Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

jagte sie damit nach Haus und war sie beschimpft
ihr Lebtag.

Hans mein Igel aber ritt weiter auf seinem
Göckelhahn und mit seinem Dudelsack nach dem
zweiten Königreich, wo er dem König auch den
Weg gezeigt hatte. Der aber hatte bestellt, wenn
einer käm', wie Hans mein Igel, sollten sie das
Gewehr vor ihm präsentiren, ihn frei hereinfüh-
ren, Victoria rufen und ihn ins königliche Schloß
bringen. Wie ihn nun die Prinzessin sah, war
sie erschrocken, weil er doch gar so wunderlich
aussah, sie dachte aber, es wäre nicht anders, sie
hätte es ihrem Vater versprochen. Da ward Hans
mein Igel von ihr bewillkommt, mußte mit an
die königliche Tafel gehen und sie setzte sich zu
seiner Seite und sie aßen und tranken. Wie's
nun Abend ward, daß sie wollten schlafen gehen,
da fürchtete sie sich sehr vor seinen Stacheln, er
aber sprach, sie sollte sich nicht fürchten, es ge-
schäh ihr kein Leid, und sagte zu dem alten König,
er sollte vier Mann bestellen, die sollten wachen
vor der Kammerthüre und ein großes Feuer an-
machen, und wann er in die Kammer eingehe
und sich in's Bett legen wolle, würde er aus sei-
ner Igelshaut herauskriechen und sie vor dem
Bett liegen lassen; dann sollten die Männer hur-
tig herbeispringen, und sie in's Feuer werfen,
auch dabei bleiben, bis sie vom Feuer verzehrt
wäre. Wie die Glocke nun elfe schlug, da ging

J 2

jagte ſie damit nach Haus und war ſie beſchimpft
ihr Lebtag.

Hans mein Igel aber ritt weiter auf ſeinem
Goͤckelhahn und mit ſeinem Dudelſack nach dem
zweiten Koͤnigreich, wo er dem Koͤnig auch den
Weg gezeigt hatte. Der aber hatte beſtellt, wenn
einer kaͤm’, wie Hans mein Igel, ſollten ſie das
Gewehr vor ihm praͤſentiren, ihn frei hereinfuͤh-
ren, Victoria rufen und ihn ins koͤnigliche Schloß
bringen. Wie ihn nun die Prinzeſſin ſah, war
ſie erſchrocken, weil er doch gar ſo wunderlich
ausſah, ſie dachte aber, es waͤre nicht anders, ſie
haͤtte es ihrem Vater verſprochen. Da ward Hans
mein Igel von ihr bewillkommt, mußte mit an
die koͤnigliche Tafel gehen und ſie ſetzte ſich zu
ſeiner Seite und ſie aßen und tranken. Wie’s
nun Abend ward, daß ſie wollten ſchlafen gehen,
da fuͤrchtete ſie ſich ſehr vor ſeinen Stacheln, er
aber ſprach, ſie ſollte ſich nicht fuͤrchten, es ge-
ſchaͤh ihr kein Leid, und ſagte zu dem alten Koͤnig,
er ſollte vier Mann beſtellen, die ſollten wachen
vor der Kammerthuͤre und ein großes Feuer an-
machen, und wann er in die Kammer eingehe
und ſich in’s Bett legen wolle, wuͤrde er aus ſei-
ner Igelshaut herauskriechen und ſie vor dem
Bett liegen laſſen; dann ſollten die Maͤnner hur-
tig herbeiſpringen, und ſie in’s Feuer werfen,
auch dabei bleiben, bis ſie vom Feuer verzehrt
waͤre. Wie die Glocke nun elfe ſchlug, da ging

