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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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Zehntes Kapitel.

Charlotte von ihrer Seite befindet sich
munter und wohl. Sie freut sich an
dem tüchtigen Knaben, dessen viel verspre¬
chende Gestalt ihr Auge und Gemüth stünd¬
lich beschäftigt. Sie erhält durch ihn einen
neuen Bezug auf die Welt und auf den Be¬
sitz. Ihre alte Thätigkeit regt sich wieder;
sie erblickt, wo sie auch hinsieht, im vergan¬
genen Jahre vieles gethan und empfindet
Freude am Gethanen. Von einem eigenen
Gefühl belebt steigt sie zur Mooshütte mit
Ottilien und dem Kinde, und indem sie dieses
auf den kleinen Tisch, als auf einen häuslichen
Altar niederlegt, und noch zwey Plätze leer
sieht, gedenkt sie der vorigen Zeiten und eine

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Zehntes Kapitel.

Charlotte von ihrer Seite befindet ſich
munter und wohl. Sie freut ſich an
dem tuͤchtigen Knaben, deſſen viel verſpre¬
chende Geſtalt ihr Auge und Gemuͤth ſtuͤnd¬
lich beſchaͤftigt. Sie erhaͤlt durch ihn einen
neuen Bezug auf die Welt und auf den Be¬
ſitz. Ihre alte Thaͤtigkeit regt ſich wieder;
ſie erblickt, wo ſie auch hinſieht, im vergan¬
genen Jahre vieles gethan und empfindet
Freude am Gethanen. Von einem eigenen
Gefuͤhl belebt ſteigt ſie zur Mooshuͤtte mit
Ottilien und dem Kinde, und indem ſie dieſes
auf den kleinen Tiſch, als auf einen haͤuslichen
Altar niederlegt, und noch zwey Plaͤtze leer
ſieht, gedenkt ſie der vorigen Zeiten und eine

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[[179]/0182] Zehntes Kapitel. Charlotte von ihrer Seite befindet ſich munter und wohl. Sie freut ſich an dem tuͤchtigen Knaben, deſſen viel verſpre¬ chende Geſtalt ihr Auge und Gemuͤth ſtuͤnd¬ lich beſchaͤftigt. Sie erhaͤlt durch ihn einen neuen Bezug auf die Welt und auf den Be¬ ſitz. Ihre alte Thaͤtigkeit regt ſich wieder; ſie erblickt, wo ſie auch hinſieht, im vergan¬ genen Jahre vieles gethan und empfindet Freude am Gethanen. Von einem eigenen Gefuͤhl belebt ſteigt ſie zur Mooshuͤtte mit Ottilien und dem Kinde, und indem ſie dieſes auf den kleinen Tiſch, als auf einen haͤuslichen Altar niederlegt, und noch zwey Plaͤtze leer ſieht, gedenkt ſie der vorigen Zeiten und eine 12 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. [179]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/182>, abgerufen am 28.03.2024.