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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
Feur befande sich eine Bad-Wanne/ die wol hübsch
war/ aber meinem Beduncken nach schändet sie den
gantzen Saal; Die Alte sagte zu mir/ nun willkomm
Herr Landsmann/ kan er noch sagen/ daß man ihn
mit Verrätherey hindergehe? er lege nur allen Un-
muth ab/ und erzeige sich wie neulich auff dem Thea-
tro,
da er seine Euridicen wieder vom Plutone erhiel-
te/ ich versichere ihn/ er wird hier eine schönere an-
treffen/ als er dort eine verloren.

Das V. Capitel.

JCh hörte schon an diesen Worten/ daß ich mich
nicht nur an diesem Ort beschauen lassen/ sondern
noch gar was anders thun solte; Sagte derowegen
zu meiner alten Landsmännin: Es wäre einem Dur-
stigen wenig damit geholffen/ wenn er bey einem ver-
bottenen Brunnen sässe; Sie aber sagte/ man sey in
Franckreich nit so mißgönstig/ daß man einem das
Wasser verbiete/ sonderlich wo dessen ein Uberfluß
seye; Ja/ sagte ich/ Madame, sie sagt mir wol dar-
von/ wenn ich nicht schon verheuratet wäre! Das
sind Possen/ (antwortet das gottlose Weib) man
wird euch solches heunt Nacht nit glauben/ dann die
verehelichte Cavallier ziehen selten in Franckreich/
und ob gleich dem so wäre/ kan ich doch nit glauben/
daß der Herr so alber sey/ eher Durst zu sterben/ als
auß einem fremden Brunnen zu trincken/ sonderlich
wann er vielleicht lustiger ist/ und besser Wasser hat/
als sein eigener. Diß war unser Discurs, dieweil mir
ein Adeliche Jungfer/ so dem Feuer pflegte/ Schuh
und Strümpff außzoge/ die ich überall im Finstern
besudelt hatte/ wie dann Pariß ohne das eine sehr

kothige

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
Feur befande ſich eine Bad-Wanne/ die wol huͤbſch
war/ aber meinem Beduncken nach ſchaͤndet ſie den
gantzen Saal; Die Alte ſagte zu mir/ nun willkom̃
Herꝛ Landsmann/ kan er noch ſagen/ daß man ihn
mit Verꝛaͤtherey hindergehe? er lege nur allen Un-
muth ab/ und erzeige ſich wie neulich auff dem Thea-
tro,
da er ſeine Euridicen wieder vom Plutone erhiel-
te/ ich verſichere ihn/ er wird hier eine ſchoͤnere an-
treffen/ als er dort eine verloren.

Das V. Capitel.

JCh hoͤrte ſchon an dieſen Worten/ daß ich mich
nicht nur an dieſem Ort beſchauen laſſen/ ſondern
noch gar was anders thun ſolte; Sagte derowegen
zu meiner alten Landsmaͤnnin: Es waͤre einem Dur-
ſtigen wenig damit geholffen/ wenn er bey einem ver-
bottenen Brunnen ſaͤſſe; Sie aber ſagte/ man ſey in
Franckreich nit ſo mißgoͤnſtig/ daß man einem das
Waſſer verbiete/ ſonderlich wo deſſen ein Uberfluß
ſeye; Ja/ ſagte ich/ Madame, ſie ſagt mir wol dar-
von/ wenn ich nicht ſchon verheuratet waͤre! Das
ſind Poſſen/ (antwortet das gottloſe Weib) man
wird euch ſolches heunt Nacht nit glauben/ dann die
verehelichte Cavallier ziehen ſelten in Franckreich/
und ob gleich dem ſo waͤre/ kan ich doch nit glauben/
daß der Herꝛ ſo alber ſey/ eher Durſt zu ſterben/ als
auß einem fremden Brunnen zu trincken/ ſonderlich
wann er vielleicht luſtiger iſt/ und beſſer Waſſer hat/
als ſein eigener. Diß war unſer Diſcurs, dieweil mir
ein Adeliche Jungfer/ ſo dem Feuer pflegte/ Schuh
und Struͤmpff außzoge/ die ich uͤberall im Finſtern
beſudelt hatte/ wie dann Pariß ohne das eine ſehr

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[404/0410] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi Feur befande ſich eine Bad-Wanne/ die wol huͤbſch war/ aber meinem Beduncken nach ſchaͤndet ſie den gantzen Saal; Die Alte ſagte zu mir/ nun willkom̃ Herꝛ Landsmann/ kan er noch ſagen/ daß man ihn mit Verꝛaͤtherey hindergehe? er lege nur allen Un- muth ab/ und erzeige ſich wie neulich auff dem Thea- tro, da er ſeine Euridicen wieder vom Plutone erhiel- te/ ich verſichere ihn/ er wird hier eine ſchoͤnere an- treffen/ als er dort eine verloren. Das V. Capitel. JCh hoͤrte ſchon an dieſen Worten/ daß ich mich nicht nur an dieſem Ort beſchauen laſſen/ ſondern noch gar was anders thun ſolte; Sagte derowegen zu meiner alten Landsmaͤnnin: Es waͤre einem Dur- ſtigen wenig damit geholffen/ wenn er bey einem ver- bottenen Brunnen ſaͤſſe; Sie aber ſagte/ man ſey in Franckreich nit ſo mißgoͤnſtig/ daß man einem das Waſſer verbiete/ ſonderlich wo deſſen ein Uberfluß ſeye; Ja/ ſagte ich/ Madame, ſie ſagt mir wol dar- von/ wenn ich nicht ſchon verheuratet waͤre! Das ſind Poſſen/ (antwortet das gottloſe Weib) man wird euch ſolches heunt Nacht nit glauben/ dann die verehelichte Cavallier ziehen ſelten in Franckreich/ und ob gleich dem ſo waͤre/ kan ich doch nit glauben/ daß der Herꝛ ſo alber ſey/ eher Durſt zu ſterben/ als auß einem fremden Brunnen zu trincken/ ſonderlich wann er vielleicht luſtiger iſt/ und beſſer Waſſer hat/ als ſein eigener. Diß war unſer Diſcurs, dieweil mir ein Adeliche Jungfer/ ſo dem Feuer pflegte/ Schuh und Struͤmpff außzoge/ die ich uͤberall im Finſtern beſudelt hatte/ wie dann Pariß ohne das eine ſehr kothige

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/410>, abgerufen am 28.03.2024.