Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch.
Erinnerung/ daß er dem Evangelio mehr mit seinem
Degen würde dienen können; Aber vergeblich/ denn
er machte so lang und viel mit mir/ biß ich alles ein-
gieng/ und ihn mit den jenigen Büchern/ Bildern und
Haußrath mondirte/ die du bey ihm gefunden/ wie-
wol er nur der wüllinen Decke/ darunter er dieselbige
Nacht auff dem Stroh geschlaffen/ vor all das jeni-
ge begehrte/ das er mir verehrt hatte/ darauß ließ er
ihm einen Rock machen; So muste ich auch meine
Wagenketten/ die er stetig getragen/ mit ihm umb
eine güldene/ daran er seiner Liebsten Conterfait trug/
vertauschen/ also daß er weder Gelt noch Gelts werth
behielte/ mein Knecht führte ihn an das einödiste Ort
deß Walds/ und halff ihm daselbst seine Hütten auff-
richten. Was gestalt er nun sein Leben daselbst zuge-
bracht/ und wormit ich ihm zu Zeiten an die Hand
gangen und außgeholffen/ weist du so wol/ ja zum
theil besser als ich.

Nachdem nun neulich die Schlacht vor Nörd-
lingen verloren/ und ich/ wie du weist/ rein außge-
plündert/ und zugleich übel beschädiget worden/ hab
ich mich hieher in Sicherheit geflehnet/ weil ich ohn
das schon meine beste Sachen hier hatte: Und als
mir die paare Geltmittel auffgehen wolten/ nam ich
drey Ring/ und obgemeldte güldene Ketten/ mit
sampt dem anhangenden Conterfait/ so ich von dei-
nem Einsidel hatte/ massen sein Pettschier-Ring
auch darunter war/ und trugs zu einem Juden/ sol-
ches zu versilbern/ der hat es aber der Köstlichkeit
und schönen Arbeit wegen dem Gubeinator käufflich
angetragen/ welcher das Wappen und Conterfait
stracks gekennet/ nach mir geschickt/ und gefragt/

woher
D v

Erſtes Buch.
Erinnerung/ daß er dem Evangelio mehr mit ſeinem
Degen wuͤrde dienen koͤnnen; Aber vergeblich/ denn
er machte ſo lang und viel mit mir/ biß ich alles ein-
gieng/ und ihn mit den jenigen Buͤchern/ Bildern und
Haußrath mondirte/ die du bey ihm gefunden/ wie-
wol er nur der wuͤllinen Decke/ darunter er dieſelbige
Nacht auff dem Stroh geſchlaffen/ vor all das jeni-
ge begehrte/ das er mir verehrt hatte/ darauß ließ er
ihm einen Rock machen; So muſte ich auch meine
Wagenketten/ die er ſtetig getragen/ mit ihm umb
eine guͤldene/ daran er ſeiner Liebſten Conterfait trug/
vertauſchen/ alſo daß er weder Gelt noch Gelts werth
behielte/ mein Knecht fuͤhrte ihn an das einoͤdiſte Ort
deß Walds/ und halff ihm daſelbſt ſeine Huͤtten auff-
richten. Was geſtalt er nun ſein Leben daſelbſt zuge-
bracht/ und wormit ich ihm zu Zeiten an die Hand
gangen und außgeholffen/ weiſt du ſo wol/ ja zum
theil beſſer als ich.

Nachdem nun neulich die Schlacht vor Noͤrd-
lingen verloren/ und ich/ wie du weiſt/ rein außge-
pluͤndert/ und zugleich uͤbel beſchaͤdiget worden/ hab
ich mich hieher in Sicherheit geflehnet/ weil ich ohn
das ſchon meine beſte Sachen hier hatte: Und als
mir die paare Geltmittel auffgehen wolten/ nam ich
drey Ring/ und obgemeldte guͤldene Ketten/ mit
ſampt dem anhangenden Conterfait/ ſo ich von dei-
nem Einſidel hatte/ maſſen ſein Pettſchier-Ring
auch darunter war/ und trugs zu einem Juden/ ſol-
ches zu verſilbern/ der hat es aber der Koͤſtlichkeit
und ſchoͤnen Arbeit wegen dem Gubeinator kaͤufflich
angetragen/ welcher das Wappen und Conterfait
ſtracks gekennet/ nach mir geſchickt/ und gefragt/

