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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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Vorrede.

Wir finden es wohl, wenn Sturm oder anderes Unglück, das der Himmel schickt, eine ganze Saat zu Boden geschlagen, daß noch bei niedrigen Hecken oder Sträuchen, die am Wege stehen, ein kleiner Platz sich gesichert hat, und einzelne Ähren aufrecht geblieben sind. Scheint dann die Sonne wieder günstig, so wachsen sie einsam und unbeachtet fort: keine frühe Sichel schneidet sie für die großen Vorrathskammern, aber im Spätsommer, wenn sie reif und voll geworden, kommen arme Hände, die sie suchen, und Ähre an Ähre gelegt, sorgfältig gebunden und höher geachtet, als sonst ganze Garben, werden sie heim getragen, und winterlang sind sie Nahrung, vielleicht auch der einzige Samen für die Zukunft.

So ist es uns vorgekommen, wenn wir gesehen haben wie von so vielem, was in früherer Zeit geblüht, nichts

Vorrede.

Wir finden es wohl, wenn Sturm oder anderes Ungluͤck, das der Himmel schickt, eine ganze Saat zu Boden geschlagen, daß noch bei niedrigen Hecken oder Straͤuchen, die am Wege stehen, ein kleiner Platz sich gesichert hat, und einzelne Ähren aufrecht geblieben sind. Scheint dann die Sonne wieder guͤnstig, so wachsen sie einsam und unbeachtet fort: keine fruͤhe Sichel schneidet sie fuͤr die großen Vorrathskammern, aber im Spaͤtsommer, wenn sie reif und voll geworden, kommen arme Haͤnde, die sie suchen, und Ähre an Ähre gelegt, sorgfaͤltig gebunden und hoͤher geachtet, als sonst ganze Garben, werden sie heim getragen, und winterlang sind sie Nahrung, vielleicht auch der einzige Samen fuͤr die Zukunft.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. [VII]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/10>, abgerufen am 28.03.2024.