Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Wasserleitungen in London.

Die meisten Wasserwerke in England liegen an den Flüssen, welche die grossen
Städte durchschneiden, und zwar an den obern Theilen dieser Flüsse. Die Liebe zur
Reinlichkeit, welche in England so sehr vorherrscht, gestattet nämlich nicht ein Was-
serwerk in einer Stadt unterhalb der Ausmündungen der Unrathskanäle anzulegen. Die
wenigen Wasserwerke, bei deren Anlage dieses nicht berücksichtigt war, mussten in den
letztern Jahren abgebrochen und an einen höhern Theil des Flusses gelegt werden. Ein
solches Wasserwerk besteht gewöhnlich aus mehreren Pumpensätzen (Saug- und Druck-
werken), welche durch die Kraft einer hinreichend starken Dampfmaschine betrieben
werden. Das angesaugte Wasser wird entweder in ein höher gelegenes Reservoir ge-
hoben, und fliesst von dort durch den hydrostatischen Druck in einer Hauptröhre, wel-
che mit vielen andern Nebenröhren verbunden ist, an den Ort seiner Bestimmung, oder
das Wasser wird unmittelbar durch die Kraft der Dampfmaschine in die Hauptröhre
gepresst, von wo es dann durch Nebenröhren weiter gelangt. Mittelst eines zunächst
der Dampfmaschine angebrachten gusseisernen Windkessels wird die gleichförmige Be-
wegung des Wassers in den Röhren bewirkt. In dem Reservoir, welches gewöhnlich
einen sehr bedeutenden Umfang hat, setzen sich die Schlammtheile und die übrigen Un-
reinigkeiten, welche das Wasser mit sich führt, zu Boden, und es fliesst das reine Was-
ser durch die Röhren ab; zuweilen wird jedoch das Wasser in diesem Behälter erst
einer Filtrirung unterworfen, welche dann darin besteht, dass das Wasser durch mehrere
Lagen scharfen Sand, der zuweilen mit Kohle vermischt wird, vor seinem Abflusse in
die Röhren geleitet wird. Im Innern der Wohngebäude gehen die Wasserleitungsröhren
entweder bloss zu ebener Erde (low service) oder sie münden in allen Stockwerken bis
unter dem Dache aus (high service); eine jede Art Leitung fliesst nur zu bestimmten
Tagesstunden aus und muss auch besonders bezahlt werden.

§. 188.

Die Wasserleitungen in London lernt man am genauesten aus den, im Par-
lamente im Jahre 1828 hierüber Statt gehabten Verhandlungen kennen. Zu jener Zeit
langten nämlich mehrere Bittschriften im Parlamente ein, worin über den Bezug des
Wassers Beschwerde geführt wurde. Hierauf wurden folgende Berichte erstattet:
I. Report of the Commissioners appointed by his Majesty to inquire into the State of
the Supply of Water in the Metropolis. Dated
21 April 1828. II. Report from the
select Committee on the Supply of Water to the Metropolis. Ordered, by the House of
Commons, to be printed
, 19 July 1828. In den folgenden Jahren erschienen noch
einige andere Berichte dieser Art.

Aus diesen Berichten ergibt sich, dass London von 8 Privatgesellschaften, die
Wasserwerke auf Akzien errichteten, mit Wasser versehen wird. Die Wasserwerke
Nro. 1 bis 5 in dem nachfolgenden Verzeichnisse liegen auf der linken Seite der Themse,
jene Nro. 6 bis 8 auf dem rechten Ufer. Die Gesellschaft New River bezieht den
grössten Theil ihres Wassers aus Quellen, die Gesellschaft East London bezieht ihr
Wasser aus dem Flusse Lea, welcher sich in die Themse einmündet; die übrigen
Gesellschaften nehmen jedoch alles Wasser aus der Themse. Nachstehende Uibersicht
enthält die wichtigsten Daten über diese Wasserwerke.

Wasserleitungen in London.

