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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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XXXIV.
Nadel im Munde.

Wenn die Kindermädchen die Kinder aus-
und anziehen, so pflegen sie gemeinig-
lich die Nadeln in den Mund zu nehmen,
und davon lernen die Kinder leicht diese höchst-
gefährliche Gewohnheit.

Hast du die Nadel schon wieder im Mun-
de? sagte der Vater zu Minchen. Du wirst
wohl noch erfahren, was du dir für ein Un-
glück zuziehest, wenn du einmal die Nadel
hinunterschluckst. So kam es auch. Min-
chen vergaß, daß sie die Nadel im Munde
hatte, fieng an zu schlucken oder zu sprechen.
Husch! war sie in der Kehle, wo sie in der
Queer stecken blieb. Da hätte man das Un-
glück und jämmerliche Geschrey hören sollen.

Der Vater ließ gleich einen Wundarzt
holen. Ehe dieser kam, floß das Blut schon

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XXXIV.
Nadel im Munde.

Wenn die Kindermaͤdchen die Kinder aus-
und anziehen, ſo pflegen ſie gemeinig-
lich die Nadeln in den Mund zu nehmen,
und davon lernen die Kinder leicht dieſe hoͤchſt-
gefaͤhrliche Gewohnheit.

Haſt du die Nadel ſchon wieder im Mun-
de? ſagte der Vater zu Minchen. Du wirſt
wohl noch erfahren, was du dir fuͤr ein Un-
gluͤck zuzieheſt, wenn du einmal die Nadel
hinunterſchluckſt. So kam es auch. Min-
chen vergaß, daß ſie die Nadel im Munde
hatte, fieng an zu ſchlucken oder zu ſprechen.
Huſch! war ſie in der Kehle, wo ſie in der
Queer ſtecken blieb. Da haͤtte man das Un-
gluͤck und jaͤmmerliche Geſchrey hoͤren ſollen.

Der Vater ließ gleich einen Wundarzt
holen. Ehe dieſer kam, floß das Blut ſchon

aus
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[165/0187] XXXIV. Nadel im Munde. Wenn die Kindermaͤdchen die Kinder aus- und anziehen, ſo pflegen ſie gemeinig- lich die Nadeln in den Mund zu nehmen, und davon lernen die Kinder leicht dieſe hoͤchſt- gefaͤhrliche Gewohnheit. Haſt du die Nadel ſchon wieder im Mun- de? ſagte der Vater zu Minchen. Du wirſt wohl noch erfahren, was du dir fuͤr ein Un- gluͤck zuzieheſt, wenn du einmal die Nadel hinunterſchluckſt. So kam es auch. Min- chen vergaß, daß ſie die Nadel im Munde hatte, fieng an zu ſchlucken oder zu ſprechen. Huſch! war ſie in der Kehle, wo ſie in der Queer ſtecken blieb. Da haͤtte man das Un- gluͤck und jaͤmmerliche Geſchrey hoͤren ſollen. Der Vater ließ gleich einen Wundarzt holen. Ehe dieſer kam, floß das Blut ſchon aus L 3

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Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/187>, abgerufen am 28.03.2024.