woher
D v
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0085" n="79"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Buch.</hi></fw><lb/>
Erinnerung/ daß er dem Evangelio mehr mit &#x017F;einem<lb/>
Degen wu&#x0364;rde dienen ko&#x0364;nnen; Aber vergeblich/ denn<lb/>
er machte &#x017F;o lang und viel mit mir/ biß ich alles ein-<lb/>
gieng/ und ihn mit den jenigen Bu&#x0364;chern/ Bildern und<lb/>
Haußrath <hi rendition="#aq">mondi</hi>rte/ die du bey ihm gefunden/ wie-<lb/>
wol er nur der wu&#x0364;llinen Decke/ darunter er die&#x017F;elbige<lb/>
Nacht auff dem Stroh ge&#x017F;chlaffen/ vor all das jeni-<lb/>
ge begehrte/ das er mir verehrt hatte/ darauß ließ er<lb/>
ihm einen Rock machen; So mu&#x017F;te ich auch meine<lb/>
Wagenketten/ die er &#x017F;tetig getragen/ mit ihm umb<lb/>
eine gu&#x0364;ldene/ daran er &#x017F;einer Lieb&#x017F;ten Conterfait trug/<lb/>
vertau&#x017F;chen/ al&#x017F;o daß er weder Gelt noch Gelts werth<lb/>
behielte/ mein Knecht fu&#x0364;hrte ihn an das eino&#x0364;di&#x017F;te Ort<lb/>
deß Walds/ und halff ihm da&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eine Hu&#x0364;tten auff-<lb/>
richten. Was ge&#x017F;talt er nun &#x017F;ein Leben da&#x017F;elb&#x017F;t zuge-<lb/>
bracht/ und wormit ich ihm zu Zeiten an die Hand<lb/>
gangen und außgeholffen/ wei&#x017F;t du &#x017F;o wol/ ja zum<lb/>
theil be&#x017F;&#x017F;er als ich.</p><lb/>
        <p>Nachdem nun neulich die Schlacht vor No&#x0364;rd-<lb/>
lingen verloren/ und ich/ wie du wei&#x017F;t/ rein außge-<lb/>
plu&#x0364;ndert/ und zugleich u&#x0364;bel be&#x017F;cha&#x0364;diget worden/ hab<lb/>
ich mich hieher in Sicherheit geflehnet/ weil ich ohn<lb/>
das &#x017F;chon meine be&#x017F;te Sachen hier hatte: Und als<lb/>
mir die paare Geltmittel auffgehen wolten/ nam ich<lb/>
drey Ring/ und obgemeldte gu&#x0364;ldene Ketten/ mit<lb/>
&#x017F;ampt dem anhangenden Conterfait/ &#x017F;o ich von dei-<lb/>
nem Ein&#x017F;idel hatte/ ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ein Pett&#x017F;chier-Ring<lb/>
auch darunter war/ und trugs zu einem Juden/ &#x017F;ol-<lb/>
ches zu ver&#x017F;ilbern/ der hat es aber der Ko&#x0364;&#x017F;tlichkeit<lb/>
und &#x017F;cho&#x0364;nen Arbeit wegen dem <hi rendition="#aq">Gubeinator</hi> ka&#x0364;ufflich<lb/>
angetragen/ welcher das Wappen und Conterfait<lb/>
&#x017F;tracks gekennet/ nach mir ge&#x017F;chickt/ und gefragt/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D v</fw><fw place="bottom" type="catch">woher</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0085] Erſtes Buch. Erinnerung/ daß er dem Evangelio mehr mit ſeinem Degen wuͤrde dienen koͤnnen; Aber vergeblich/ denn er machte ſo lang und viel mit mir/ biß ich alles ein- gieng/ und ihn mit den jenigen Buͤchern/ Bildern und Haußrath mondirte/ die du bey ihm gefunden/ wie- wol er nur der wuͤllinen Decke/ darunter er dieſelbige Nacht auff dem Stroh geſchlaffen/ vor all das jeni- ge begehrte/ das er mir verehrt hatte/ darauß ließ er ihm einen Rock machen; So muſte ich auch meine Wagenketten/ die er ſtetig getragen/ mit ihm umb eine guͤldene/ daran er ſeiner Liebſten Conterfait trug/ vertauſchen/ alſo daß er weder Gelt noch Gelts werth behielte/ mein Knecht fuͤhrte ihn an das einoͤdiſte Ort deß Walds/ und halff ihm daſelbſt ſeine Huͤtten auff- richten. Was geſtalt er nun ſein Leben daſelbſt zuge- bracht/ und wormit ich ihm zu Zeiten an die Hand gangen und außgeholffen/ weiſt du ſo wol/ ja zum theil beſſer als ich. Nachdem nun neulich die Schlacht vor Noͤrd- lingen verloren/ und ich/ wie du weiſt/ rein außge- pluͤndert/ und zugleich uͤbel beſchaͤdiget worden/ hab ich mich hieher in Sicherheit geflehnet/ weil ich ohn das ſchon meine beſte Sachen hier hatte: Und als mir die paare Geltmittel auffgehen wolten/ nam ich drey Ring/ und obgemeldte guͤldene Ketten/ mit ſampt dem anhangenden Conterfait/ ſo ich von dei- nem Einſidel hatte/ maſſen ſein Pettſchier-Ring auch darunter war/ und trugs zu einem Juden/ ſol- ches zu verſilbern/ der hat es aber der Koͤſtlichkeit und ſchoͤnen Arbeit wegen dem Gubeinator kaͤufflich angetragen/ welcher das Wappen und Conterfait ſtracks gekennet/ nach mir geſchickt/ und gefragt/ woher D v

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/85
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/85>, abgerufen am 19.04.2024.