Die meisten Wasserwerke in England liegen an den Flüssen, welche die grossen
Städte durchschneiden, und zwar an den obern Theilen dieser Flüsse. Die Liebe zur
Reinlichkeit, welche in England so sehr vorherrscht, gestattet nämlich nicht ein Was-
serwerk in einer Stadt unterhalb der Ausmündungen der Unrathskanäle anzulegen. Die
wenigen Wasserwerke, bei deren Anlage dieses nicht berücksichtigt war, mussten in den
letztern Jahren abgebrochen und an einen höhern Theil des Flusses gelegt werden. Ein
solches Wasserwerk besteht gewöhnlich aus mehreren Pumpensätzen (Saug- und Druck-
werken), welche durch die Kraft einer hinreichend starken Dampfmaschine betrieben
werden. Das angesaugte Wasser wird entweder in ein höher gelegenes Reservoir ge-
hoben, und fliesst von dort durch den hydrostatischen Druck in einer Hauptröhre, wel-
che mit vielen andern Nebenröhren verbunden ist, an den Ort seiner Bestimmung, oder
das Wasser wird unmittelbar durch die Kraft der Dampfmaschine in die Hauptröhre
gepresst, von wo es dann durch Nebenröhren weiter gelangt. Mittelst eines zunächst
der Dampfmaschine angebrachten gusseisernen Windkessels wird die gleichförmige Be-
wegung des Wassers in den Röhren bewirkt. In dem Reservoir, welches gewöhnlich
einen sehr bedeutenden Umfang hat, setzen sich die Schlammtheile und die übrigen Un-
reinigkeiten, welche das Wasser mit sich führt, zu Boden, und es fliesst das reine Was-
ser durch die Röhren ab; zuweilen wird jedoch das Wasser in diesem Behälter erst
einer Filtrirung unterworfen, welche dann darin besteht, dass das Wasser durch mehrere
Lagen scharfen Sand, der zuweilen mit Kohle vermischt wird, vor seinem Abflusse in
die Röhren geleitet wird. Im Innern der Wohngebäude gehen die Wasserleitungsröhren
entweder bloss zu ebener Erde (low service) oder sie münden in allen Stockwerken bis
unter dem Dache aus (high service); eine jede Art Leitung fliesst nur zu bestimmten
Tagesstunden aus und muss auch besonders bezahlt werden.

§. 188.

Die Wasserleitungen in London lernt man am genauesten aus den, im Par-
lamente im Jahre 1828 hierüber Statt gehabten Verhandlungen kennen. Zu jener Zeit
langten nämlich mehrere Bittschriften im Parlamente ein, worin über den Bezug des
Wassers Beschwerde geführt wurde. Hierauf wurden folgende Berichte erstattet:
I. Report of the Commissioners appointed by his Majesty to inquire into the State of
the Supply of Water in the Metropolis. Dated
21 April 1828. II. Report from the
select Committee on the Supply of Water to the Metropolis. Ordered, by the House of
Commons, to be printed
, 19 July 1828. In den folgenden Jahren erschienen noch
einige andere Berichte dieser Art.

