Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite
Fünfftes Buch.
Das XII. Capitel.

DJe Begierde den Mummelsee zu beschauen ver-
mehrte sich bey mir/ als ich von meinem Petter
verstunde/ daß er auch dabey gewesen/ und den Weg
darzu wißte/ da er aber hörete/ daß ich überein auch
darzu wolte/ sagte er/ und was werdet ihr dann
darvon tragen/ wann ihr gleich hinkompt? der Herr
Sohn und Petter wird nichts anders sehen als ein
Ebenbild eines Weyers/ der mitten in einem grossen
Wald ligt/ und wann er seinen jetzigen Lust mit be-
schwerlichem Unlust gebüßt/ so wird er nichts anders
als Reu/ müde Füß/ (dann man kan schwerlich hin
reuten) und den Hergang vor den Hingang darvon
haben; Es solte mich kein Mensch hingebracht ha-
ben/ wann ich nicht hett hinfliehen müssen/ als der
Doctor Daniel (er wolte Duc d'Anguin sagen) mit
seinen Kriegern das Land hinunder vor Philipsburg
zog; hingegen kehrte sich mein Fürwitz nicht an sei-
ne Abmahnung/ sondern ich bestellte einen Kerl der
mich hinführen solte; da er nun meinen Ernst sahe/
sagte er/ weil die Habersaat fürüber/ und auff dem
Hof weder zu hauen noch zu ernden/ wolte er selbst
mit mir gehen/ und den Weg weisen; denn er hatte
mich so lieb/ daß er mich ungern auß dem Gesicht
liesse/ und weil die Leut im Land glaubten/ daß ich sein
leiblicher Sohn seye/ prangte er mit mir/ und thät
gegen mir und jederman/ wie etwann ein gemeiner
armer Mann gegen seinem Sohn thun möchte/ denn
das Glück ohne sein zuthun und Befürderung zu ei-
nem grossen Herrn gemacht bette.

Also wanderten wir miteinander über Berg und

Thal
Fuͤnfftes Buch.
Das XII. Capitel.

DJe Begierde den Mummelſee zu beſchauen ver-
mehrte ſich bey mir/ als ich von meinem Petter
verſtunde/ daß er auch dabey geweſen/ und den Weg
darzu wißte/ da er aber hoͤrete/ daß ich uͤberein auch
darzu wolte/ ſagte er/ und was werdet ihr dann
darvon tragen/ wann ihr gleich hinkompt? der Herꝛ
Sohn und Petter wird nichts anders ſehen als ein
Ebenbild eines Weyers/ der mitten in einem groſſen
Wald ligt/ und wann er ſeinen jetzigen Luſt mit be-
ſchwerlichem Unluſt gebuͤßt/ ſo wird er nichts anders
als Reu/ muͤde Fuͤß/ (dann man kan ſchwerlich hin
reuten) und den Hergang vor den Hingang darvon
haben; Es ſolte mich kein Menſch hingebracht ha-
ben/ wann ich nicht hett hinfliehen muͤſſen/ als der
Doctor Daniel (er wolte Duc d’Anguin ſagen) mit
ſeinen Kriegern das Land hinunder vor Philipsburg
zog; hingegen kehrte ſich mein Fuͤrwitz nicht an ſei-
ne Abmahnung/ ſondern ich beſtellte einen Kerl der
mich hinfuͤhren ſolte; da er nun meinen Ernſt ſahe/
ſagte er/ weil die Haberſaat fuͤruͤber/ und auff dem
Hof weder zu hauen noch zu ernden/ wolte er ſelbſt
mit mir gehen/ und den Weg weiſen; denn er hatte
mich ſo lieb/ daß er mich ungern auß dem Geſicht
lieſſe/ und weil die Leut im Land glaubten/ daß ich ſein
leiblicher Sohn ſeye/ prangte er mit mir/ und thaͤt
gegen mir und jederman/ wie etwann ein gemeiner
armer Mann gegen ſeinem Sohn thun moͤchte/ denn
das Gluͤck ohne ſein zuthun und Befuͤrderung zu ei-
nem groſſen Herꝛn gemacht bette.

