnungen vorhanden sind, in welche die hölzernen Kämme oder Zähne eingesetzt wurden, die so- dann in ein eisernes Getriebe eingreifen. Aus demselben Grunde werden bei den Uhren die Räder von Messing und die Getriebe von Stahl verfertigt, und da die Reibung im Allgemei- nen desto geringer ist, je härter die Körper und einer je grössern Politur sie fähig sind, so lässt man in astronomischen Uhren glasharte stählerne Zapfen in Edelsteinen laufen. Der Umstand, dass die Reibung von der Geschwindigkeit, womit sich die Körper auf einander bewegen, nicht abhängt, hat in den letz- tern Jahren in England zu einer Reihe von Versuchen geführt, welche gezeigt haben, dass bei einer möglichst vollkommenen Eisenbahn, wobei die Verbindungen der Schie- nen mit aller Sorgfalt zusammengepasst und das gehörige Niveau beobachtet ist, der Wi- derstand bei grösserer und kleinerer Geschwindigkeit sich gleich oder beinahe derselbe bleibt. Diess gab die Veranlassung zu der ausserordentlichen Schnelligkeit, womit man gegenwärtig die Beförderung der Reisenden auf Eisenbahnen in England einleitet, wo- von wir bereits S. 10 eine Erwähnung gemacht haben. §. 442. Zur Bestimmung der Grösse der wälzenden Reibung machte Herr Coulomb abermals eine Reihe von Versuchen. Er legte nämlich auf zwei wagerechte, an ihrer Oberfläche vollkommen glatte Unterlagen eine ebenfalls vollkommen glatte und runde Walze, über welche ein sehr biegsamer Faden ging, dessen beide Enden mit gleichen Gewichten D belastet wurden. Zu einem dieser Gewichte wurden nun so lange kleine Ge- wichte zugelegt, bis eine gleichförmige Bewegung der Walze erfolgte. Auf diese Weise erhielt er nachstehende Resultate:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/528
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/528>, abgerufen am 29.03.2024.