Aus diesen Berichten ergibt sich, dass London von 8 Privatgesellschaften, die
Wasserwerke auf Akzien errichteten, mit Wasser versehen wird. Die Wasserwerke
Nro. 1 bis 5 in dem nachfolgenden Verzeichnisse liegen auf der linken Seite der Themse,
jene Nro. 6 bis 8 auf dem rechten Ufer. Die Gesellschaft New River bezieht den
grössten Theil ihres Wassers aus Quellen, die Gesellschaft East London bezieht ihr
Wasser aus dem Flusse Lea, welcher sich in die Themse einmündet; die übrigen
Gesellschaften nehmen jedoch alles Wasser aus der Themse. Nachstehende Uibersicht
enthält die wichtigsten Daten über diese Wasserwerke.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0280" n="262"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Wasserleitungen in London</hi>.</fw><lb/>
            <p>Die meisten Wasserwerke in <hi rendition="#i">England</hi> liegen an den Flüssen, welche die grossen<lb/>
Städte durchschneiden, und zwar an den obern Theilen dieser Flüsse. Die Liebe zur<lb/>
Reinlichkeit, welche in England so sehr vorherrscht, gestattet nämlich nicht ein Was-<lb/>
serwerk in einer Stadt unterhalb der Ausmündungen der Unrathskanäle anzulegen. Die<lb/>
wenigen Wasserwerke, bei deren Anlage dieses nicht berücksichtigt war, mussten in den<lb/>
letztern Jahren abgebrochen und an einen höhern Theil des Flusses gelegt werden. Ein<lb/>
solches Wasserwerk besteht gewöhnlich aus mehreren Pumpensätzen (Saug- und Druck-<lb/>
werken), welche durch die Kraft einer hinreichend starken Dampfmaschine betrieben<lb/>
werden. Das angesaugte Wasser wird entweder in ein höher gelegenes <hi rendition="#i">Reservoir</hi> ge-<lb/>
hoben, und fliesst von dort durch den hydrostatischen Druck in einer Hauptröhre, wel-<lb/>
che mit vielen andern Nebenröhren verbunden ist, an den Ort seiner Bestimmung, oder<lb/>
das Wasser wird unmittelbar durch die Kraft der Dampfmaschine in die Hauptröhre<lb/>
gepresst, von wo es dann durch Nebenröhren weiter gelangt. Mittelst eines zunächst<lb/>
der Dampfmaschine angebrachten gusseisernen Windkessels wird die gleichförmige Be-<lb/>
wegung des Wassers in den Röhren bewirkt. In dem <hi rendition="#i">Reservoir</hi>, welches gewöhnlich<lb/>
einen sehr bedeutenden Umfang hat, setzen sich die Schlammtheile und die übrigen Un-<lb/>
reinigkeiten, welche das Wasser mit sich führt, zu Boden, und es fliesst das reine Was-<lb/>
ser durch die Röhren ab; zuweilen wird jedoch das Wasser in diesem Behälter erst<lb/>
einer Filtrirung unterworfen, welche dann darin besteht, dass das Wasser durch mehrere<lb/>
Lagen scharfen Sand, der zuweilen mit Kohle vermischt wird, vor seinem Abflusse in<lb/>
die Röhren geleitet wird. Im Innern der Wohngebäude gehen die Wasserleitungsröhren<lb/>
entweder bloss zu ebener Erde (<hi rendition="#i">low service</hi>) oder sie münden in allen Stockwerken bis<lb/>
unter dem Dache aus (<hi rendition="#i">high service</hi>); eine jede Art Leitung fliesst nur zu bestimmten<lb/>
Tagesstunden aus und muss auch besonders bezahlt werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 188.</head><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#g">Wasserleitungen</hi> in <hi rendition="#i">London</hi> lernt man am genauesten aus den, im Par-<lb/>
lamente im Jahre 1828 hierüber Statt gehabten Verhandlungen kennen. Zu jener Zeit<lb/>
langten nämlich mehrere Bittschriften im Parlamente ein, worin über den Bezug des<lb/>
Wassers Beschwerde geführt wurde. Hierauf wurden folgende Berichte erstattet:<lb/><hi rendition="#i">I. Report of the Commissioners appointed by his Majesty to inquire into the State of<lb/>
the Supply of Water in the Metropolis. Dated</hi> 21 <hi rendition="#i">April</hi> 1828. <hi rendition="#i">II. Report from the<lb/>
select Committee on the Supply of Water to the Metropolis. Ordered, by the House of<lb/>
Commons, to be printed</hi>, 19 <hi rendition="#i">July</hi> 1828. In den folgenden Jahren erschienen noch<lb/>
einige andere Berichte dieser Art.</p><lb/>
            <p>Aus diesen Berichten ergibt sich, dass <hi rendition="#i">London</hi> von 8 Privatgesellschaften, die<lb/>
Wasserwerke auf Akzien errichteten, mit Wasser versehen wird. Die Wasserwerke<lb/>
