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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Beschreibung einer Wasser-Mahl-Mühle in Prag.
erhalten wird, so erhellet, dass allerdings eine Kontrolle für das Mahlen Statt finden könne,
allein diese Kontrolle kann nie sehr genau seyn, weil das Getreide aus verschiedenen Ge-
genden von ungleicher Beschaffenheit ist und überhaupt selbst in einem Jahre die Kör-
ner voller, in einem andern Jahre aber leerer sind, demnach auch das Mehlquantum ab-
weicht. Aus dieser Ursache ist in den österreichischen Staaten durch die von der Kai-
serin Maria Theresia erlassene Mühlenordnung bestimmt worden, dass jedem Müller
der sechzehnte Theil des Getreides als Belohnung für das Erzeugen gewöhn-
lichen Brodmehles gebührt, im Falle er das Getreide zu Mehl vermahlt; bei den Schro-
ten des Malzes, oder wenn nicht so oft aufgeschüttet wird, als das Mehl erfordert, wird
eine verhältnissmässig geringere Entschädigung und bei feinern Mehl für die Hauptstädte
eine besondere Vergütung von den Partheien geleistet. Dagegen gebühren diesen Par-
theien nebst dem erzeugten Mehle auch die abgefallenen Hülsen oder Kleien.

Wir schliessen diese Beschreibung mit der Bemerkung, dass das weitere Detail
über die Operazionen des Mahlens nicht in unser Gebieth gehöre und in den über
Mühlenbau und Mehlbereitung bekannt gemachten Werken nachgelesen werden könne.
Hier verdient vorzüglich ausser den Seite 361 schon genannten Werken noch erwähnt
zu werden: Der Wasser-Mahl-Mühlenbau von Karl Neumann, mit einer Vorrede
von J. A. Eytelwein, I. Band in 3 Heften, Berlin 1810 und 1818. Anweisung zum prak-
tischen Mühlenbau für Müller und Zimmerleute ausgearbeitet von Heinrich Ernst,
Leipzig 1802. Melzers Mühlenbaukunst. Beiers Mühlenschauplatz.

§. 287.

Da die Theorie des Wasserstosses in Schussgerinnen von der grössten Wichtigkeit
ist, indem die Anlage der unterschlächtigen Wasserwerke, deren Anzahl in jedem Lande
sehr bedeutend ist, hierauf beruht, so dürfte es unsern Lesern willkommen seyn, eine
Bestättigung der in diesem Kapitel vorgetragenen wichtigsten Leh-
ren durch hierüber angestellte Versuche
zu erhalten. Wir werden dem-
nach die Versuche einiger Schriftsteller über diesen Gegenstand anführen, selbe der
Theorie entgegenhalten und die Richtigkeit der letztern durch eine bei diesem schwie-
rigen Gegenstande sehr merkwürdige Uibereinstimmung erweisen.

Bevor wir zur Anführung dieser Versuche schreiten, müssen wir in Erinnerung
bringen, dass Seite 351 gezeigt wurde, dass die Anzahl n der zu gleicher Zeit im Was-
ser gehenden Schaufeln eines unterschlächtigen Rades immer grösser als der Quozient
[Formel 1] seyn müsse, weil für den Fall als n = [Formel 2] die zum Stoss kommende Wasser-
menge nur 2/3 a . b . c oder zwei Drittheile der in das Gerinne einströmenden Wasser-
menge beträgt. Weil aber bei den Versuchen mehrerer Schriftsteller zur Bestimmung
der vortheilhaftesten Anzahl Schaufeln, n auch kleiner als [Formel 3] genommen wurde, so
wollen wir vorerst diesen Fall noch besonders betrachten und zu diesem Behufe die
§. 261 gegebene Theorie in kurzem wiederholen und für unsern Fall anwenden.

