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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
jenem Hund/ der auff einem Hauffen Heu lag/ und
solches dem Ochsen auch nicht gönnete/ weil er es
selbst nicht geniessen konte; du bist keiner Ehr fähig/
und eben dieser Ursachen halber mißgönnest du solche
den jenigen/ die solcher werth seyn.

Da ich mich so gehetzt sahe/ antwortet ich/ die
herrliche Helden-Thaten wären höchlich zu rühmen/
wann sie nicht mit anderer Menschen Untergang und
Schaden vollbracht worden wären. Was ist das
aber vor ein Lob/ welches mit so vielem unschuldig-
vergossenem Menschen-Blut besudelt: Und was ist
das vor ein Adel/ der mit so vieler tausend anderer
Menschen Verderben erobert und zu wegen gebracht
worden ist? Die Künste betreffend/ was seynds an-
ders als lauter Vanitäten und Thorheiten? Ja sie
seynd eben so läer/ eitel und unnütz/ als die Titul
selbst/ die einem von denselbigen zustehen möchten;
dann entweder dienen sie zum Geitz/ oder zur Wol-
lust/ oder zur Uppigkeit/ oder zum Verderben ande-
rer Leut/ wie dann die schröckliche Dinger auch sind/
die ich neulich auff den halben Wägen sahe; so kön-
te man der Druckerey und Schrifften auch wol ent-
beren/ nach Außspruch und Meynung jenes heiligen
Manns/ welcher darvor hielte/ die gantze weite Welt
sey ihm Buchs genug/ die Wunder seines Schöpf-
fers zu betrachten/ und die göttliche Allmacht darauß
zu erkennen.

Das XI. Capitel.

MEin Herr wolte auch mit mir schertzen/ und
sagte: Jch mercke wol/ weil du nicht Edel zu
werden getrauest/ so verachtest du deß Adels Ehren-

Titul

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
jenem Hund/ der auff einem Hauffen Heu lag/ und
ſolches dem Ochſen auch nicht goͤnnete/ weil er es
ſelbſt nicht genieſſen konte; du biſt keiner Ehr faͤhig/
und eben dieſer Urſachen halber mißgoͤnneſt du ſolche
den jenigen/ die ſolcher werth ſeyn.

Da ich mich ſo gehetzt ſahe/ antwortet ich/ die
herꝛliche Helden-Thaten waͤren hoͤchlich zu ruͤhmen/
wann ſie nicht mit anderer Menſchen Untergang und
Schaden vollbracht worden waͤren. Was iſt das
aber vor ein Lob/ welches mit ſo vielem unſchuldig-
vergoſſenem Menſchen-Blut beſudelt: Und was iſt
das vor ein Adel/ der mit ſo vieler tauſend anderer
Menſchen Verderben erobert und zu wegen gebracht
worden iſt? Die Kuͤnſte betreffend/ was ſeynds an-
ders als lauter Vanitaͤten und Thorheiten? Ja ſie
ſeynd eben ſo laͤer/ eitel und unnuͤtz/ als die Titul
ſelbſt/ die einem von denſelbigen zuſtehen moͤchten;
dann entweder dienen ſie zum Geitz/ oder zur Wol-
luſt/ oder zur Uppigkeit/ oder zum Verderben ande-
rer Leut/ wie dann die ſchroͤckliche Dinger auch ſind/
die ich neulich auff den halben Waͤgen ſahe; ſo koͤn-
te man der Druckerey und Schrifften auch wol ent-
beren/ nach Außſpruch und Meynung jenes heiligen
Manns/ welcher darvor hielte/ die gantze weite Welt
ſey ihm Buchs genug/ die Wunder ſeines Schoͤpf-
fers zu betrachten/ und die goͤttliche Allmacht darauß
zu erkennen.

Das XI. Capitel.

MEin Herꝛ wolte auch mit mir ſchertzen/ und
ſagte: Jch mercke wol/ weil du nicht Edel zu
werden getraueſt/ ſo verachteſt du deß Adels Ehren-

Titul
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[160/0166] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi jenem Hund/ der auff einem Hauffen Heu lag/ und ſolches dem Ochſen auch nicht goͤnnete/ weil er es ſelbſt nicht genieſſen konte; du biſt keiner Ehr faͤhig/ und eben dieſer Urſachen halber mißgoͤnneſt du ſolche den jenigen/ die ſolcher werth ſeyn. Da ich mich ſo gehetzt ſahe/ antwortet ich/ die herꝛliche Helden-Thaten waͤren hoͤchlich zu ruͤhmen/ wann ſie nicht mit anderer Menſchen Untergang und Schaden vollbracht worden waͤren. Was iſt das aber vor ein Lob/ welches mit ſo vielem unſchuldig- vergoſſenem Menſchen-Blut beſudelt: Und was iſt das vor ein Adel/ der mit ſo vieler tauſend anderer Menſchen Verderben erobert und zu wegen gebracht worden iſt? Die Kuͤnſte betreffend/ was ſeynds an- ders als lauter Vanitaͤten und Thorheiten? Ja ſie ſeynd eben ſo laͤer/ eitel und unnuͤtz/ als die Titul ſelbſt/ die einem von denſelbigen zuſtehen moͤchten; dann entweder dienen ſie zum Geitz/ oder zur Wol- luſt/ oder zur Uppigkeit/ oder zum Verderben ande- rer Leut/ wie dann die ſchroͤckliche Dinger auch ſind/ die ich neulich auff den halben Waͤgen ſahe; ſo koͤn- te man der Druckerey und Schrifften auch wol ent- beren/ nach Außſpruch und Meynung jenes heiligen Manns/ welcher darvor hielte/ die gantze weite Welt ſey ihm Buchs genug/ die Wunder ſeines Schoͤpf- fers zu betrachten/ und die goͤttliche Allmacht darauß zu erkennen. Das XI. Capitel. MEin Herꝛ wolte auch mit mir ſchertzen/ und ſagte: Jch mercke wol/ weil du nicht Edel zu werden getraueſt/ ſo verachteſt du deß Adels Ehren- Titul

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/166>, abgerufen am 28.03.2024.