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Glück, Christian Friedrich von: Verbesserungen und Zusätze zum ersten Bande des Glückischen Kommentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1798.

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S. 6. von Z. 13. bis S. 20. Z. 2. verändere man folgender-
massen:

4) Eine Hauptbedeutung des Worts ius ist ferner die, wenn
es für ein moralisches Vermögen, etwas thun oder unterlassen
zu dürfen, genommen wird. Hier heißt es eben das, was wir
im Teutschen ein Recht, eine Befugniß, eine Freyheit, eine Ge-
rechtigkeit nennen. So sagt man, man habe ein Pfandrecht,
ius pignoris, eine Jagdgerechtigkeit, ius venandi, eine Steuer-
freyheit. In dieser Bedeutung nimmt auch Ulpian das Wort
ius in seinem Begriffe von der iustitia, wenn er sie in einen con-
stanti et perpetua voluntate, ius suum cuique tribuendi,
(d. i.
einem jeden dasjenige zu geben und zu lassen, was ihm nach
den Gesetzen gehört) setzt. Ein solches Recht kann uns nun ent-
weder über gewisse Personen oder über Sachen zustehen, daher
wird

5) die Gewalt, die ein Hausvater über die zu seiner Fa-
milie gehörige Personen hat, ius genennt, und die Menschen
werden in Absicht auf den Familienzustand in homines sui iuris,
und homines alieni iuris, eingetheilt, je nachdem sie dieser häus-
lichen Gewalt entweder unterworfen sind, oder nicht 14). Eben
so muß

6) unter dem Worte ius bisweilen ein moralisches Ver-
hältniß gewisser Personen gegen einander verstanden werden,
worauf sich gewisse Rechte und Verbindlichkeiten gründen. Hier-
her gehört, wenn Marcian sagt 15): Nonnunquam ius etiam
pro necessitudine dicimus; veluti est mihi ius cognationis vel affi-
nitatis
16).


7) Heißt
14) Pr. I. de his, qui sui vel alien. iur. sunt. L. 43. D. de Obl.
et act
.
15) L. 12. D. b. t.
16) Sehr gut erklärt diese Stelle van der muelen in dem ange-
führten Commentar pag. 321. wenn er sagt: Per ius hic in-
telligimus illam personalem qualitatem, quam inter homines
sive ius naturae sive civile in statu vel naturali vel civili vi-
ventes introduxit; cuiusmodi qualitas, quia ex iure dimanat,

iuri-

S. 6. von Z. 13. bis S. 20. Z. 2. veraͤndere man folgender-
maſſen:

4) Eine Hauptbedeutung des Worts ius iſt ferner die, wenn
es fuͤr ein moraliſches Vermoͤgen, etwas thun oder unterlaſſen
zu duͤrfen, genommen wird. Hier heißt es eben das, was wir
im Teutſchen ein Recht, eine Befugniß, eine Freyheit, eine Ge-
rechtigkeit nennen. So ſagt man, man habe ein Pfandrecht,
ius pignoris, eine Jagdgerechtigkeit, ius venandi, eine Steuer-
freyheit. In dieſer Bedeutung nimmt auch Ulpian das Wort
ius in ſeinem Begriffe von der iuſtitia, wenn er ſie in einen con-
ſtanti et perpetua voluntate, ius ſuum cuique tribuendi,
(d. i.
einem jeden dasjenige zu geben und zu laſſen, was ihm nach
den Geſetzen gehoͤrt) ſetzt. Ein ſolches Recht kann uns nun ent-
weder uͤber gewiſſe Perſonen oder uͤber Sachen zuſtehen, daher
wird

5) die Gewalt, die ein Hausvater uͤber die zu ſeiner Fa-
milie gehoͤrige Perſonen hat, ius genennt, und die Menſchen
werden in Abſicht auf den Familienzuſtand in homines ſui iuris,
und homines alieni iuris, eingetheilt, je nachdem ſie dieſer haͤus-
lichen Gewalt entweder unterworfen ſind, oder nicht 14). Eben
ſo muß