Bezeichnet L l, M m, A a, O o ···· die Schaufeln eines Wasserrades und A H die
Höhe des Wasserstandes im Gerinne, dann v die Geschwindigkeit am Umfange des

Beschreibung einer Wasser-Mahl-Mühle in Prag.
erhalten wird, so erhellet, dass allerdings eine Kontrolle für das Mahlen Statt finden könne,
allein diese Kontrolle kann nie sehr genau seyn, weil das Getreide aus verschiedenen Ge-
genden von ungleicher Beschaffenheit ist und überhaupt selbst in einem Jahre die Kör-
ner voller, in einem andern Jahre aber leerer sind, demnach auch das Mehlquantum ab-
weicht. Aus dieser Ursache ist in den österreichischen Staaten durch die von der Kai-
serin Maria Theresia erlassene Mühlenordnung bestimmt worden, dass jedem Müller
der sechzehnte Theil des Getreides als Belohnung für das Erzeugen gewöhn-
lichen Brodmehles gebührt, im Falle er das Getreide zu Mehl vermahlt; bei den Schro-
ten des Malzes, oder wenn nicht so oft aufgeschüttet wird, als das Mehl erfordert, wird
eine verhältnissmässig geringere Entschädigung und bei feinern Mehl für die Hauptstädte
eine besondere Vergütung von den Partheien geleistet. Dagegen gebühren diesen Par-
theien nebst dem erzeugten Mehle auch die abgefallenen Hülsen oder Kleien.

Wir schliessen diese Beschreibung mit der Bemerkung, dass das weitere Detail
über die Operazionen des Mahlens nicht in unser Gebieth gehöre und in den über
Mühlenbau und Mehlbereitung bekannt gemachten Werken nachgelesen werden könne.
Hier verdient vorzüglich ausser den Seite 361 schon genannten Werken noch erwähnt
zu werden: Der Wasser-Mahl-Mühlenbau von Karl Neumann, mit einer Vorrede
von J. A. Eytelwein, I. Band in 3 Heften, Berlin 1810 und 1818. Anweisung zum prak-
tischen Mühlenbau für Müller und Zimmerleute ausgearbeitet von Heinrich Ernst,
Leipzig 1802. Melzers Mühlenbaukunst. Beiers Mühlenschauplatz.

§. 287.

Da die Theorie des Wasserstosses in Schussgerinnen von der grössten Wichtigkeit
ist, indem die Anlage der unterschlächtigen Wasserwerke, deren Anzahl in jedem Lande
sehr bedeutend ist, hierauf beruht, so dürfte es unsern Lesern willkommen seyn, eine
Bestättigung der in diesem Kapitel vorgetragenen wichtigsten Leh-
ren durch hierüber angestellte Versuche
zu erhalten. Wir werden dem-
nach die Versuche einiger Schriftsteller über diesen Gegenstand anführen, selbe der
Theorie entgegenhalten und die Richtigkeit der letztern durch eine bei diesem schwie-
rigen Gegenstande sehr merkwürdige Uibereinstimmung erweisen.

Bevor wir zur Anführung dieser Versuche schreiten, müssen wir in Erinnerung
bringen, dass Seite 351 gezeigt wurde, dass die Anzahl n der zu gleicher Zeit im Was-
ser gehenden Schaufeln eines unterschlächtigen Rades immer grösser als der Quozient
[Formel 1] seyn müsse, weil für den Fall als n = [Formel 2] die zum Stoss kommende Wasser-
menge nur ⅔ a . b . c oder zwei Drittheile der in das Gerinne einströmenden Wasser-
menge beträgt. Weil aber bei den Versuchen mehrerer Schriftsteller zur Bestimmung
der vortheilhaftesten Anzahl Schaufeln, n auch kleiner als [Formel 3] genommen wurde, so
wollen wir vorerst diesen Fall noch besonders betrachten und zu diesem Behufe die
§. 261 gegebene Theorie in kurzem wiederholen und für unsern Fall anwenden.