J 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0152" n="131"/>
jagte &#x017F;ie damit nach Haus und war &#x017F;ie be&#x017F;chimpft<lb/>
ihr Lebtag.</p><lb/>
        <p>Hans mein Igel aber ritt weiter auf &#x017F;einem<lb/>
Go&#x0364;ckelhahn und mit &#x017F;einem Dudel&#x017F;ack nach dem<lb/>
zweiten Ko&#x0364;nigreich, wo er dem Ko&#x0364;nig auch den<lb/>
Weg gezeigt hatte. Der aber hatte be&#x017F;tellt, wenn<lb/>
einer ka&#x0364;m&#x2019;, wie Hans mein Igel, &#x017F;ollten &#x017F;ie das<lb/>
Gewehr vor ihm pra&#x0364;&#x017F;entiren, ihn frei hereinfu&#x0364;h-<lb/>
ren, Victoria rufen und ihn ins ko&#x0364;nigliche Schloß<lb/>
bringen. Wie ihn nun die Prinze&#x017F;&#x017F;in &#x017F;ah, war<lb/>
&#x017F;ie er&#x017F;chrocken, weil er doch gar &#x017F;o wunderlich<lb/>
aus&#x017F;ah, &#x017F;ie dachte aber, es wa&#x0364;re nicht anders, &#x017F;ie<lb/>
ha&#x0364;tte es ihrem Vater ver&#x017F;prochen. Da ward Hans<lb/>
mein Igel von ihr bewillkommt, mußte mit an<lb/>
die ko&#x0364;nigliche Tafel gehen und &#x017F;ie &#x017F;etzte &#x017F;ich zu<lb/>
&#x017F;einer Seite und &#x017F;ie aßen und tranken. Wie&#x2019;s<lb/>
nun Abend ward, daß &#x017F;ie wollten &#x017F;chlafen gehen,<lb/>
da fu&#x0364;rchtete &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;ehr vor &#x017F;einen Stacheln, er<lb/>
aber &#x017F;prach, &#x017F;ie &#x017F;ollte &#x017F;ich nicht fu&#x0364;rchten, es ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;h ihr kein Leid, und &#x017F;agte zu dem alten Ko&#x0364;nig,<lb/>
er &#x017F;ollte vier Mann be&#x017F;tellen, die &#x017F;ollten wachen<lb/>
vor der Kammerthu&#x0364;re und ein großes Feuer an-<lb/>
machen, und wann er in die Kammer eingehe<lb/>
und &#x017F;ich in&#x2019;s Bett legen wolle, wu&#x0364;rde er aus &#x017F;ei-<lb/>
ner Igelshaut herauskriechen und &#x017F;ie vor dem<lb/>
Bett liegen la&#x017F;&#x017F;en; dann &#x017F;ollten die Ma&#x0364;nner hur-<lb/>
tig herbei&#x017F;pringen, und &#x017F;ie in&#x2019;s Feuer werfen,<lb/>
auch dabei bleiben, bis &#x017F;ie vom Feuer verzehrt<lb/>
wa&#x0364;re. Wie die Glocke nun elfe &#x017F;chlug, da ging<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0152] jagte ſie damit nach Haus und war ſie beſchimpft ihr Lebtag. Hans mein Igel aber ritt weiter auf ſeinem Goͤckelhahn und mit ſeinem Dudelſack nach dem zweiten Koͤnigreich, wo er dem Koͤnig auch den Weg gezeigt hatte. Der aber hatte beſtellt, wenn einer kaͤm’, wie Hans mein Igel, ſollten ſie das Gewehr vor ihm praͤſentiren, ihn frei hereinfuͤh- ren, Victoria rufen und ihn ins koͤnigliche Schloß bringen. Wie ihn nun die Prinzeſſin ſah, war ſie erſchrocken, weil er doch gar ſo wunderlich ausſah, ſie dachte aber, es waͤre nicht anders, ſie haͤtte es ihrem Vater verſprochen. Da ward Hans mein Igel von ihr bewillkommt, mußte mit an die koͤnigliche Tafel gehen und ſie ſetzte ſich zu ſeiner Seite und ſie aßen und tranken. Wie’s nun Abend ward, daß ſie wollten ſchlafen gehen, da fuͤrchtete ſie ſich ſehr vor ſeinen Stacheln, er aber ſprach, ſie ſollte ſich nicht fuͤrchten, es ge- ſchaͤh ihr kein Leid, und ſagte zu dem alten Koͤnig, er ſollte vier Mann beſtellen, die ſollten wachen vor der Kammerthuͤre und ein großes Feuer an- machen, und wann er in die Kammer eingehe und ſich in’s Bett legen wolle, wuͤrde er aus ſei- ner Igelshaut herauskriechen und ſie vor dem Bett liegen laſſen; dann ſollten die Maͤnner hur- tig herbeiſpringen, und ſie in’s Feuer werfen, auch dabei bleiben, bis ſie vom Feuer verzehrt waͤre. Wie die Glocke nun elfe ſchlug, da ging J 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/152
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/152>, abgerufen am 24.04.2024.