Nro. 1 bis 5 in dem nachfolgenden Verzeichnisse liegen auf der linken Seite der Themse,<lb/>
jene Nro. 6 bis 8 auf dem rechten Ufer. Die Gesellschaft <hi rendition="#i">New River</hi> bezieht den<lb/>
grössten Theil ihres Wassers aus Quellen, die Gesellschaft <hi rendition="#i">East London</hi> bezieht ihr<lb/>
Wasser aus dem Flusse <hi rendition="#i">Lea</hi>, welcher sich in die <hi rendition="#i">Themse</hi> einmündet; die übrigen<lb/>
Gesellschaften nehmen jedoch alles Wasser aus der <hi rendition="#i">Themse</hi>. Nachstehende Uibersicht<lb/>
enthält die wichtigsten Daten über diese Wasserwerke.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0280] Wasserleitungen in London. Die meisten Wasserwerke in England liegen an den Flüssen, welche die grossen Städte durchschneiden, und zwar an den obern Theilen dieser Flüsse. Die Liebe zur Reinlichkeit, welche in England so sehr vorherrscht, gestattet nämlich nicht ein Was- serwerk in einer Stadt unterhalb der Ausmündungen der Unrathskanäle anzulegen. Die wenigen Wasserwerke, bei deren Anlage dieses nicht berücksichtigt war, mussten in den letztern Jahren abgebrochen und an einen höhern Theil des Flusses gelegt werden. Ein solches Wasserwerk besteht gewöhnlich aus mehreren Pumpensätzen (Saug- und Druck- werken), welche durch die Kraft einer hinreichend starken Dampfmaschine betrieben werden. Das angesaugte Wasser wird entweder in ein höher gelegenes Reservoir ge- hoben, und fliesst von dort durch den hydrostatischen Druck in einer Hauptröhre, wel- che mit vielen andern Nebenröhren verbunden ist, an den Ort seiner Bestimmung, oder das Wasser wird unmittelbar durch die Kraft der Dampfmaschine in die Hauptröhre gepresst, von wo es dann durch Nebenröhren weiter gelangt. Mittelst eines zunächst der Dampfmaschine angebrachten gusseisernen Windkessels wird die gleichförmige Be- wegung des Wassers in den Röhren bewirkt. In dem Reservoir, welches gewöhnlich einen sehr bedeutenden Umfang hat, setzen sich die Schlammtheile und die übrigen Un- reinigkeiten, welche das Wasser mit sich führt, zu Boden, und es fliesst das reine Was- ser durch die Röhren ab; zuweilen wird jedoch das Wasser in diesem Behälter erst einer Filtrirung unterworfen, welche dann darin besteht, dass das Wasser durch mehrere Lagen scharfen Sand, der zuweilen mit Kohle vermischt wird, vor seinem Abflusse in die Röhren geleitet wird. Im Innern der Wohngebäude gehen die Wasserleitungsröhren entweder bloss zu ebener Erde (low service) oder sie münden in allen Stockwerken bis unter dem Dache aus (high service); eine jede Art Leitung fliesst nur zu bestimmten Tagesstunden aus und muss auch besonders bezahlt werden. §. 188. Die Wasserleitungen in London lernt man am genauesten aus den, im Par- lamente im Jahre 1828 hierüber Statt gehabten Verhandlungen kennen. Zu jener Zeit langten nämlich mehrere Bittschriften im Parlamente ein, worin über den Bezug des Wassers Beschwerde geführt wurde. Hierauf wurden folgende Berichte erstattet: I. Report of the Commissioners appointed by his Majesty to inquire into the State of the Supply of Water in the Metropolis. Dated 21 April 1828. II. Report from the select Committee on the Supply of Water to the Metropolis. Ordered, by the House of Commons, to be printed, 19 July 1828. In den folgenden Jahren erschienen noch einige andere Berichte dieser Art. Aus diesen Berichten ergibt sich, dass London von 8 Privatgesellschaften, die Wasserwerke auf Akzien errichteten, mit Wasser versehen wird. Die Wasserwerke Nro. 1 bis 5 in dem nachfolgenden Verzeichnisse liegen auf der linken Seite der Themse, jene Nro. 6 bis 8 auf dem rechten Ufer. Die Gesellschaft New River bezieht den grössten Theil ihres Wassers aus Quellen, die Gesellschaft East London bezieht ihr Wasser aus dem Flusse Lea, welcher sich in die Themse einmündet; die übrigen Gesellschaften nehmen jedoch alles Wasser aus der Themse. Nachstehende Uibersicht enthält die wichtigsten Daten über diese Wasserwerke.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/280
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/280>, abgerufen am 19.04.2024.