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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Reibung bei Flaschenzügen.

Hieraus ersieht man bereits das Gesetz, welches zur Auffindung der Gleichungen
zwischen Kraft und Last bei einem Flaschenzuge mit einer beliebigen Anzahl Rollen
dient. Setzen wir nämlich [Formel 1] , dann [Formel 2] , ....
so ist bei einem Flaschenzuge mit mehreren Rollen:
[Formel 3] In diesem Ausdrucke ist der Zäh-
ler
immer das Produkt so vieler Faktoren, als Scheiben vorhanden sind, worüber das Seil
geht. Der Nenner ist die Summe so vieler Glieder, als Seile, woran die Last hängt;
von diesen Gliedern ist das erste immer die Einheit; das zweite ist die Function der
ersten Scheibe nach dem Hacken, worüber das Seil geht; das dritte ist das Produkt
aus der 1ten und 2ten; das vierte ist das Produkt aus der 1ten, 2ten und 3ten, u. s. w.

Uibrigens ersehen wir auch, dass, wenn in den gefundenen Gleichungen m = 0
und n . d = 0 gesetzt wird, wir genau dieselben Ausdrücke erhalten, welche nach ein-
fachen statischen Grundsätzen §. 97 bis §. 103 abgeleitet wurden. In diesem Falle
ist z. B. für den Flaschenzug mit 4 Rollen [Formel 4] .

§. 461.

Wird in der oben gefundenen Gleichung mit den drei ersten Faktoren des Zäh-
lers sowohl im Zähler als im Nenner dividirt, so ist für 4 Rollen
[Formel 5] Daraus sehen wir, dass der Divisor kleiner als
4 Einheiten ist, d. h. dass die Kraft grösser als 1/4 Q seyn müsse. Da ferner die einzelnen
Glieder im Nenner desto kleiner werden, je mehr Faktoren mit einander zu multipliciren
kommen, so werden in diesem Falle statt der Einheit immer kleinere Zahlen im Nenner
erscheinen; demnach wird auch das Verhältniss der Kraft zur Last von dem Verhältnisse
der Einheit zur Anzahl der gespannten Seile, wie §. 103 ohne Rücksicht auf Widerstän-
de berechnet wurde, immer mehr abweichen müssen. Vergleichen wir sonach einen
Flaschenzug mit 2 Rollen, einen zweiten mit 4 Rollen und einen dritten mit 6 Rol-
len, so werden sich ihre Wirkungen nicht wie 1 : 2 : 3 verhalten, weil die Reibung
bei dem Flaschenzuge mit 6 Rollen mehr als dreimal so gross als bei einem Flaschen-
zuge mit 2 Rollen ist. Demnach werden auch zwei Flaschenzüge, deren jeder 4
Rollen hat, vortheilhafter zu brauchen seyn, als ein Flaschenzug mit 8 Rollen, bei
welchem letztern überdiess auch noch eine Verflechtung der Seile leicht eintreten kann.

§. 462.

Da man überhaupt sowohl den Reibungscoeffizienten m, als auch die Grösse n . d
nicht genau anzugeben im Stande ist, und da die Fehler bei dieser Bestimmung in
den berechneten Formeln einen um so grössern Einfluss ausüben, je mehr Faktoren,

Reibung bei Flaschenzügen.

Hieraus ersieht man bereits das Gesetz, welches zur Auffindung der Gleichungen
zwischen Kraft und Last bei einem Flaschenzuge mit einer beliebigen Anzahl Rollen
dient. Setzen wir nämlich [Formel 1] , dann [Formel 2] , ....
so ist bei einem Flaschenzuge mit mehreren Rollen:
[Formel 3] In diesem Ausdrucke ist der Zäh-
ler
immer das Produkt so vieler Faktoren, als Scheiben vorhanden sind, worüber das Seil
geht. Der Nenner ist die Summe so vieler Glieder, als Seile, woran die Last hängt;
von diesen Gliedern ist das erste immer die Einheit; das zweite ist die Function der
ersten Scheibe nach dem Hacken, worüber das Seil geht; das dritte ist das Produkt
aus der 1ten und 2ten; das vierte ist das Produkt aus der 1ten, 2ten und 3ten, u. s. w.

Uibrigens ersehen wir auch, dass, wenn in den gefundenen Gleichungen m = 0
und n . δ = 0 gesetzt wird, wir genau dieselben Ausdrücke erhalten, welche nach ein-
fachen statischen Grundsätzen §. 97 bis §. 103 abgeleitet wurden. In diesem Falle
ist z. B. für den Flaschenzug mit 4 Rollen [Formel 4] .

§. 461.