6) unter dem Worte ius bisweilen ein moraliſches Ver-
haͤltniß gewiſſer Perſonen gegen einander verſtanden werden,
worauf ſich gewiſſe Rechte und Verbindlichkeiten gruͤnden. Hier-
her gehoͤrt, wenn Marcian ſagt 15): Nonnunquam ius etiam
pro neceſſitudine dicimus; veluti eſt mihi ius cognationis vel affi-
nitatis
16).


7) Heißt
14) Pr. I. de his, qui ſui vel alien. iur. ſunt. L. 43. D. de Obl.
et act
.
15) L. 12. D. b. t.
16) Sehr gut erklaͤrt dieſe Stelle van der muelen in dem ange-
fuͤhrten Commentar pag. 321. wenn er ſagt: Per ius hic in-
telligimus illam perſonalem qualitatem, quam inter homines
ſive ius naturae ſive civile in ſtatu vel naturali vel civili vi-
ventes introduxit; cuiusmodi qualitas, quia ex iure dimanat,

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[4/0012] S. 6. von Z. 13. bis S. 20. Z. 2. veraͤndere man folgender- maſſen: 4) Eine Hauptbedeutung des Worts ius iſt ferner die, wenn es fuͤr ein moraliſches Vermoͤgen, etwas thun oder unterlaſſen zu duͤrfen, genommen wird. Hier heißt es eben das, was wir im Teutſchen ein Recht, eine Befugniß, eine Freyheit, eine Ge- rechtigkeit nennen. So ſagt man, man habe ein Pfandrecht, ius pignoris, eine Jagdgerechtigkeit, ius venandi, eine Steuer- freyheit. In dieſer Bedeutung nimmt auch Ulpian das Wort ius in ſeinem Begriffe von der iuſtitia, wenn er ſie in einen con- ſtanti et perpetua voluntate, ius ſuum cuique tribuendi, (d. i. einem jeden dasjenige zu geben und zu laſſen, was ihm nach den Geſetzen gehoͤrt) ſetzt. Ein ſolches Recht kann uns nun ent- weder uͤber gewiſſe Perſonen oder uͤber Sachen zuſtehen, daher wird 5) die Gewalt, die ein Hausvater uͤber die zu ſeiner Fa- milie gehoͤrige Perſonen hat, ius genennt, und die Menſchen werden in Abſicht auf den Familienzuſtand in homines ſui iuris, und homines alieni iuris, eingetheilt, je nachdem ſie dieſer haͤus- lichen Gewalt entweder unterworfen ſind, oder nicht 14). Eben ſo muß 6) unter dem Worte ius bisweilen ein moraliſches Ver- haͤltniß gewiſſer Perſonen gegen einander verſtanden werden, worauf ſich gewiſſe Rechte und Verbindlichkeiten gruͤnden. Hier- her gehoͤrt, wenn Marcian ſagt 15): Nonnunquam ius etiam pro neceſſitudine dicimus; veluti eſt mihi ius cognationis vel affi- nitatis 16). 7) Heißt 14) Pr. I. de his, qui ſui vel alien. iur. ſunt. L. 43. D. de Obl. et act. 15) L. 12. D. b. t. 16) Sehr gut erklaͤrt dieſe Stelle van der muelen in dem ange- fuͤhrten Commentar pag. 321. wenn er ſagt: Per ius hic in- telligimus illam perſonalem qualitatem, quam inter homines ſive ius naturae ſive civile in ſtatu vel naturali vel civili vi- ventes introduxit; cuiusmodi qualitas, quia ex iure dimanat, iuri-

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Verbesserungen und Zusätze zum ersten Bande des Glückischen Kommentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1798, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01verbesserungen_1798/12>, abgerufen am 19.04.2024.