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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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lem Staat, wie er gekommen war, mit ihr in
die Kutsche setzte, zu seinem Herrn fuhr und ihm
die liebevolle Prinzessin brachte. Da ward er wohl
empfangen, und in aller Pracht Hochzeit gehal-
ten; Fix und Fertig aber wurde erster Minister.

Ein jegliches in der Gesellschaft, wo dies
erzählt wurde, wünschte auch bei dem Vergnü-
gen zu seyn, eins wollte Kammerjungfer, das
andere Garderobemädchen werden, dafür wollte
einer Kammerdiener, der andere Koch werden
u. s. w.

17.
Die weiße Schlange.

Auf des Königs Tafel ward alle Mittage
eine verdeckte Schüssel gesetzt, wenn alle fort-
gegangen waren, aß der König noch allein dar-
aus, und es wußte kein Mensch im ganzen
Reich, was das für eine Speise war. Einer
von den Dienern ward neugierig, was in der
Schüssel seyn könne, und wie ihm der König
einmal befohlen hatte, die Schüssel fortzutra-
gen, konnt' er sich nicht mehr zurückhalten,
nahm sie mit auf seine Kammer und deckte sie
auf. Und als er sie aufgedeckt hatte, da lag
eine weiße Schlange darin, wie er die ansah,
bekam er auch Lust davon zu essen und schnitt
sich ein Stück ab und aß es. Kaum aber hat-

lem Staat, wie er gekommen war, mit ihr in
die Kutſche ſetzte, zu ſeinem Herrn fuhr und ihm
die liebevolle Prinzeſſin brachte. Da ward er wohl
empfangen, und in aller Pracht Hochzeit gehal-
ten; Fix und Fertig aber wurde erſter Miniſter.

Ein jegliches in der Geſellſchaft, wo dies
erzaͤhlt wurde, wuͤnſchte auch bei dem Vergnuͤ-
gen zu ſeyn, eins wollte Kammerjungfer, das
andere Garderobemaͤdchen werden, dafuͤr wollte
einer Kammerdiener, der andere Koch werden
u. ſ. w.

17.
Die weiße Schlange.

Auf des Koͤnigs Tafel ward alle Mittage
eine verdeckte Schuͤſſel geſetzt, wenn alle fort-
gegangen waren, aß der Koͤnig noch allein dar-
aus, und es wußte kein Menſch im ganzen
Reich, was das fuͤr eine Speiſe war. Einer
von den Dienern ward neugierig, was in der
Schuͤſſel ſeyn koͤnne, und wie ihm der Koͤnig
einmal befohlen hatte, die Schuͤſſel fortzutra-
gen, konnt' er ſich nicht mehr zuruͤckhalten,
nahm ſie mit auf ſeine Kammer und deckte ſie
auf. Und als er ſie aufgedeckt hatte, da lag
eine weiße Schlange darin, wie er die anſah,
bekam er auch Luſt davon zu eſſen und ſchnitt
ſich ein Stuͤck ab und aß es. Kaum aber hat-

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[63/0097] lem Staat, wie er gekommen war, mit ihr in die Kutſche ſetzte, zu ſeinem Herrn fuhr und ihm die liebevolle Prinzeſſin brachte. Da ward er wohl empfangen, und in aller Pracht Hochzeit gehal- ten; Fix und Fertig aber wurde erſter Miniſter. Ein jegliches in der Geſellſchaft, wo dies erzaͤhlt wurde, wuͤnſchte auch bei dem Vergnuͤ- gen zu ſeyn, eins wollte Kammerjungfer, das andere Garderobemaͤdchen werden, dafuͤr wollte einer Kammerdiener, der andere Koch werden u. ſ. w. 17. Die weiße Schlange. Auf des Koͤnigs Tafel ward alle Mittage eine verdeckte Schuͤſſel geſetzt, wenn alle fort- gegangen waren, aß der Koͤnig noch allein dar- aus, und es wußte kein Menſch im ganzen Reich, was das fuͤr eine Speiſe war. Einer von den Dienern ward neugierig, was in der Schuͤſſel ſeyn koͤnne, und wie ihm der Koͤnig einmal befohlen hatte, die Schuͤſſel fortzutra- gen, konnt' er ſich nicht mehr zuruͤckhalten, nahm ſie mit auf ſeine Kammer und deckte ſie auf. Und als er ſie aufgedeckt hatte, da lag eine weiße Schlange darin, wie er die anſah, bekam er auch Luſt davon zu eſſen und ſchnitt ſich ein Stuͤck ab und aß es. Kaum aber hat-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/97>, abgerufen am 23.04.2024.