Wird in der oben gefundenen Gleichung mit den drei ersten Faktoren des Zäh-
lers sowohl im Zähler als im Nenner dividirt, so ist für 4 Rollen
[Formel 5] Daraus sehen wir, dass der Divisor kleiner als
4 Einheiten ist, d. h. dass die Kraft grösser als ¼ Q seyn müsse. Da ferner die einzelnen
Glieder im Nenner desto kleiner werden, je mehr Faktoren mit einander zu multipliciren
kommen, so werden in diesem Falle statt der Einheit immer kleinere Zahlen im Nenner
erscheinen; demnach wird auch das Verhältniss der Kraft zur Last von dem Verhältnisse
der Einheit zur Anzahl der gespannten Seile, wie §. 103 ohne Rücksicht auf Widerstän-
de berechnet wurde, immer mehr abweichen müssen. Vergleichen wir sonach einen
Flaschenzug mit 2 Rollen, einen zweiten mit 4 Rollen und einen dritten mit 6 Rol-
len, so werden sich ihre Wirkungen nicht wie 1 : 2 : 3 verhalten, weil die Reibung
bei dem Flaschenzuge mit 6 Rollen mehr als dreimal so gross als bei einem Flaschen-
zuge mit 2 Rollen ist. Demnach werden auch zwei Flaschenzüge, deren jeder 4
Rollen hat, vortheilhafter zu brauchen seyn, als ein Flaschenzug mit 8 Rollen, bei
welchem letztern überdiess auch noch eine Verflechtung der Seile leicht eintreten kann.

§. 462.

Da man überhaupt sowohl den Reibungscoeffizienten m, als auch die Grösse n . δ
nicht genau anzugeben im Stande ist, und da die Fehler bei dieser Bestimmung in
den berechneten Formeln einen um so grössern Einfluss ausüben, je mehr Faktoren,

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[511/0543] Reibung bei Flaschenzügen. Hieraus ersieht man bereits das Gesetz, welches zur Auffindung der Gleichungen zwischen Kraft und Last bei einem Flaschenzuge mit einer beliebigen Anzahl Rollen dient. Setzen wir nämlich [FORMEL], dann [FORMEL], .... so ist bei einem Flaschenzuge mit mehreren Rollen: [FORMEL] In diesem Ausdrucke ist der Zäh- ler immer das Produkt so vieler Faktoren, als Scheiben vorhanden sind, worüber das Seil geht. Der Nenner ist die Summe so vieler Glieder, als Seile, woran die Last hängt; von diesen Gliedern ist das erste immer die Einheit; das zweite ist die Function der ersten Scheibe nach dem Hacken, worüber das Seil geht; das dritte ist das Produkt aus der 1ten und 2ten; das vierte ist das Produkt aus der 1ten, 2ten und 3ten, u. s. w. Uibrigens ersehen wir auch, dass, wenn in den gefundenen Gleichungen m = 0 und n . δ = 0 gesetzt wird, wir genau dieselben Ausdrücke erhalten, welche nach ein- fachen statischen Grundsätzen §. 97 bis §. 103 abgeleitet wurden. In diesem Falle ist z. B. für den Flaschenzug mit 4 Rollen [FORMEL]. §. 461. Wird in der oben gefundenen Gleichung mit den drei ersten Faktoren des Zäh- lers sowohl im Zähler als im Nenner dividirt, so ist für 4 Rollen [FORMEL] Daraus sehen wir, dass der Divisor kleiner als 4 Einheiten ist, d. h. dass die Kraft grösser als ¼ Q seyn müsse. Da ferner die einzelnen Glieder im Nenner desto kleiner werden, je mehr Faktoren mit einander zu multipliciren kommen, so werden in diesem Falle statt der Einheit immer kleinere Zahlen im Nenner erscheinen; demnach wird auch das Verhältniss der Kraft zur Last von dem Verhältnisse der Einheit zur Anzahl der gespannten Seile, wie §. 103 ohne Rücksicht auf Widerstän- de berechnet wurde, immer mehr abweichen müssen. Vergleichen wir sonach einen Flaschenzug mit 2 Rollen, einen zweiten mit 4 Rollen und einen dritten mit 6 Rol- len, so werden sich ihre Wirkungen nicht wie 1 : 2 : 3 verhalten, weil die Reibung bei dem Flaschenzuge mit 6 Rollen mehr als dreimal so gross als bei einem Flaschen- zuge mit 2 Rollen ist. Demnach werden auch zwei Flaschenzüge, deren jeder 4 Rollen hat, vortheilhafter zu brauchen seyn, als ein Flaschenzug mit 8 Rollen, bei welchem letztern überdiess auch noch eine Verflechtung der Seile leicht eintreten kann. §. 462. Da man überhaupt sowohl den Reibungscoeffizienten m, als auch die Grösse n . δ nicht genau anzugeben im Stande ist, und da die Fehler bei dieser Bestimmung in den berechneten Formeln einen um so grössern Einfluss ausüben, je mehr Faktoren,

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/543>, abgerufen am 28.03.2024.