Bezeichnet L l, M m, A a, O o ···· die Schaufeln eines Wasserrades und A H die
Höhe des Wasserstandes im Gerinne, dann v die Geschwindigkeit am Umfange des

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[382/0400] Beschreibung einer Wasser-Mahl-Mühle in Prag. erhalten wird, so erhellet, dass allerdings eine Kontrolle für das Mahlen Statt finden könne, allein diese Kontrolle kann nie sehr genau seyn, weil das Getreide aus verschiedenen Ge- genden von ungleicher Beschaffenheit ist und überhaupt selbst in einem Jahre die Kör- ner voller, in einem andern Jahre aber leerer sind, demnach auch das Mehlquantum ab- weicht. Aus dieser Ursache ist in den österreichischen Staaten durch die von der Kai- serin Maria Theresia erlassene Mühlenordnung bestimmt worden, dass jedem Müller der sechzehnte Theil des Getreides als Belohnung für das Erzeugen gewöhn- lichen Brodmehles gebührt, im Falle er das Getreide zu Mehl vermahlt; bei den Schro- ten des Malzes, oder wenn nicht so oft aufgeschüttet wird, als das Mehl erfordert, wird eine verhältnissmässig geringere Entschädigung und bei feinern Mehl für die Hauptstädte eine besondere Vergütung von den Partheien geleistet. Dagegen gebühren diesen Par- theien nebst dem erzeugten Mehle auch die abgefallenen Hülsen oder Kleien. Wir schliessen diese Beschreibung mit der Bemerkung, dass das weitere Detail über die Operazionen des Mahlens nicht in unser Gebieth gehöre und in den über Mühlenbau und Mehlbereitung bekannt gemachten Werken nachgelesen werden könne. Hier verdient vorzüglich ausser den Seite 361 schon genannten Werken noch erwähnt zu werden: Der Wasser-Mahl-Mühlenbau von Karl Neumann, mit einer Vorrede von J. A. Eytelwein, I. Band in 3 Heften, Berlin 1810 und 1818. Anweisung zum prak- tischen Mühlenbau für Müller und Zimmerleute ausgearbeitet von Heinrich Ernst, Leipzig 1802. Melzers Mühlenbaukunst. Beiers Mühlenschauplatz. §. 287. Da die Theorie des Wasserstosses in Schussgerinnen von der grössten Wichtigkeit ist, indem die Anlage der unterschlächtigen Wasserwerke, deren Anzahl in jedem Lande sehr bedeutend ist, hierauf beruht, so dürfte es unsern Lesern willkommen seyn, eine Bestättigung der in diesem Kapitel vorgetragenen wichtigsten Leh- ren durch hierüber angestellte Versuche zu erhalten. Wir werden dem- nach die Versuche einiger Schriftsteller über diesen Gegenstand anführen, selbe der Theorie entgegenhalten und die Richtigkeit der letztern durch eine bei diesem schwie- rigen Gegenstande sehr merkwürdige Uibereinstimmung erweisen. Bevor wir zur Anführung dieser Versuche schreiten, müssen wir in Erinnerung bringen, dass Seite 351 gezeigt wurde, dass die Anzahl n der zu gleicher Zeit im Was- ser gehenden Schaufeln eines unterschlächtigen Rades immer grösser als der Quozient [FORMEL] seyn müsse, weil für den Fall als n = [FORMEL] die zum Stoss kommende Wasser- menge nur ⅔ a . b . c oder zwei Drittheile der in das Gerinne einströmenden Wasser- menge beträgt. Weil aber bei den Versuchen mehrerer Schriftsteller zur Bestimmung der vortheilhaftesten Anzahl Schaufeln, n auch kleiner als [FORMEL] genommen wurde, so wollen wir vorerst diesen Fall noch besonders betrachten und zu diesem Behufe die §. 261 gegebene Theorie in kurzem wiederholen und für unsern Fall anwenden. Bezeichnet L l, M m, A a, O o ···· die Schaufeln eines Wasserrades und A H die Höhe des Wasserstandes im Gerinne, dann v die Geschwindigkeit am Umfange des

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/400>, abgerufen am 23.04.2024.