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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789.

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widernatürlich behandelter Baum, wird der Erfah-
rung nach nimmer einen reinen, gesunden und zu
Bau- und Nutzholz tüchtigen Saft erhalten, und
auch diesen ohne Fäulniß nie zu einem beträchtlichen
Alter kommen lassen. 4) Ist die Verwüstung sehr groß,
welche die Arbeiter einige Jahre hintereinander in dem
Pflanzorte durch das Zertreten und Verbiegen, durch
die Ungeschicklichkeit der Handgriffe und der Werk-
zeuge, durch das Auf binden und Austragen des ab-
geschnittenen Holzes u. s. w. verursachen, und wer
kann versichern, daß nicht noch andere Misbräuche
dabey vorgehen sollten? 5) Die Pflanzungen werden
durch dieses Ausschneiteln allzu früh verdünnet, und
die verwundete Stämme werden den scharfen Win-
den zu früh ausgesetzt, so wie sie auch 6) schwerlich
die gehörige Steifigkeit bekommen. Sie können also
beym Froste, Glatteise und Rauhreife sich selbst nicht
halten, sondern sie werden bey solchen Vorfällen un-
fehlbar gedrückt und mit ihren dünnen und langen Gi-
pfeln öfters bis zur Erde gebogen werden, und 7)
sind die bey dieser Arbeit erforderliche Kosten über-
haupt unnöthig. Wofern die Pflanzen nur nicht
weiter, als höchstens sechs Fuß im Verband vonein-
ander entfernt stehen, so reichen sie mit ihren Zweigen
in sehr wenig Jahren gewiß zusammen. Sie hin-
dern sich alsdenn selbst im Ausbreiten, und werden
sich mit der Zeit so beengen und wechselsweise
unterdrücken, daß alle Seitenäste nach und nach
verdorren, und nach Verfließung von zwanzig bis
dreyßig Jahren sich keine andere, als gerade, glatte
gesunde, von der Natur selbst gereinigte, mit
geringen Kronen versehene und beständig Pyramiden-
förmig bleibende hohe Bäume zeigen werden.

Uner-
B 3

widernatuͤrlich behandelter Baum, wird der Erfah-
rung nach nimmer einen reinen, geſunden und zu
Bau- und Nutzholz tuͤchtigen Saft erhalten, und
auch dieſen ohne Faͤulniß nie zu einem betraͤchtlichen
Alter kommen laſſen. 4) Iſt die Verwuͤſtung ſehr groß,
welche die Arbeiter einige Jahre hintereinander in dem
Pflanzorte durch das Zertreten und Verbiegen, durch
die Ungeſchicklichkeit der Handgriffe und der Werk-
zeuge, durch das Auf binden und Austragen des ab-
geſchnittenen Holzes u. ſ. w. verurſachen, und wer
kann verſichern, daß nicht noch andere Misbraͤuche
dabey vorgehen ſollten? 5) Die Pflanzungen werden
durch dieſes Ausſchneiteln allzu fruͤh verduͤnnet, und
die verwundete Staͤmme werden den ſcharfen Win-
den zu fruͤh ausgeſetzt, ſo wie ſie auch 6) ſchwerlich
die gehoͤrige Steifigkeit bekommen. Sie koͤnnen alſo
beym Froſte, Glatteiſe und Rauhreife ſich ſelbſt nicht
halten, ſondern ſie werden bey ſolchen Vorfaͤllen un-
fehlbar gedruͤckt und mit ihren duͤnnen und langen Gi-
pfeln oͤfters bis zur Erde gebogen werden, und 7)
ſind die bey dieſer Arbeit erforderliche Koſten uͤber-
haupt unnoͤthig. Wofern die Pflanzen nur nicht
weiter, als hoͤchſtens ſechs Fuß im Verband vonein-
ander entfernt ſtehen, ſo reichen ſie mit ihren Zweigen
in ſehr wenig Jahren gewiß zuſammen. Sie hin-
dern ſich alsdenn ſelbſt im Ausbreiten, und werden
ſich mit der Zeit ſo beengen und wechſelsweiſe
unterdruͤcken, daß alle Seitenaͤſte nach und nach
verdorren, und nach Verfließung von zwanzig bis
dreyßig Jahren ſich keine andere, als gerade, glatte
geſunde, von der Natur ſelbſt gereinigte, mit
geringen Kronen verſehene und beſtaͤndig Pyramiden-
foͤrmig bleibende hohe Baͤume zeigen werden.

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[21/0031] widernatuͤrlich behandelter Baum, wird der Erfah- rung nach nimmer einen reinen, geſunden und zu Bau- und Nutzholz tuͤchtigen Saft erhalten, und auch dieſen ohne Faͤulniß nie zu einem betraͤchtlichen Alter kommen laſſen. 4) Iſt die Verwuͤſtung ſehr groß, welche die Arbeiter einige Jahre hintereinander in dem Pflanzorte durch das Zertreten und Verbiegen, durch die Ungeſchicklichkeit der Handgriffe und der Werk- zeuge, durch das Auf binden und Austragen des ab- geſchnittenen Holzes u. ſ. w. verurſachen, und wer kann verſichern, daß nicht noch andere Misbraͤuche dabey vorgehen ſollten? 5) Die Pflanzungen werden durch dieſes Ausſchneiteln allzu fruͤh verduͤnnet, und die verwundete Staͤmme werden den ſcharfen Win- den zu fruͤh ausgeſetzt, ſo wie ſie auch 6) ſchwerlich die gehoͤrige Steifigkeit bekommen. Sie koͤnnen alſo beym Froſte, Glatteiſe und Rauhreife ſich ſelbſt nicht halten, ſondern ſie werden bey ſolchen Vorfaͤllen un- fehlbar gedruͤckt und mit ihren duͤnnen und langen Gi- pfeln oͤfters bis zur Erde gebogen werden, und 7) ſind die bey dieſer Arbeit erforderliche Koſten uͤber- haupt unnoͤthig. Wofern die Pflanzen nur nicht weiter, als hoͤchſtens ſechs Fuß im Verband vonein- ander entfernt ſtehen, ſo reichen ſie mit ihren Zweigen in ſehr wenig Jahren gewiß zuſammen. Sie hin- dern ſich alsdenn ſelbſt im Ausbreiten, und werden ſich mit der Zeit ſo beengen und wechſelsweiſe unterdruͤcken, daß alle Seitenaͤſte nach und nach verdorren, und nach Verfließung von zwanzig bis dreyßig Jahren ſich keine andere, als gerade, glatte geſunde, von der Natur ſelbſt gereinigte, mit geringen Kronen verſehene und beſtaͤndig Pyramiden- foͤrmig bleibende hohe Baͤume zeigen werden. Uner- B 3

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Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/31>, abgerufen am 28.03.2024.