Alſo wanderten wir miteinander uͤber Berg und

Thal
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0551" n="545"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfftes Buch.</hi> </fw><lb/>
      <div n="2">
        <head> <hi rendition="#fr">Das</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">XII.</hi> </hi> <hi rendition="#fr">Capitel.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>Je Begierde den Mummel&#x017F;ee zu be&#x017F;chauen ver-<lb/>
mehrte &#x017F;ich bey mir/ als ich von meinem Petter<lb/>
ver&#x017F;tunde/ daß er auch dabey gewe&#x017F;en/ und den Weg<lb/>
darzu wißte/ da er aber ho&#x0364;rete/ daß ich u&#x0364;berein auch<lb/>
darzu wolte/ &#x017F;agte er/ und was werdet ihr dann<lb/>
darvon tragen/ wann ihr gleich hinkompt? der Her&#xA75B;<lb/>
Sohn und Petter wird nichts anders &#x017F;ehen als ein<lb/>
Ebenbild eines Weyers/ der mitten in einem gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Wald ligt/ und wann er &#x017F;einen jetzigen Lu&#x017F;t mit be-<lb/>
&#x017F;chwerlichem Unlu&#x017F;t gebu&#x0364;ßt/ &#x017F;o wird er nichts anders<lb/>
als Reu/ mu&#x0364;de Fu&#x0364;ß/ (dann man kan &#x017F;chwerlich hin<lb/>
reuten) und den Hergang vor den Hingang darvon<lb/>
haben; Es &#x017F;olte mich kein Men&#x017F;ch hingebracht ha-<lb/>
ben/ wann ich nicht hett hinfliehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ als der<lb/><hi rendition="#aq">Doctor Daniel</hi> (er wolte <hi rendition="#aq">Duc d&#x2019;Anguin</hi> &#x017F;agen) mit<lb/>
&#x017F;einen Kriegern das Land hinunder vor Philipsburg<lb/>
zog; hingegen kehrte &#x017F;ich mein Fu&#x0364;rwitz nicht an &#x017F;ei-<lb/>
ne Abmahnung/ &#x017F;ondern ich be&#x017F;tellte einen Kerl der<lb/>
mich hinfu&#x0364;hren &#x017F;olte; da er nun meinen Ern&#x017F;t &#x017F;ahe/<lb/>
&#x017F;agte er/ weil die Haber&#x017F;aat fu&#x0364;ru&#x0364;ber/ und auff dem<lb/>
Hof weder zu hauen noch zu ernden/ wolte er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
mit mir gehen/ und den Weg wei&#x017F;en; denn er hatte<lb/>
mich &#x017F;o lieb/ daß er mich ungern auß dem Ge&#x017F;icht<lb/>
lie&#x017F;&#x017F;e/ und weil die Leut im Land glaubten/ daß ich &#x017F;ein<lb/>
leiblicher Sohn &#x017F;eye/ prangte er mit mir/ und tha&#x0364;t<lb/>
gegen mir und jederman/ wie etwann ein gemeiner<lb/>
armer Mann gegen &#x017F;einem Sohn thun mo&#x0364;chte/ denn<lb/>
das Glu&#x0364;ck ohne &#x017F;ein zuthun und Befu&#x0364;rderung zu ei-<lb/>
nem gro&#x017F;&#x017F;en Her&#xA75B;n gemacht bette.</p><lb/>
        <p>Al&#x017F;o wanderten wir miteinander u&#x0364;ber Berg und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Thal</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[545/0551] Fuͤnfftes Buch. Das XII. Capitel. DJe Begierde den Mummelſee zu beſchauen ver- mehrte ſich bey mir/ als ich von meinem Petter verſtunde/ daß er auch dabey geweſen/ und den Weg darzu wißte/ da er aber hoͤrete/ daß ich uͤberein auch darzu wolte/ ſagte er/ und was werdet ihr dann darvon tragen/ wann ihr gleich hinkompt? der Herꝛ Sohn und Petter wird nichts anders ſehen als ein Ebenbild eines Weyers/ der mitten in einem groſſen Wald ligt/ und wann er ſeinen jetzigen Luſt mit be- ſchwerlichem Unluſt gebuͤßt/ ſo wird er nichts anders als Reu/ muͤde Fuͤß/ (dann man kan ſchwerlich hin reuten) und den Hergang vor den Hingang darvon haben; Es ſolte mich kein Menſch hingebracht ha- ben/ wann ich nicht hett hinfliehen muͤſſen/ als der Doctor Daniel (er wolte Duc d’Anguin ſagen) mit ſeinen Kriegern das Land hinunder vor Philipsburg zog; hingegen kehrte ſich mein Fuͤrwitz nicht an ſei- ne Abmahnung/ ſondern ich beſtellte einen Kerl der mich hinfuͤhren ſolte; da er nun meinen Ernſt ſahe/ ſagte er/ weil die Haberſaat fuͤruͤber/ und auff dem Hof weder zu hauen noch zu ernden/ wolte er ſelbſt mit mir gehen/ und den Weg weiſen; denn er hatte mich ſo lieb/ daß er mich ungern auß dem Geſicht lieſſe/ und weil die Leut im Land glaubten/ daß ich ſein leiblicher Sohn ſeye/ prangte er mit mir/ und thaͤt gegen mir und jederman/ wie etwann ein gemeiner armer Mann gegen ſeinem Sohn thun moͤchte/ denn das Gluͤck ohne ſein zuthun und Befuͤrderung zu ei- nem groſſen Herꝛn gemacht bette. Alſo wanderten wir miteinander uͤber Berg und Thal

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/551
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/551>, abgerufen am 29.03.2024.